Gesellschaft | Mitsprache

Den Kindern das Kommando

"Nicht eine bessere Sicht, aber eine andere" haben Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung von Lebensräumen, so SJR-Vorsitzende De Zordo. Und diese muss gehört werden.

Erst kürzlich forderte Christian Vielhaber, Präsident des Österreichischen Kinderschutzbundes in einem Interview mit Die Presse mehr Freiräume für Kinder in der Stadt, und im Speziellen in Wien. Kinder seien häufig in der Stadtplanung nicht vorgesehen, ihre Interessen nicht gehört und jenen der Erwachsenen untergeordnet. "Das Problem, oder sagen wir, die Versäumnisse liegen auf der Metaebene. Kinder und Jugendliche haben keine machtvolle Vertretung, die ihre Ansprüche bei der Stadtplanung durchsetzen könnte", so Vielhaber.

In Südtirol gilt seit 2004 ein Regionalgesetz, das besagt, dass Gemeinden Kinder und Jugendliche in Belangen, die diese betreffen, mit einbeziehen müssen, ihnen die Möglichkeit einräumen müssen, sich zu äußern. Doch braucht es dazu einen starken Partner, an den sich die jungen Menschen wenden können und der sie auf institutioneller Ebene in ihren Rechten und Anliegen vertritt. In Wien etwa fehlt eine solche Ombudsstelle. In Südtirol ist der Südtiroler Jugendring (SJR) das Sprachrohr für die Kinder und Jugendlichen des Landes. "Wir haben vom Amt für Jugendarbeit einen klaren Auftrag bekommen, um als Partizipationsstelle zu wirken. Um die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen und sie so gut es geht zu unterstützen", erklärt Martina De Zordo, Vorsitzende des SJR.

Die wichtigste Voraussetzung für mehr Mitsprache? Kinder und Jungendliche müssen ernst nehmen genommen werden

"Kinder werden in eine Erwachsenenwelt geworfen, wenn es um Raum-, Stadt- oder Dorfplanung geht", so De Zordo. In dieser werden sie oftmals nicht ernst genommen, belächelt. Die Kinder könnten ja gar nicht wissen, was gut für sie ist, hört man häufig und das Thema Mitsprache ist erledigt. Fehlendes Interesse, Skepsis und mangelnde Teilnahme von Seiten der Kinder und Jugendlichen können dann die Folge sein. Die Stadt Bozen etwa hat erst vor einigen Tagen die Einschreibefrist für die Teilnahme am Bozner Jugendbeirat verlängert, da sich nicht genügend Jugendliche gemeldet hatten.

"Wenn den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben wird, ernst gemeint mitzureden und zu gestalten, dann lassen sie sich sehr gut begeistern und motivieren", spricht De Zordo aus Erfahrung. Um dies zu ermöglichen, fordert der SJR von den politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträgern, mit denen Projektarbeiten gestartet werden, ein Qualitätskriterium: "Die Bereitschaft, bereits vor Projektbeginn, Ergebnisse und Beschlüsse zu akzeptieren und umzusetzen." Denn wenn den jungen Menschen das Gefühl vermittelt werde, mitreden zu können, dann aber ihre Anliegen nicht gehört bzw. akzeptiert werden, dann sei es "gescheiter, nichts zu tun", so De Zordo.

In den letzten Jaren sei "viel gewachsen", und es sei "ganz spannend zu sehen, wie ein Beteiligungsprozess von Kindern und Jugendlichen schließlich das ganze Dorf involviert. Gemeinsam werden Visionen geschaffen, wie ein Dorf weiter enwickelt werden kann, bzw. soll. Eltern und Verwandte stehen immer öfter hinter den Jungen und helfen ihnen, wenn es Schwierigkeiten gibt". Daher sei es "wertvoll, die Leute vor Ort in die Projekte mit einzubeziehen".

Dies gelingt auch über andere Gruppen, das Vereinswesen zum Beispiel. Den Kindern und Jugendlichen werden in den 13 Mitgliedsorganisationen des SJR und in den Vereinen Möglichkeiten geboten, intern auf ganz konkreter Ebene mitzuwirken. "Denn schließlich halten sich Kinder und Jugendliche überall auf. Sie brauchen Freiräume. Und es ist wichtig, dass sie diese (mit-)gestalten können", bekräftigt De Zordo.

Auf der Webseite des SJR steht die Broschüre "Mit Kinder- und Jugendbeteiligung in der Gemeinde zum Erfolg" zum Download zur Verfügung.

ACHTUNG!
Meinungsvielfalt in Gefahr!

Wenn wir die Anforderungen der Medienförderung akzeptieren würden, könntest du die Kommentare ohne
Registrierung nicht sehen.

Erfahre warum