Unter den Teppich kehren

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SALTO erfüllt nicht mehr die Kriterien der Südtiroler Medienförderung, weil es sich weigert, die Kommentare seiner Leserinnen und Leser hinter einer Wall-of-shame zu verbergen. Der Herausgeber von SALTO, die Genossenschaft Demos 2.0, vertritt den Standpunkt, dass es wichtig ist, Leserinnen und Lesern die Möglichkeit zu bieten – auch unter Pseudonym – zu kommentieren. Kommentare sollten darüber hinaus auch von nicht registrierten Leserinnen und Lesern eingesehen werden können.
Sind Kommentare gut für: Demokratie, Transparenz und Meinungsvielfalt?
Sehr vereinfacht wiedergegeben, ist Demos 2.0 der Ansicht, dass offene Kommentare – auch solche, die nicht mit Klarnamen versehen sind – gut sind für: Demokratie, Transparenz und Meinungsvielfalt.Aber stimmt das? Ist es nicht eher so, dass sich in Leserforen und Social-Media-Kanälen vor allem Populisten und Verschwörungstheoretiker tummeln? Muss man tatsächlich fürchten, dass sich hinter Pseudonymen wie Aloisius von Gonzaga, Ludwig Thoma oder Factum est Menschen verbergen, die die Demokratie eher gefährden als schützen?
SALTO hat die Kommunikationswissenschaftlerin Uta Rußmann zu dieser Frage um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Rußmann ist Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Demokratie am Institut für Medien, Gesellschaft und Kommunikation der Universität Innsbruck. Im Februar gab sie SALTO ein sehr aufschlussreiches Interview über Populismus.
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„Ein Segen für die Diskussionskultur“Kommunikationswissenschaftlerin Uta Rußmann: „Moderierte Leserforen mit strenger Netiquette sind in der Regel ein Segen für eine gesunde Diskussionskultur – und dies egal, ob mit oder ohne Klarnamenspflicht.“ Foto: privat
„Moderierte Leserforen mit strenger Netiquette sind in der Regel ein Segen für eine gesunde Diskussionskultur – und dies egal, ob mit oder ohne Klarnamenspflicht“, schreibt Kommunikationswissenschaftlerin Rußmann auf die Anfrage von SALTO.
Rußmann verweist darauf, dass in Zeiten von Hassreden, sexueller Belästigung und Desinformation im Netz, die Diskussion rund um eine Klarnamenspflicht immer mehr an Relevanz gewinne. Diese Diskussion sei aber von vielen Pros und Contras geprägt. „Das Gut der Meinungsfreiheit“, so die Kommunikationswissenschaftlerin, „ist hoch und spricht gegen die Klarnamenspflicht. Was sollten Whistleblower dann noch tun? Wer würde dann noch negative Rezensionen über den eigenen Arbeitgeber abgeben?“. Es zeige sich außerdem, dass ein Großteil von Hassreden und Desinformation auch mit Klarnamen abgesetzt würde. Auch Populismus werde oft offenkundig verbreitet. Grundsätzlich sei es ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass die Hemmschwelle für Belästigung, Beleidigung oder Bedrohung sinke.
Im KlartextKlarnamen schützen also keinesfalls davor, dass User im Netz ausrasten und über die Stränge schlagen. Die Verrohung von Umgangsformen scheint eher ein Phänomen zu sein, dass nicht durch das Verbergen von Kommentaren auf Online-Plattformen ausgeblendet werden kann. Hate-Speech wird weder verhindert, noch bekämpft, sondern einfach unter den Teppich gekehrt, gemäß dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Ob diese Haltung die Südtiroler Gesellschaft weiterbringt, dürfen die SALTO-Leserinnen und Leser unter diesem Artikel offen diskutieren.
Ciao Medienförderung!Meinungsvielfalt und freier Meinungsaustausch – dafür steht SALTO. Die neuen Auflagen der Südtiroler Medienförderung stellen diese fundamentalen Werte in Frage. Deshalb verzichten wir auf die Beiträge der Provinz. Es handelt sich dabei um einen Betrag von ca. 15.000 Euro.
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ACHTUNG!
Meinungsvielfalt in Gefahr!
Wenn wir die Anforderungen der Medienförderung akzeptieren würden, könntest du die Kommentare ohne
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Eine gelebte -s a u b e r e-…
Eine gelebte -s a u b e r e- DEMOKRATIE kommt ohne -s c h r ä g e - Ü B E R G R I F F E- auf die Medien aus!!!
Na ja, die Klarnamenregelung…
Na ja, die Klarnamenregelung hält schon doch einige von unsäglichen Kommentaren ab. Das lässt sich hierzulande eigentlich ganz einfach empirisch feststellen, wenn man Ton und Inhalt der Kommentarspalten von Salto und TZ vergleicht.
Aber um das SCHREIBEN geht es ja gar nicht. Es geht darum, dass man sogar das LESEN registrierten Usern vorbehalten will. Die ja gar nicht in die Debatte eingreifen.
In der Zeit online geht es…
In der Zeit online geht es auch ohne Klarnamen Regelung. Da wird im Kommentarbereich aber auch aufwendig moderiert. Und ausfällig werden die Leute auch mit Klarnamen.
Das Grundproblem liegt hier ->
"Es zeige sich außerdem, dass ein Großteil von Hassreden und Desinformation auch mit Klarnamen abgesetzt würde. Auch Populismus werde oft offenkundig verbreitet. Grundsätzlich sei es ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass die Hemmschwelle für Belästigung, Beleidigung oder Bedrohung sinke. "