Die Weltverbrenner
-
Christian Stöckers Buch „Männer, die die Welt verbrennen – Der entscheidende Kampf um die Zukunft der Menschheit“ ist ein leidenschaftliches, gut recherchiertes und alarmierendes Plädoyer gegen die zerstörerischen Strukturen der fossilen Energiewirtschaft. Das Buch ist im Frühjahr 2024 bei Ullstein erschienen und wurde schnell zum SPIEGEL-Bestseller.
Der Autor, selbst Psychologe, Journalist und Professor für Digitale Kommunikation an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (der im Januar 2025 zu Gast bei start.klar. im UFO Bruneck war), legt darin offen, wie eng Politik, Wirtschaft und Medien mit den Interessen der Öl-, Gas- und Kohleindustrie verflochten sind – und wie dieses Netzwerk den dringend nötigen Wandel hin zu einer klimafreundlichen Welt systematisch zu blockieren versucht.
Stöcker zeichnet das Bild einer globalen „Verbrenner-Allianz“, die über Jahrzehnte hinweg nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse unterdrückt, sondern gezielt Zweifel und Desinformation gestreut hat, um den eigenen Profit zu sichern. Dabei geht es ihm nicht allein um eine wirtschaftliche Analyse, sondern auch um eine psychologische: Warum halten Menschen, vor allem Männer in Machtpositionen, so vehement an einem System fest, von dem sie wissen, dass es unsere Lebensgrundlagen zerstört? Die Antwort liegt für Stöcker in einer Mischung aus Ideologie, Machtstreben und Angst vor Veränderung.
-
Schnöder Profit
Der größte Treiber ist aber schnöder Profit, wie Stöcker in seinem spannenden Buch nachweist: Er errechnet plausibel, dass die Fossilbranche global täglich unvorstellbar hohe Gewinne macht. Bizarr wird es, wenn Stöcker auch noch nachweist, dass das in etwa dem Betrag entspricht, mit dem die Weltgemeinschaft das Fossilunwesen subventionieren muss. Es ist eine Art gigantisches Nullsummenspiel auf der Grundlage eines Wirtschaftsmodelles, das Oligopole fördert, sich in deren Abhängigkeit begibt und Reichtum umverteilt.
„Die Öl- und Gasbranche hat seit 1970 etwa drei Milliarden Dollar pro Tag Gewinn – nicht Umsatz! – gemacht. Jeden Tag, sieben Tage die Woche, seit über 50 Jahren.“ [Christian Stöcker]
Der Ton des Buches ist klar, prägnant und zugleich emotional aufgeladen. Stöcker schreibt mit der Wut desjenigen, der weiß, dass die Zeit knapp wird, und mit der Überzeugung, dass Aufklärung noch etwas bewirken kann. Seine Argumentation ist faktenbasiert, seine Sprache zugänglich – journalistisch präzise, aber nicht trocken. Zahlreiche Beispiele aus der internationalen Energiepolitik und der Klimaforschung belegen seine Thesen. Besonders eindrucksvoll ist, wie er zeigt, dass viele der heutigen Verzögerungen in der Klimapolitik keine Zufälle sind, sondern das Ergebnis gezielter Einflussnahme und berechnender Kungelei mit konservativen, libertären und rechtsautoritären politischen Playern.
„Nicht zufällig sind die Hauptprofiteure der Klimazerstörung Leute, die mit demokratischen Werten und Menschenrechten wenig am Hut haben – oft geht die Begeisterung für fossile Brennstoffe und die Ablehnung von Klimaschutz einher mit reaktionären Positionen.“ [Christian Stöcker]
Der provokante Titel ist nicht zufällig gewählt. Stöcker fokussiert bewusst auf die männlich dominierten Machtzirkel der fossilen Industrie – eine Zuspitzung, die patriarchale Machtmechanismen sichtbar macht.
„Die meisten, die an diesem Netzwerk beteiligt sind, sind Männer. Daher der Titel dieses Buches … Die Ziele dieser Männer sind erschreckend simpel: Es geht darum, für möglichst lange Zeit möglichst viel Geld damit zu verdienen, fossile Brennstoffe aus der Erde zu extrahieren und zu verkaufen …“ [Christian Stöcker]
Trotz seiner analytischen Schärfe bleibt Stöcker nicht beim Anklagen stehen. Im letzten Teil des Buches schlägt er den Bogen von der Analyse zur Handlung: Wir alle, so seine Botschaft, haben die Verantwortung, das „Zeitalter des Feuers“ zu beenden – also den fossilen Brennstoffen und den Strukturen, die sie schützen, den Rücken zu kehren. Es ist ein Appell an Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichermaßen, sich der Realität zu stellen und aktiv zu werden.
„Was die Klimaforschung vorhergesagt hat, tritt ein. Das spricht für die Qualität der Prognosen, aber gegen unsere Fähigkeit, aus den Prognosen die richtigen Konsequenzen zu ziehen.“ [Christian Stöcker]
-
SALTO change im November: Klimaschutz
Im November geht es bei SALTO change um das Thema „Klimaschutz – global, regional, lokal“. Anlass dazu sind neben COP30 in Belém die Bemühungen einer Plattform der Südtiroler Zivilgesellschaft um ein Landes-Klimaschutzgesetz. Die Plattform plant, den Entwurf am 14. November der Öffentlichkeit zu präsentieren.
-
Ein aufrüttelndes Buch
„Männer, die die Welt verbrennen“ ist ein dringliches, aufrüttelndes Buch. Es verbindet fundierte Recherche mit gesellschaftspolitischer Analyse und moralischem Impetus. Wer verstehen will, warum die Energiewende so zäh verläuft, und welche Interessen dahinterstehen, findet hier eine eindrucksvolle und zugleich beunruhigende Antwort. Stöckers Werk ist kein nüchternes Sachbuch im engeren Sinne, sondern ein engagiertes Zeitdokument – eines, das sowohl informiert als auch provoziert und letztlich zum Handeln auffordert.
„Die immer wieder gestellte dumme Frage nach den ‚Kosten‘ der Energiewende ist ein Erfolg von rücksichtslosem fossilem Lobbyismus. Richtig müsste es ohnehin nicht ‚Kosten‘, sondern ‚Investitionen‘ heißen. Investitionen, die sich sehr schnell rechnen …“ [Christian Stöcker]
Ein lesenswertes Buch für alle, die den Zustand unserer Welt nicht als gegeben hinnehmen wollen – und ein wichtiger Beitrag in der Debatte um Macht, Verantwortung und die Zukunft des Planeten.
-
Für Eure Anregungen, Vorschläge und für Eure Kritik sind wir dankbar: Schreibt ganz einfach an: [email protected].
-
Weitere Artikel zum Thema
Politics | SALTO changeÈ il sistema economico che non funziona
Society | SALTO changeCambiare è necessario
Society | SALTO changeKlimaschutz – global, regional, lokal
Die Buchproduktion ist…
Die Buchproduktion ist umweltschädlich, erzeugt Treibhausgase und fördert die Waldrodung. Wenn Herr Stöcker kohärent wäre, würde er die Produktion seines Buches stoppen. Wieso macht er es nicht? "schnöder Profit"