Gesellschaft | Slow Food

„Käse- und Esskultur voranbringen“

Am kommenden Wochenende findet wieder das Käsefestival in Sand in Taufers statt. Organisator und Gründer Martin Pircher über die Anfänge und das Rahmenprogramm.
Martin Pircher
Foto: Manuel Kottersteger
  • Alle zwei Jahre findet im Ahrntal das Käsefestival statt, heuer bereits zum 15. Mal. Martin Pircher ist der Gründer der Veranstaltung. Im Salto Interview erzählt er, wie aus einer Idee eine Institution wurde und was Besucher des Festivals so alles erwartet. 

     

    SALTO: Herr Pircher, was ist das Käsefestival in Sand in Taufers und wie kam es dazu?

    Martin Pircher: Ich bin Despar-Kaufmann und seit 30 Jahren Mitglied des Vorstandes des internationalen Spar-Zusammenschlusses. Da wir, was Käse angeht schon immer gut waren, hatte ich Anfang 2000 diese Idee. 2001 entschieden wir uns dann dazu, einen Käsemarkt zu veranstalten. Dieser hatte anfangs sieben Stände. Unser Ziel war es schon damals, Produzenten einzuladen, die ihre Käsesorten präsentieren und erklären. Das Ergebnis war anfangs ernüchternd. Die Leute wussten nicht so recht, was sie davon halten sollen. Bei der Eröffnung kamen auch nur sage und schreibe 12 Personen, von denen drei eine Rede hielten. Wir haben aber nicht aufgegeben und aus unseren Fehlern gelernt und die Veranstaltung über die Jahre etabliert. Mittlerweile ist unsere Veranstaltung die Drittwichtigste weltweit, was die Anzahl von Slow Food Presidi angeht. Ein Presidio ist eine von Slow Food vergeben Auszeichnung für ein vom Aussterben bedrohtes Lebensmittel. Das Spektakel findet auf dem Festplatz des Dorfes auf rund 2.000 Quadratmeter statt. Außerdem findet das Ganze überdacht statt. Unser Festival dient aber nicht nur zu Vertriebszwecken. Hier wird Käse- und Esskultur vorangebracht. Wir wurden auch schon ausgezeichnet. Im Herbst zum Beispiel als wir vom Gruppo Italiano Stampa Turistica zum miglior evento enogastronomico gekürt wurden. Außerdem werden wir dieses Jahr von der ONAF als città del formaggio prämiert werden, als erste Gemeinde Südtirols. Des Weiteren feiern wir die 20 Jahre Graukäse-Presidio. Die Produktion des Ahrntaler Graukäses wurde nämlich nachhaltig wiederbelebt und auch die Wertschätzung für das Produkt ist heute eine ganz andere. Während dieser Käse früher der Armeleute-Käse war, wird er mittlerweile zu angemessenen Preisen verkauft und auch in der Küche wieder eingesetzt. 

     

    „Die Philosophie ist nach wie vor die gleiche geblieben.“

     

    Die Veranstaltung findet dieses Jahr zum 15. Mal statt, was hat sich in den Jahren verändert? 

    Nun ja, die Organisation steht mittlerweile in keinem Verhältnis mehr. Früher habe ich alles alleine organisiert. Heute haben wir aber zum Glück ein Organisationskomitee. Auch die Anzahl der Aussteller und die Größenverhältnisse haben sich stark verändert. Außerdem ist inzwischen nicht mehr nur Käse auf dem Festival zu finden. Von Marmeladen über Wurstwaren bis hin zu Fisch und Nüssen ist eigentlich alles dabei. Die Philosophie ist jedoch nach wie vor die gleiche geblieben: Die Ausstellung von qualitativ hochwertigen Produkten. 

  • 90 Stände: Auf dem Festival gibt es längst nicht mehr nur Käse Foto: Socialventures
  • Woher kommen die Aussteller und wie viele werden es dieses Jahr sein?

    Mittlerweile sind wir bei 90 Ausstellern. Die meisten davon kommen aus Norditalien und Südtirol. Des Weiteren haben wir auch Holländer. Den weitesten Weg nehmen aber Teilnehmer aus Norwegen auf sich. 

    Und woher kommen die Besucher? Wie viele werden erwartet?

    Die Besucherzahl wird wahrscheinlich über 9.000 betragen. Die Hälfte davon sind vermutlich Italiener. Von den restlichen 50 Prozent sind zwei Drittel Südtiroler und der Rest kommt aus Ländern wie Deutschland oder Österreich.

  • Käse selbst herstellen: Auch den kleinen Gästen wird bestimmt nicht langweilig. Foto: Socialventures

    Was wird ihnen geboten?

    Wir bieten ein umfangreiches Rahmenprogramm. Beispielsweise das Schaukochen des Südtiroler Köcheverbandes, das von der Steinhauser Gourmetköchin Tina Marcelli geleitet wird. Unser Ziel ist hierbei nicht nur den Leuten etwas zu Essen anzubieten, sondern auch einen Spannungsbogen zu ziehen. So sind von Hotelfachschülern über lokale Köche bis hin zu Berühmtheiten alle zu sehen. Auch für Kinder wird einiges geboten. Unsere Kinderbetreuung ist nicht bloß ein beaufsichtigtes Spielen. Die Kinder können nämlich selbst Graukäse, Butter und Mozzarella herstellen und mit nach Hause nehmen. Dadurch wird den Kindern auch klar, dass die Lebensmittel nicht im Supermarkt geboren werden, sondern echte Handarbeit dahintersteckt.

    Außerdem findet eine Zusammenarbeit mit den heimischen Restaurants im Ahrntal statt. Was sind diese Spezialitätentage? 

    Einige lokale Gastbetriebe kochen in diesen Tagen spezielle Gerichte zum Thema Käse. 

    Das Event findet im Zeichen von Slow Food statt, richtig?

    Ja, Slow Food leistet einen wichtigen Beitrag. Schon seit Jahren ist Karin Huber für unser Verkostungsprogramm verantwortlich. Des Weiteren wird die Osteria La Campanara vor Ort sein und die Besucher mit der cucina romagnola bekochen. Außerdem stellt ein Slow Food Presidio aus Agrigento bei uns eine besondere Zwiebel aus.