Umwelt | Wolf & Bär

Hofers Vorwurf

Der Bergbauernvertreter Alberich Hofer wirft den Tierschützern vor, mitverantwortlich für die Probleme zu sein, die der Wolf für die ländliche Bevölkerung bringt.
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Foto: Salto.bz
Wie berichtet hat der Bauernbund gestern (7. Juni) seine Wolfsstudie vorgestellt. Alberich Hofer, Vertreter der Bergabauern, hat in diesem Rahmen mehr als deutlich erklärt, dass er auch die Wolf- und Umweltschützer für die derzeitige Situation verantwortlich macht. Tagtäglich könne man sehen, welchen Schaden die Wölfe an den Nutztieren anrichten. „Auf Facebook werden die Bilder zensuriert, damit die Betrachter keinen Schaden erleiden. Aber wir müssen diese Bilder aushalten? Wir wollen das nicht mehr“, erklärte Hofer mehr als verärgert und betonte, dass er die Tierschützer auch dafür verantwortlich mache, dass sich die Beutegreifer in einem Habitat ausbreiten könnten, das für sie eigentlich nicht geeignet ist. Südtirol sei ein „Fress-Habitat“ und kein „Ruhe-Habitat“, in dem sich diese Tiere ungestört vom Menschen verbreiten könnten. „Ich mache sie auch verantwortlich dafür, dass wir nicht in der Lage sind, gemeinsam über dieses Problem zu diskutieren und eine Möglichkeit der Regulierung über das Jagdgesetz zu finden“, erklärte Hofer zum Abschluss seiner Rede.
 
Salto.bz: Herr Hofer, Sie waren mit Ihrer Kritik an den Wolfs- und Bärenschützern mehr als deutlich.
 
Alberich Hofer: Ich denke, dass der richtige Zeitpunkt dafür einfach gekommen ist. Es ist vor allem Zeit, dass alle Verantwortung übernehmen und die Vernunft entscheiden lassen. Bisher hat man geglaubt, dass die Beutegreifer ein Problem der Bauern und der Tierzüchter sind, mittlerweile ist es aber ein Gesellschaftsproblem. Es kann meiner Meinung nicht sein, dass sich auch die Stadtbewohner nach einer stressigen Woche nicht mehr im Wald erholen dürfen. Wer wäre damit einverstanden, wenn morgen die Wälder gesperrt würden? Womöglich werden demnächst Bürgermeister Waldstücke aus Sicherheitsgründen sperren müssen, weil sich Wölfe und Bären darin aufhalten. Wer soll dafür noch Verständnis aufbringen? Im Wald, auf den Almen und beim Wandern findet man Ausgleich, Ruhe und Erholung, die der Mensch braucht.
 
 
Wer wäre damit einverstanden, wenn morgen die Wälder gesperrt würden?
 
 
Sie selbst führen einen Hofschank. Merken Sie in den Gesprächen mit den Gästen mehr Sensibilität bzw. dass sie erkennen, dass die Präsenz der Großraubtiere auch Einfluss auf ihr Leben hat?
 
Ich führe täglich solche Gespräche, und wenn man täglich solche Gesprächen führen muss, dann wurde das Problem offensichtlich nicht erkannt und auch nicht gelöst. Ob es nun Gäste oder Einheimische sind, sie alle berichten in den Gesprächen von einem mulmigen Gefühl, wenn sie Wanderungen in Gebieten unternehmen, wo sich Wolfs- oder Bärenrisse ereignet haben. Das ist inzwischen zu einem Thema in unserem Land geworden. Diese Gefühlsstimmung spiegelt sich in der Umfrage wieder. Und was die Frage seitens des Journalisten betrifft, der kritisiert hatte, dass überwiegend die ländliche Bevölkerung befragt wurde: Zählt die ländliche Bevölkerung nicht zur Bevölkerung? Wissen Sie, welches Ergebnis wir bekommen hätten, wenn wir diese Umfrage in Bozen gemacht hätten?
 
Vermutlich eindeutig Pro-Wolf …
 
Ich mische mich auch nicht in die Entscheidung ein, wie in Bozen der Verkehr geregelt werden soll, dass müssen die Bozner selbst wissen. Ich verlange aber, dass, wenn wir draußen ein Problem haben und darauf aufmerksam machen, wir ernst genommen werden. Ich akzeptiere nicht, dass andere, die nichts davon verstehen, uns vorschreiben, wie wir unsere Probleme zu lösen haben. Und dieses Problem haben wir mittlerweile seit neun Jahren.
 
 
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Bergbauernvertreter Alberich Hofer: „Wir sprechen nicht von Ausrottung. Wir fordern aber eine Regulierung über das Jagdgesetz. Dieses zielt darauf ab, einen gesunden Bestand in einer Tierpopulation zu erhalten, wir fordern schlicht und ergreifend normale Verhältnisse.“ (Foto: Südtiroler Rinderzuchtverband)
 
 
 
Die Politiker werden von der Mehrheit gewählt, wie die urbane Bevölkerung über die Beutegreifer denkt, ist bekannt. Ebenfalls bekannt ist, dass die Politiker in der Regel der Meinung ihrer Wähler folgen, die der Ankunft des Wolfes überwiegend positiv gegenüber stehen.
 
Deswegen sprechen wir auch nicht von Ausrottung. Wir fordern aber eine Regulierung über das Jagdgesetz. Dieses zielt darauf ab, einen gesunden Bestand in einer Tierpopulation zu erhalten, wir fordern schlicht und ergreifend normale Verhältnisse. Die Medien könnten hier einen großen Beitrag leisten, um die städtische Bevölkerung aufzuklären. Der städtische Bewohner kennt die Situation vorort ja nicht.
 
 
Der städtische Bewohner kennt die Situation vorort ja nicht.
 
 
Wolf und Bär scheinen mittlerweile zu einer Glaubensfrage geworden zu sein, „Weltanschauungen“ zu hinterfragen und auf sachlicher Ebene zu diskutieren, scheint schwer möglich.
 
Vor Kurzem hat RAI Südtirol einen Runden Tisch zu diesem Thema veranstaltet. Es war in diesem Kreis, in dem neben mir auch Landesrat Arnold Schuler, Peter Kasal vom Netzwerk Tierwohl und der Biologe und Zoologe Wolfgang Dibiasi vertreten waren, sehr wohl möglich, sachlich zu diskutieren. Wir haben weder gestritten noch haben wir uns zerfleischt. Wir haben nach einer vernünftigen Lösung gesucht. Wir alle waren der Meinung, dass es eine Regulierung braucht. Es braucht jetzt eine politische Lösung.
 
An diesem Tisch saßen Sachverständige, radikale Tierschützer, die Briefumschläge mit Kugeln verschicken, sind eine andere Kategorie.
 
Ab einem bestimmten Punkt muss die Politik über der Meinung dieser Gruppe stehen und darf nicht anfangen zu rechnen, wo mehr Wählerstimmen zu holen sind. Mittlerweile hat auch Landeshauptmann Arno Kompatscher realisiert, dass wir hier vor einem massiven Problem stehen.