Chronik | Zivilschutz

Die Beschlagnahme

Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Görz werden in Südtirol 2,9 Millionen schadhafte Atemschutzmasken eingezogen. Sie haben nur ein Zehntel der nötigen Filterleistung.
Masken
Foto: GdF Gorizia
Rudolf Pollinger muss die Suppe auslöffeln, die ihm andere eingebrockt haben.
Der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz hat am Mittwoch per Rundschreiben den „Einzug von verteiltem Schutzmaterial“ verfügt.
Sie werden aufgefordert, die Verteilung und den Gebrauch der Filtermasken, welche im Anhang 1 enthalten sind, unverzüglich auszusetzen und die Schutzmasken, welche an die einzelnen Strukturen verteilt wurden, innerhalb 14/04/2021 an einem zentralen Ort zu sammeln“, steht im dem Schreiben zu lesen. Die Maßnahme stützt sich auf die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Görz (1515/2020 R.G.N.R) und einem Dekret zur Beschlagnahmung der dortigen Finanzwache.
 
 
Es ist die bisher größte Rückholaktion, die der Südtiroler Zivilschutz in seiner bisherigen Geschichte umsetzen muss. Im Vergleich dazu war die Beschlagnahme der Oberalp-Schutzbehelfe im vergangenen Jahr ein Kaffeekränzchen.
Der Grund dafür ist ein mutmaßlicher nationaler Milliardenbetrug.
 

Chinesische Masken

 
Die Ermittlungen gehen von der Finanzpolizei Görz und der dortigen Staatsanwaltschaft aus. Vergangene Woche wurden über 60 Millionen FFP2- und FFP3-Atemschutzmasken beschlagnahmt, die in den Lagern des italienischen Zivilschutzes zur Verteilung bereitliegen. Die Masken chinesischer Herkunft erfüllen keineswegs die gesetzlichen Voraussetzungen., Laboranalysen haben ergeben, dass ihre Filterkapazität kaum ein Zehntel des erforderlichen Wertes für den Schutz gegen das Coronavirus erreichen.
 
 
Die Masken waren vom italienischen Zivilschutz – noch unter Kommissar Domenico Arcuri - angekauft und in ganz Italien verteilt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass insgesamt über 250 Millionen dieser schadhaften Masken im Umlauf sind. Vergangene Woche hat die Finanzwache versucht über die „Agenzia Nazionale per l'attrazione degli Investimenti e lo sviluppo d'Impresa S.p.A.“ (Invitalia Spa) die Verteilung der Masken durch den nationalen Zivilschutz nachzuverfolgen. Anfang dieser Woche wurde verfügt, alle Masken dieser Art auf dem gesamten Staatsgebiet beschlagnahmen zu lassen. Genau das passiert jetzt auch in Südtirol.
 

Die Betroffenen 

 
In Südtirol ist für die Verteilung der Schutzbehelfe die Agentur für Bevölkerungsschutz zuständig. Die Agentur verteilt jene Schutzmaterialien, die sie vom nationalen Zivilschutz bekommt. Demnach wurden auch in Südtirol riesige Mengen dieser schadhaften, chinesischen Masken verteilt.
Dem Rundschreiben Pollingers sind Fotos von insgesamt 10 verschiedenen Maskentypen beigelegt, die jetzt eingezogen werden. Wie breit und einschneidend die Rückholaktion dabei ist, zeigt die Liste der betroffenen Organisationen.
 
 
Auf der Empfängerliste der schadhaften Masken stehen insgesamt über 40 Institutionen, Vereine und Organisationen. Das Spektrum reicht dabei von allen Südtiroler Sozialdiensten, den Bezirksgemeinschaften, dem Südtiroler Sanitätsbetrieb, der Forstverwaltung über das Bozner Regierungskommissariats, Teile des Heeres, die Bergrettung, die Südtiroler Finanzwache, die Ortspolizei und die gesamte Bozner Gefängnisverwaltung bis zur Caritas und Dutzende Südtiroler Freiwilligen-Organisationen wie Volontarius, Vinzenzgemeinschaft oder La Strada. Ebenso auf der Empfängerliste der Südtiroler Feuerwehrverband, das Jesuheim, die Kleinkinderheime und das Haus der Solidarität.
Alle dieser Empfänger müssen diese Schutzmasken umgehend einziehen und zentral sammeln. Die Aufgabe des Südtiroler Zivilschutzes wird in der kommender Woche Südtirol weit die Sammlung dieser Materialen sein.
 

Die schadhaften Masken

 

Update: 8.4.2021, 19 Uhr

Am späten Nachmittag verschickt das Landespresseamt folgende Pressemitteilung:

Bevölkerungsschutz -Der staatliche Zivilschutz holt 2,9 Millionen Filtermasken aus Südtirol zurück: Bei 12 unterschiedlichen Maskentypologien wurden vermutliche Mängel gemeldet.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Görz bei 12 Maskentypologien vermutliche Mängel festgestellt und diese der Finanzwache gemeldet hatte, startete diese mit einer staatsweiten Beschlagnahmung der betroffenen Masken.
Zehn dieser 12 Maskentypologien, die nun geprüft werden sollen, hatte auch das Land Südtirol über das letzte Jahr verteilt von Rom erhalten und und an die entsprechenden Empfänger ausgeteilt. Von diesen 2,9 Millionen erhaltenen Masken wurden 1,4 bereits an 40 Empfänger im Lande - darunter den Südtiroler Sanitätsbetrieb, Ordnungs- und Einsatzkräfte - verteilt. Mit gestern ist der Gebrauch dieser Masken unverzüglich ausgesetzt worden. Jene Schutzmasken, die bereits verteilt wurden, werden innerhalb der nächsten Woche an einem zentralen Ort gesammelt.
Die Landesagentur für Bevölkerungsschutz hat derzeit noch andere 1,2 Millionen zertifizierte Schutzmasken vorrätig, die in erster Linie an den Sanitätsbetrieb und die anderen Empfänger ausgeliefert werden können, damit es zu keinen Versorgungsengpässen kommt. Weitere Lieferungen aus Rom wurden bereits für die nächsten Wochen in Aussicht gestellt.