Kurzfilm und Wellness
In beinahe jeder Zeitung gibt es Wellnesswochenenden zu gewinnen, SPA-Burgen mit Skypools und Saunalandschaften thronen noch über dem kleinsten Kuhdorf, das geplante Nichtstun und Seelebaumelnlassen ist die neue Urlaubsreligion. Dass der Plan vom entspannten Romantikwochenende mit Heilerde-Packungen und Spinat-Smoothies nicht immer so idyllisch abläuft, zeigt Bernhard Wenger, Student an der Filmakademie Wien, in einem subtil-humoristischen und lakonisch-skurrilen Film über ein junges schwedisches Paar, das sich zuerst über eine Flasche Mineralwasser und schließlich über die ganze Beziehung streitet, bis die Freundin das Zimmer verlässt und nicht mehr zurückkommt. Arons halbherzige Suche führt uns durch den Mikrokosmos eines Wellnesshotels und dessen eigenwilligen Gästen. „Es passieren Dinge, die irgendwie eigenartig sind.“
Salto.bz hat Regisseur Bernhard Wenger zum Interview gebeten.
salto.bz: In der Hotelbranche, besonders beim Wellness, wird gerne ein Heile-Welt-Image aufgebaut, das sieht man an den Werbefilmen, die sich dein Protagonist Aron im Hotel anschaut. Dein Film passt nicht so ganz in dieses Bild. Bist du im Hotel, in dem ihr gedreht habt, trotzdem noch ein gern gesehener Gast?
Bernhard Wenger: Ja, natürlich, der Film zeigt ja nichts Schlechtes. Wir haben das schon auch so ausgemacht, dass wir quasi für das Hotel Werbung machen und das Hotel wiederum für den Film.
Aber ich finde den Kurzfilm sehr spannend, weil er so ein schöner Ausschnitt in sich ist. Man muss ganz anders erzählen als beim Langfilm.
Im Text des Diagonale-Katalogs wird als Inspirationsquelle „Youth“ von Paolo Sorrentino genannt und man sieht im Film natürlich Parallelen dazu. Stören dich solche Vergleiche?
Ich denke, es ist sehr schwer möglich, etwas zu machen, das es noch nie gab, wo nichts davon vorkommt, was schon mal irgendwo gesehen wurde. Es gibt alles in irgendeiner Weise schon einmal, aber man versucht natürlich, seine eigene Handschrift zu finden und damit ein Werk zu kreieren. Ich finde nicht, dass der Film sehr viel Ähnlichkeit mit „Youth“ hat. Sorrentinos Film ist natürlich toll, aber es ist thematisch etwas ganz anderes. Ich finde es aber sehr schön, mit so einem guten Film verglichen zu werden, das ist schon eine Ehre.
Du hast dich bewusst für ein schwedisches Protagonistenpaar entschieden. Inwiefern spielt die Sprache eine Rolle, um das Gefühl der Verfremdung im Film nochmal zu verstärken?
Sprache beherbergt grundsätzlich sehr viel Skurrilität. Das Kommunizieren auf verschiedenen Sprachen, Missverständnisse und Sprachprobleme verstärken die Skurrilität im Film nochmal. Wenn der Protagonist jetzt nur Schwedisch sprechen würde, weil er in seinem Heimatland wäre, dann wäre er auch nicht so ausgesetzt. Er lässt sich ja wirklich treiben in dem Mikrokosmos des Hotels, er ist alleine, und dass er nicht in seinem Heimatland ist und die Leute andere Sprachen sprechen, unterstützt das nochmal.
Das Kurzfilmgenre ist ja in einem gewissen Sinne das Stiefkind in der Filmbranche, nicht abendfüllend, in dem Sinne auch nicht fürs Kino tauglich…
Grundsätzlich ist der Kurzfilm für uns Filmstudierende und junge FilmemacherInnen die Vorstufe zum Langfilm. Es will ja keiner dabei bleiben, aber man ist dazu gezwungen, zuerst Kurzfilme zu machen, da man ja nicht einen Langfilm drehen kann, ohne vorher etwas vorzuweisen, das ist ja auch eine budgetäre Frage. Aber ich finde den Kurzfilm sehr spannend, weil er so ein schöner Ausschnitt in sich ist. Man muss ganz anders erzählen als beim Langfilm. Der Kurzfilm hat sein Publikum natürlich bei Festivals, weil er nicht so viele Leute erreichen kann.
Du hast in früheren Kurzfilmen bereits mit Schauspielgrößen wie Erwin Steinhauer gearbeitet. Wie holt man renommierte Schauspieler an Bord eines Kurzfilms?
Es ist natürlich eine tolle Unterstützung, wenn renommierte Schauspieler mitmachen. Es gibt ja wirklich sehr schöne Kurzfilme, und wenn einem Schauspieler oder einer Schauspielerin das Drehbuch gefällt, dann sind sie auch bereit, immer mal wieder so etwas zu machen. Ich habe jetzt keine Angst davor, einen bekannten Schauspieler zu fragen, weil etwas Blöderes, als dass er nein sagt, kann nicht passieren.
Ich habe viele Kurzfilme gesehen, die stark auf Humor oder auf krasse Wendungen und Überraschungsmomente setzen. „Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin“ ist im Vergleich dazu fast schon unspektakulär. Findest du, der Kurzfilm kann auch leise sein?
Ja sicher, ich finde, der Kurzfilm kann alle Genres bedienen. Der Kurzfilm ist ein Fragment, beim Langfilm hat man natürlich die Möglichkeit, Figuren genauer darzustellen und mehr aufzubauen, während es im Kurzfilm einfach schneller zur Sache gehen muss.
Du hast ja einen grandiosen Titel für den Film gewählt. Hand aufs Herz, wie sehr nervt die Frage, wie du auf den Titel gekommen bist?
(lacht) Die Frage nervt nicht, sie ist ja berechtigt. Es ist ja ein sehr langer Titel, der sehr mühsam ist bei Festivaleinreichungen, weil man ihn immer ganz tippen muss. Einerseits ist der Titel eine Kurzsynopsis, andererseits beschreibt er ganz gut die Skurrilität des Films.
Dein Film bringt das Publikum zum Schmunzeln und auch zum Lachen, aber es handelt sich um einen subtilen Humor und nicht um laute Schenkelklopfer…
Für mich ist es eine skurrile Tragikomödie. Ich finde Humor im Leben sehr wichtig. Wellness beherbergt für mich sehr viel Skurriles, so wie grundsätzlich das Leben. Oft wird das in Filmen nicht erzählt, weil es als unlogisch abgetan werden könnte. Es kommt aber auch immer wahnsinnig auf das Screening an, wie viel gelacht wird.
Dein Protagonist Aron ist ungemein apathisch und passiv. Ist das im übertragenen Sinn vielleicht auch die Essenz von Wellness: diese Flucht aus dem Leben und das Sichtreibenlassen?
Ich denke schon, dass das ein wichtiger Punkt beim Wellness ist, aber in dem Fall trifft die Passivität mehr die Figur. Es gibt solche passiven Menschen, wir kennen alle jemanden, der sich lieber von anderen leiten lässt, als selbst zu handeln. Und ich fand es sehr spannend, so einen passiven Charakter zu haben und ihm dabei zuzusehen, wie ihm andere Leute helfen, eine Entscheidung zu treffen, und die trifft er am Ende ja auch.