Gesellschaft | Löhne

Weckruf vor den Wahlen

Die AGO stellt Landeshauptmann Kompatscher ein Ultimatum – und droht mit Protesten, sollte er es verstreichen lassen.
Weckruf
Foto: Pixabay

Über einen Monat hat sich Andreas Unterkircher Zeit gelassen. Doch die Reaktion des Landesvorsitzenden der Autonomen Gewerkschaftsorganisation der örtlichen Körperschaften (AGO) fällt umso heftiger aus. Er stellt Landeshauptmann Arno Kompatscher ein Ultimatum – und droht mit Protesten.

“Sollten wir innerhalb Februar 2018 keine Zusicherung erhalten, werden wir noch zu den Parlamentswahlen eine angemessene Protestaktion starten.”
(Andreas Unterkircher)

Stichjahr 2015

Es ist der 29. Dezember 2017. Im Pressesaal des Palais Widmann hält der Landeshauptmann Jahresrückblick. Eines der Themen, das Kompatscher als erstes anspricht, ist “Arbeit und Wirtschaft”. Mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquote in Europa, de facto Vollbeschäftigung und optimistischer Stimmung in den Unternehmen gehe es der Wirtschaft  – und damit dem Land gut. Und weil es der Wirtschaft gut geht, “steigen in Südtirol seit 2015 auch wieder die Reallöhne, der Aufschwung kommt also auch bei den Arbeitnehmern an”, so der Landeshauptmann.

Wenige Wochen zuvor hat das Landesstatistikamt ASTAT ein völlig anderes Bild gezeichnet. Zwischen 2010 und 2015 sind die Löhne der Arbeitnehmer – zumindest in der Privatwirtschaft – real um 2,0 Prozent gesunken. Sprich, die Löhne sind zwar gestiegen, aber gestiegen sind gleichzeitig auch die Lebenshaltungskosten – und das mehr als die Löhne. Mit mehr Geld müssen ungleich höhere Ausgaben beglichen werden.

Für die Jahre ab 2015 liegen noch keine offiziellen Daten vor. Doch der Landeshauptmann versichert: Seit 2015 seien die Löhne inflationsbereinigt im Steigen, sprich, die Löhne steigen mehr als die Lebenshaltungskosten und damit nimmt auch die Kaufkraft zu. “Diese Entwicklung wird sich auch für die beiden Jahre nach 2015 bestätigen”, meint Kompatscher Ende Dezember zuversichtlich.

 

“Für uns nicht real”

Kopfschütteln bei Andreas Unterkircher. In einem offenen Brief wendet sich der AGO-Landesvorsitzende nun an den Landeshauptmann und widerspricht seinen Ausführungen, nach denen die Löhne der Arbeiter und Angestellten in Südtirol seit 2015 stärker ansteigen als die Inflation: “Diese Aussagen müssen wir im Zusammenhang mit den öffentlich Bediensteten der Gemeinden, Bezirksgemeinschaften und Altersheime entschieden zurückweisen, denn abgesehen von den Führungskräften und den untersten Funktionsebenen bleiben die durchschnittlichen Gehälter in unserem Bereich stets hinter der Teuerungsrate zurück, weshalb der Kaufkraftverlust in den vergangenen Jahren immer noch angestiegen ist”, schreibt Unterkircher stellvertretend für die AGO.

“Da in diesem Jahr gleich zwei Wahlgänge von Bedeutung für die Südtiroler Politik anstehen, wollen wir als Autonome Gewerkschaftsorganisation konkrete Verpflichtungen zur zukünftigen Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst Südtirols”, fährt Unterkircher fort. Er ersucht den Landeshauptmann um eine verbindliche Zusicherung, “dass die Gehaltsverhandlungen für den Bereichsübergreifenden Kollektivvertrag im öffentlichen Dienst in der ersten Jahreshälfte 2018 begonnen werden”.
Andernfalls wolle man sich zur Wehr setzen, kündigt Unterkircher an: “Sollten wir innerhalb Februar 2018 keine entsprechende schriftliche Zusicherung für den Beginn der Gehaltsverhandlungen und somit für die zukünftige Sicherstellung unserer Kaufkraft erhalten, werden wir noch zu den Parlamentswahlen eine angemessene Protestaktion starten.”