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Politischer Jahresausblick

2019 war ein turbulentes Jahr. Was bewegt Europa und die Welt 2020?
Trump White House
Foto: Twitter White House

Es geschieht tatsächlich. Was man im Jahr 2019 nicht zu finalisieren vermochte, geht mit 31. Januar tatsächlich über die Bühne: der Brexit. Noch vor Weihnachten hatte das neugewählte Unterhaus Boris Johnsons Gesetzesentwurf zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU gebilligt. Doch die Telenovela ist damit nicht zu Ende. Die britische Mitgliedschaft in der Union endet zwar, eine Übergangsfrist bis mindestens Ende des Jahres und zähe Verhandlungen über ein zukünftiges Handelsabkommen zwischen den Geschiedenen, verhindern ein vorschnelles kappen des Bandes.

 

Begonnen hatte das Jahr für die Weltpolitik indes mit einem Knall; buchstäblich. Die USA treffen mit einem Drohnenschlag den Nerv des Iran, der mit Kassem Soleimani den wichtigsten General seiner Revolutionsgarden verliert. Just in jenem Jahr, in dem sich der Beginn des ersten Golfkrieges zum 40. Mal jährt, steht die Weltpolitik vor einer neuerlichen Eskalation des Nah-Ost-Konflikts. Dabei stehen in der islamischen Republik im Februar Parlamentswahlen an.

Das Frühjahr steht ganz im Zeichen des legislativen Neubeginns. Für Nordmazedonien und Serbien heißt das konkret: Parlamentswahlen im April, voraussichtlich. Beide Staaten waren Teil Jugoslawiens, beide wollen in die EU. Mazedonien ließ dafür, aufgrund eines Streites mit Griechenland, seinen offiziellen Namen mit der geographischen Präzisierung Nord schmücken. Belohnt wurde das aber nicht. Serbien ist zwar im Gegensatz zum südlichen Nachbarn bereits in konkreten Beitrittsverhandlungen. Zeitnah – also noch 2020 – wird sich allerdings wohl wenig an der Situation der Erweiterungskandidaten ändern.

Im Mai findet in Polen die Präsidentschaftswahl statt. Der amtierende Amtsinhaber Andrzej Duda hofft auf seine Wiederwahl. Er war es, der 2017 den umstrittenen justiziellen Umbauplänen der nationalkonservativen PiS-Partei, der er bis zu seiner Ersternennung 2015 selbst angehörte, seinen Segen erteilte. Daneben verkündete ein prominenter Name bereits voriges Jahr, dass er seinem Heimatland nicht als Präsidentschaftskandidat zur Verfügung stehe: Donald Tusk. Der ehemalige Ratspräsident, dessen Amt mit 1. Dezember Belgiens Ex-Premier Charles Michel übernahm, bleibt der EU-Politik als Vorsitzender der europäischen Volkspartei erhalten. Viele sahen in ihm Hoffnungen, Polens dezidiert antieuropäischen Kurs einzubremsen.

 

Weit weniger politisch, jedoch umso bedeutender für Europas Sportwelt ist die im Juni startende Fußball-Europameisterschaft. Nicht wie gewohnt ein Land wird dabei als Austragungsort fungieren, sondern mehrere europäische Nationen gleichzeitig. Ein paneuropäisches Fußballturnier also, das in Zeiten verschärfter Nationalismen einem Leuchtturmprojekt guter Kooperation und friedlichen Miteinanders unter der Ägide des Sports gleichkommt.

Unpolitisch ist aber auch Letzterer nicht. Sechs Nationalteams mehr oder weniger international anerkannter Staaten - darunter Kosovo, Bosnien, Ukraine und Russland – werden aufgrund politischer und ethnischer Konfliktpotentiale nicht auf bestimmte Gegner treffen können.  Wettbewerbsverzerrung? Nein, sagt die UEFA. Vorsichtsmaßnahmen. 

Bevor Ende Juli die Olympischen Spiele in Tokyo beginnen, deren Vergabe - allzu oft - ebenfalls ein schieres Politikum darstellt, übernimmt Deutschland mit Monatsbeginn die EU-Ratspräsidentschaft von Kroatien. In den Vereinigten Staaten bestimmen die Demokraten hingegen, wer aus ihren Reihen, aller Voraussicht nach gegen Trump, in die finalen Rallies des Präsidentschaftswahlkampfes geht. 

 

Die Wahl des Präsidenten der USA findet traditionell am Dienstag nach dem ersten Montag im November statt und wird auch dieses Jahr ein Ereignis weltpolitischer Brisanz. Im Gegensatz zu Donald Trumps möglicher Wiederwahl am 3. November, werden die Parlamentswahlen in Litauen wenige Wochen vorher unter dem Radar vieler bleiben.

Den 9. November dürfte sich Greta Thunberg schon dick in ihrem Streikkalender markiert haben. Dann nämlich fällt der Startschuss für die COP26, die Konferenz der Vertragsstaaten der UN-Klimakonvention, diesmal in Glasgow. Letztes Jahr war die Zusammenkunft nach Madrid ausgewichen, der Unruhen in Chile willen. Zum Abschluss dieser, war lediglich von „kosmetischen Lösungen“ die Rede, zu wesentlichen Maßnahmen verpflichtete man sich erneut nicht. Ein Bild, das sich alljährlich wieder zeigt.

 

Ebenso wiederkehrend sind die G20-Treffen der 19 bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer und der EU. Ende November treffen sich die Staats- und Regierungsoberhäupter in der Saudi-Arabischen Hauptstadt Riad. Das Königreich stand nicht zuletzt wegen des in der Türkei ermordeten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in der Kritik. Amnesty International erteilt Saudi-Arabien generell kein erfreuliches Zeugnis in Sachen Menschenrechte.

Enden wird das Jahr 2020 mit einem wohlbekannten Wegbegleiter vorheriger Jahre. Der Brexit, wenngleich formal schon zu Jahresbeginn vollzogen, wird auch weiterhin seinen Schatten auf die europäische und britische Politik werfen. Gelingt den Parteien eine Vereinbarung in der Handelspolitik binnen Jahresende, oder erleben wir eine Verlängerung der ungeliebten Übergangsfrist auf Monate oder gar Jahre?