Gesellschaft | Neuer Papst

Welchen Papst braucht die Welt?

Habemus Papam. Leo XIV. SALTO hat sich gestern vor dem Bozner Dom mal umgehört, was der neue Papst unbedingt machen muss. Gläubige und Ungläubige haben geantwortet.
Weißer Rauch
Foto: pixabay/ Michele Dinicastro
  • Wir haben einen Papst. Leo XIV. Er kommt aus den USA und heißt mit bürgerlichem Namen Robert FRancis Prevost.

    Was sich Gläubige und Ungläubige vom neuen Papst erwarten, haben wir versucht gestern in Erfahrung zu bringen und: hat der verstorbene Papst Franziskus wirklich so viel Revolutionäres vollbracht, wie es in Nachrufen immer wieder heißt?

  • Soziales Engagement: es darf ein bisschen mehr sein

    „Nee!“, antwortet Lydia aus Bayern lakonisch und blickt sehr entschlossen drein. Lydia ist zwischen 40 und 50 und tritt auf ihrer Bozner Sightseeingtour gerade durch die Hauptpforte des Bozner Doms ins Freie. „Ich mochte den alten Papst. Er war weltoffen, aber nicht, wenn es um die Sexualmoral geht. Sexualität ist einfach ein Problem für die katholische Kirche“, fügt sie hinzu und erzählt, dass sie schon mit dem Gedanken gespielt habe, aus der katholischen Kirche auszutreten. Aber, so Lydia weiter, sie habe einen „behinderten Sohn“ und die Kirche unterhalte ja doch einige wichtige soziale Strukturen und das sei ja dann auch wieder gut und unterstützenswert.

     

    „Aber der Zölibat ist völlige Steinzeit.“

     

    Eine Dame aus Frankfurt, die lieber anonym bleiben möchte, pflichtet ihr bei: „Was das soziale Engagement der katholischen Kirche anbelangt, glaube ich, dass da schon eine ganze Menge passiert, aber es darf natürlich noch ein bisschen mehr sein.“ Ihr Begleiter, ebenfalls aus Frankfurt, meldet sich zu Wort und sagt gelassen: „Aber der Zölibat ist völlige Steinzeit.“

  • Ja, der Zölibat und das Frauenpriestertum gehören ohne Zweifel zu den meistgenannten Themen, wenn man Menschen auf der Straße danach fragt, was in der katholischen Kirche dringend geändert werden muss. Wenn sie aus Europa kommen. 

  • Weltfrieden schaffen und gut zuhören

    Selina und Sebastian aus Argentinien.: „Ein guter Papst muss daher vor allem ein guter Zuhörer sein.“ Foto: SALTO/H.Schoberwalter

    Kommen sie aber aus Südamerika, setzen sie andere Schwerpunkte. So wie Selina und Sebastian aus Argentinien, die an diesem regnerischen Vormittag den Bozner Dom besuchen. Ausgerechnet aus Argentinien sind sie, dem Heimatland von Papst Franziskus. Auf die Frage, was denn der neue Papst unbedingt tun sollte, antwortet der 29jährige Sebastian: „Für den Frieden in der Welt ist der Papst aus meiner Sicht ein wichtiger politischer Faktor, und um diesen zu gewährleisten, darf der Papst nicht zu konservativ und engstirnig sein. Nur ein weltoffener Papst nimmt es nicht als gottgegeben hin, dass in dieser Welt nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben. Die Welt ist in ständigem Wandel. Ein guter Papst muss daher vor allem ein guter Zuhörer sein.“ 

    Selina, 25 Jahre alt, fügt hinzu: „Wer heute einen religiösen Beruf wählt, sollte außerdem nicht in einer Art Parallelgesellschaft leben müssen“.  Eine deutsche Urlauberin vor dem Dom formuliert das so: „Ich wünsche mir, dass der neue Papst die Kirche in die Welt bringt und aus der eigenen Blase rauskommt.“

  • „Verbrechersyndikat“ und „Misthaufen“

    Die allermeisten, die sich an diesem Vormittag vor dem Bozner Dom zu einer Wortäußerung bereit erklären, definieren sich selbst als nicht religiös. Viele äußern sich sogar überaus abwertend gegenüber der Kirche als Institution. Es fallen Ausdrücke wie „Verbrechersyndikat“ oder „Misthaufen“. 

     

    „Jesus hätte das sicher nicht getan.“ 

     

    Eine Frau konstatiert sogar, ohne gefragt geworden zu sein, dass die Kirchenvertreter erst mal vor der eigenen Türe kehren sollten, bevor sie anderen Vorschriften machten. Ein älterer Mann aus Bayern erzählt unaufgeregt, dass er geschieden sei und deshalb nicht mehr die Kommunion empfangen dürfe. Es sei ihm zwar egal, aber falsch finde er es trotzdem und er fügt hinzu: „Jesus hätte das sicher nicht getan.“ 

    Religiöse Diskurse sind scheinbar emotionale Diskurse und sehr schnell geht es nicht mehr um die Frage, was der neue Papst tun sollte, sondern um die Frage, was in den letzten 2000 Jahren alles schiefgelaufen ist.

  • Daniela aus Lecce und ihr gläubiger Mann

    Daniela und ihr gläubiger Mann.: „Io sono credente. Lei un pò di meno“. Foto: SALTO/H.Schoberwalter

    Daniela aus Lecce in Apulien findet zur eigentlichen Frage zurück und beantwortet sie so: „Il prossimo papa non deve essere uguale a papa Francesco ma deve portare avanti le sue idee. Deve essere molto umano, come noi, un uomo del popolo – un papa nostro.” Sie scheint fast ein bisschen gerührt als sie das sagt, so als fürchte sie, dass Typen wie Elon Musk oder Donald Trump den Fischerring angesteckt bekommen könnten.

    Ihr Mann rückt die große schwarze Brille zurecht und erklärt: „Io sono credente. Lei…“, er deutet auf Daniela, „…un pò di meno“. Was das heutzutage heiße, gläubig zu sein, raunzt ihn Daniela scherzhaft an und er antwortet: „Credo in quello che ci illustra la chiesa.“ 

    Wow! Da steht ein italienischer Mann um die 50 und sagt, dass er das glaubt, was die Kirche vorgibt. Ist ja irgendwie auch mutig. Auf die Frage wie er denn heiße, antwortet der Mann: „Rosario.“

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Profil für Benutzer Josef Ruffa
Josef Ruffa Do., 08.05.2025 - 13:57

“ erzählt, dass sie schon mit dem Gedanken gespielt habe, aus der katholischen Kirche auszutreten. Aber, so Lydia weiter, sie habe einen „behinderten Sohn“ und die Kirche unterhalte ja doch einige wichtige soziale Strukturen und das sei ja dann auch wieder gut und unterstützenswert.”

Interessante Einstellung.

Do., 08.05.2025 - 13:57 Permalink