Umwelt | Klimawandel

Kaltern will Speicherbecken bauen

Die Gemeinde will den Wasserbedarf der Landwirtschaft trotz Trockenperioden stillen. Vor allem die geplanten Becken im Altenburger Wald stoßen aber auf Widerstand.
Altenburger Wald
Foto: Heimatpflegeverband Südtirol
  • Im Altenburger Wald von Kaltern soll am Friedensweg beim Ausstieg aus der Rastenbachklamm ein großes Speicherbecken entstehen, ein weiteres nur wenig entfernt. Allein für das erste sollen 6 Hektar Wald – mehr als 8 Fußballfelder – gerodet und 9 Meter Damm aufgeschüttet werden. Begründet wird der Bau der Speicherbecken mit dem Wasserbedarf für die Bewässerung in der Landwirtschaft. 

    So sollen das Schutzgebiet Kalterer See und großer Kalterer Graben vor weiterer Austrocknung durch die Wasserentnahme für die Bewässerung bewahrt werden. Neben den zwei Becken im beliebten Wander- und Naherholungsgebiet Rastenbach/Altenburger Wald soll ein drittes Becken im Montiggler Wald in einem als Ruhezone ausgewiesenen Gebiet mit einem Fassungsvermögen von 95.000 Kubikmetern entstehen. Ein viertes Becken wird unterirdisch umgesetzt.

    Die offenen Bewässerungsbecken werden mit einer Plastikfolie ausgelegt, die mit Porphyrschotter bedeckt wird. Als Ausgleichsmaßnahme sollen die Böschungen mit einheimischen Arten bepflanzt und in der Nähe der Becken Tümpel für Amphibien gegraben werden. Die Speicherbecken selbst werden durch eine Umzäunung vor Menschen und Tieren abgeschottet.

  • Mischwald am Kalterer See: Als CO2-Speicher und Lebensraum für Pflanzen und Tiere spielen Wälder für den Schutz von Klima und Artenvielfalt eine wesentliche Rolle. Foto: Dachverband für Natur- und Umweltschutz
  • Die Kritik

    Klimaexpert*innen weisen immer wieder darauf hin, dass Waldgebiete, vor allem gesunde Mischwälder in niedrigen und mittleren Lagen, eine zentrale Rolle als CO2-Senken, aber vor allem auch für die Resilienz der bewohnten Gebiete gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels spielen, erklärten der Heimatpflegeverband und der Dachverband für Natur- und Umweltschutz in einer Stellungnahme. Auch für die Biodiversität sind die Wälder enorm wichtig, vom Erholungswert für Tourist*innen und Einheimische abgesehen. 

    Deshalb sei es geradezu fahrlässig die gesamte Infrastruktur inklusive der Speicherbecken auf Kosten von naturbelassenen Waldgebieten der Allgemeinheit, statt auf den Flächen der Nutznießer im Landwirtschaftsgebiet zu errichten. Die Umweltschutzverbände plädieren dafür, die Speicherbecken im Landwirtschaftsgebiet und naturnahe zu bauen. Dass das möglich ist, zeigen Projekte in Skigebieten in der Schweiz. Dort werden bereits vielfach Speicherseen nicht mehr als umzäunte, schwarz ausgekleidete rechteckige oder runde Becken umgesetzt, sondern in die Landschaft eingebettet mit Zugang für Tiere, die die offenen Wasserflächen sehr schnell als Lebensraum und Tränke nutzen und Menschen als Naherholungsgebiet.

  • Claudia Plaikner: Sie fordert eine Grundsatzentscheidung für den Bau von Speicherbecken. Foto: HPV

    Die geplanten Speicherbecken seien die ersten von vielen, die aufgrund des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden müssen. Deshalb sei eine grundlegende Entscheidung notwendig, so die Obfrau des Heimatpflegeverbandes Claudia Plaikner: „Sollen die Speicherbecken in Zukunft als sterile Fremdkörper mitten in naturbelassenen Gebieten der Allgemeinheit oder wo immer möglich als naturnahe Seen oder unterirdisch auf den Flächen der Nutznießer im Landwirtschaftsgebiet errichtet werden?“

  • Veranstaltungshinweis

    Sparkassengalerie Kaltern

    Samstag, 11. November, 18 Uhr

    Informationsabend „Geplante Speicherbecken im Altenburger Wald“

    Organisiert wird die Veranstaltung von dem Verein für Kultur und Heimatpflege Kaltern, der Umweltgruppe Kaltern und der AVS-Sektion Kaltern. Es sprechen Raimund Rodewald, Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz und Experte für Speicherbecken, Norbert Dejori, Präsident der Biologenvereinigung Südtirol und Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbandes Südtirol.

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Mametz Mo., 13.11.2023 - 08:56

Antwort auf von Dominikus Ande…

Ein Wald ist und bleibt der beste Wasserspeicher und das beste Wasserrückhaltesystem, neben all dem weiteren Nutzen, den ein Wald für Mensch, Tier und Pflanzen bietet. - Speicherbecken dagegen entziehen der Umgebung das Wasser, sind für Lebewesen der Umgebung als Trinkquelle unzugänglich und stellen für einige Tierarten eine tödliche Falle dar. Nicht zuletzt sind Speicherbecken riesige Verdunstungsbecken, da durch Wind u. hohe Sonneneinstrahlung viel Wasser entweicht. Speicherbecken müssen, wo auch immer, ökologisch vertretbar und für Tiere ungefährdet, zumindest als Trinkquelle, verfügbar sein.

Mo., 13.11.2023 - 08:56 Permalink
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Markus Zwerger Mo., 13.11.2023 - 12:36

Laut Wikipedia bezeichnet der 2005 erschaffene Begriff Solastalgie "ein belastendes Gefühl des Verlustes, das entsteht, wenn jemand die Veränderung oder Zerstörung der eigenen Heimat bzw. des eigenen Lebensraums direkt miterlebt." Seit einiger Zeit ist man auch in Südtirol umtriebig damit beschäftigt, diesem Wort Berechtigung zu verschaffen; so werden einfache, naturverbundene BürgerInnen dazu gezwungen ohnmächtig zuzusehen, wie unser einziges Kapital immer weiter ausgehöhlt wird, während es viele kluge, hiesige Menschen mit Alternativvorschlägen gäbe, die leider gekonnt ignoriert werden (u.a. die Forderungen von ClimateAction zu den Speicherbecken, die auf deren Website nachlesbar sind).
Egal ob jung oder alt, manche Menschen schmerzt es, dieser Zerstörungswut machtlos beizuwohnen, was bleibt noch übrig, diesem Wahnsinn an jeder Front Einhalt zu gebieten? Vielen Dank an die wenigen Menschen wie hier der Redaktion für ihre wertvolle Arbeit.

Mo., 13.11.2023 - 12:36 Permalink