Gesellschaft | Pilotprojekt
Besser lesen und schreiben

Foto: Foto: LPA/Fabio Brucculeri
Heute (08.09) vor genau einem Jahr wurde das Pilotprojekt zur Unterstützung von Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten ins Leben gerufen. Auch der diesjährige Tag der Alphabetisierung soll die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass es viele Erwachsene gibt, die nicht oder nur sehr wenig lesen und schreiben können.
Die Referentinnen gaben einen kurzen Einblick in die LEO-Studie aus dem Jahr 2018. Die Studie zeigt, dass in Deutschland 6,2 Millionen Erwachsene Lese- oder Schreibschwierigkeiten haben. Dies entspricht etwa 12% der erwachsenen Bevölkerung. Auch andere Vergleichsstudien legen Zahlen von 17,7% für Deutschland, 15,3% für Österreich und 27,7% für Italien vor. Für Südtirol gibt es keine genaue Zahlen. Die Referentinnen verwiesen aber darauf, dass Südtirol sich zwischen dem Wert von 15,3% und 27,7% bewegen könnte.
In der Folge wurde die Frage geklärt, warum so viele Menschen Lese- und Schreibschwierigkeiten haben. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und reichen von familiären über persönliche Ursachen bis hin zu Vernachlässigung, Gewalt und gesellschaftlichen Einflüssen. Heike Walden-Pünsch betont hierbei, dass eine geringe Literalität nicht mit einem niedrigen IQ oder mangelnder Intelligenz gleichzusetzen ist. Die meisten dieser Erwachsenen sind normal entwickelt, haben aber aus verschiedenen Gründen keinen Zugang zur Literalität gefunden.
Diese Menschen führen oft ein normales Leben und müssen immer in der Angst leben aufzufliegen.
Die meisten der betroffenen Personen haben in ihrem engeren Umfeld eine Bezugsperson, die sie unterstützt. Es kann aber durchaus oft vorkommen, dass diese Person durch Ableben oder Scheidung wegfällt. Jedoch gibt es eine gute Nachricht: Es gibt Initiativen, die helfen. Heike Walden-Pünsch, welche die Beratungsstelle des Projekts betreut, meint es ist sehr wichtig diesen Personen zuzuhören und sie in einer unterstützenden Atmosphäre zu fördern. Seit der Eröffnung der Beratungsstelle in Schlanders im Oktober 2022 haben bereits drei Menschen die Hilfe der Initiative in Anspruch genommen. Die teilnehmenden Personen hatten alle unterschiedlichen Hintergründe und Bedürfnisse.
Das Projekt bietet einen individuellen Lernplan mit leicht verständlichen Materialien. Zudem können die teilnehmenden Personen selbst Materialen mitbringen, welche dann im Diskurs besprochen werden, so Walden-Pünsch. Die Erfahrung mit den Lernenden beschrieb Walden-Pünsch als sehr positiv: „Es gibt Personen, die keinen einzigen Termin verpasst haben.“ Das Angebot soll in Zukunft erweitert werden. Zudem soll es auch noch in Bozen und Bruneck angeboten werden. Die wöchentlichen Treffen sind kostenlos und anonym. Die teilnehmenden Personen müssen hierbei keine personenbezogenen Daten preisgeben. Diese Initiative soll helfen dieses Thema zu enttabuisieren, damit diese Menschen ein selbstständiges Leben führen können.
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