Politik | Meran

„Forderung politisch legitim“

PD und Fratelli d’Italia kritisieren, dass der Meraner Gemeinderatspräsident beim Unabhängigkeitstag dabei war. Christoph Mitterhofer beruft sich auf die Demokratie.
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Foto: Privat
Am Samstag, den 4. Juni, fand in Meran nach neun Jahren Pause wieder der Unabhängigkeitstag „Iatz!“ statt. Vertreter aus verschiedenen europäischen Regionen wie Katalonien und Schottland, aber auch aus italienischen wie der Toskana und der Lombardei nahmen daran teil. Sie forderten mehr Selbstbestimmung für Südtirol. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Südtiroler Schützenbund, dessen Mitglied auch der Meraner Gemeinderatspräsident Christoph Mitterhofer (SVP) ist.
Hätte ich gewusst, was dieses Foto auslöst, hätte ich es nicht veröffentlicht - Christoph Mitterhofer
Mitterhofer besuchte die Veranstaltung und veröffentlichte ein Foto von dem Unabhängigkeitstag auf seinem Facebook- und Instagram-Profil. „Ich war als Privatperson dort und traf dort viele Bekannte“, so Mitterhofer. Die Veranstaltung hatte bereits im Vorfeld politische Diskussionen ausgelöst. Denn die Stadtgemeinde hatte angekündigt, die Schirmherrschaft für den Tag zu übernehmen. Nach einem Antrag der Grünen und der PD hatte die Meraner Verwaltung ihre Schirmherrschaft zurückgezogen.
 
 
Nach der Veröffentlichung des Fotos kritisieren die PD und die Fratelli d’Italia die Teilnahme Mitterhofers und fordern seinen Rücktritt. „Hätte ich gewusst, was dieses Foto auslöst, hätte ich es nicht veröffentlicht“, sagt er im Nachhinein. „In einer Demokratie hat jede Meinung Platz und ich versuche, mir verschiedene Meinungen anzuhören und unterschiedliche Veranstaltungen zu besuchen.“
Die Unabhängigkeitsbewegung sei kritisch zu betrachten, allerdings habe das Ansinnen Berechtigung: „Die Forderung ist politisch legitim, allerdings schwer umsetzbar“, sagt Mitterhofer, der früher für die Südtiroler Freiheit im Meraner Gemeinderat saß. Heute ist er Parteimitglied der SVP: „Die SVP steht für den Ausbau der Autonomie, was ich voll und ganz unterstütze.“
Das ist so, als würde man sagen, dass man dem ethnischen Separatismus die Haare glättet, um den italienischen Bürgermeister zu bekommen - Daniela Rossi Saretto
 

Kritik der Opposition

 
Die Oppositionsparteien Fratelli d’Italia und die PD sehen es als unvereinbar an, dass der SVP-Gemeinderatspräsident als Privatperson an einer Veranstaltung der Unabhängigkeitsbewegung teilgenommen hat. Gemeinderätin Paola Zampieri (Fratelli d’Italia) fordert die Mehrheitskräfte auf, „sich klar von sezessionistischen Positionen zu distanzieren, die dem friedlichen Zusammenleben in Südtirol entgegenstehen“.
Laut Daniela Rossi Saretto, PD-Gemeinderätin, habe sich die Frage der Unabhängigkeit in Südtirol „mit dem Abschluss des De Gasperi-Gruber-Abkommens von 1946 und später mit der Abgabe der Befreiungserklärung Österreichs an die UNO im Jahr 1992 im Wesentlichen gelöst“.
 
 
Der Unabhängigkeitstag bekräftige die Forderung, über diese Rechte und Pflichten hinauszugehen, „in dem Bewusstsein, dass die politische Stabilität der Institutionen beeinträchtigt wird, ein Element, das die sezessionistischen Tendenzen kennzeichnet, die auch in anderen nationalen und europäischen Realitäten aufgetreten sind“, so Rossi Saretto. Sie wirft Mitterhofer Widersprüchlichkeit vor und erlaubt sich auch einen Seitenhieb gegen die SVP zur Meraner Bürgermeister-Stichwahl im Herbst 2021. „Wurde Mitterhofer wegen seiner Ideen oder trotz seiner Ideen ins Präsidentenamt gewählt? Wofür dann? Weil er sie gewinnen ließ. Das ist so, als würde man sagen, dass man dem ethnischen Separatismus die Haare glättet, um den italienischen Bürgermeister zu bekommen: Man zieht die notwendigen Konsequenzen.“ Er selbst schließt nicht aus, dass das Thema bei der nächsten Gemeinderatssitzung angesprochen wird.
 
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M A Di., 07.06.2022 - 12:14

Wenn ich ein Bier mit Freunden trinke, muss ich wirklich auf fb ein Foto davon posten?
Was man sich doch ohne fb alles erspart... ;-)

Di., 07.06.2022 - 12:14 Permalink
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G. P. Di., 07.06.2022 - 13:41

Wie? Muss jetzt ein SVP-Gemeinderat bzw. der Gemeinderatspräsident in Südtirol die ital. Parteien fragen, wo er und mit wem er an einem Sonntag ein Bier trinken darf und ob er das Foto veröffentlichen darf oder nicht? Wird ja immer schöner ...

Di., 07.06.2022 - 13:41 Permalink
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Josef Fulterer Mi., 08.06.2022 - 06:12

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Vor 200 Jahren gab es allein in Deutschland noch über 30 Zoll-pflichtige Grenzen, die mit einem Schlagbaum und Grenzbeamten gesichert waren, auf denen für die Ware erst nach der Bezahlung der passenden Gebühren der Schlagbaum geöffnet wurde. (... könnte vielleicht für die vielen sinnlos durch die Welt gekarrten Erzeugnisse, mit der Abkassierung der dadurch verursachten Klima-Schäden, eine Lösung sein.)
Inzwischen gibt es zwischen den halbweges vernünftig regierten Staaten, abgesehen von "einigen restlichen paragrafischen Spitzfindigkeiten," keine Schlagbäume mehr.
Den nostalgischen Vereinen ist damit zwar der Anlass für ihre Gründung abhanden gekommen, was sie aber nicht hindert, bei hren historischen Treffen "ihre einstigen Forderungen immer wieder zu verkünden."

Mi., 08.06.2022 - 06:12 Permalink