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“Scherbenhaufen für Studierende”

Die Südtiroler HochschülerInnenschaft übt Kritk an der “ewigen Geheimniskrämerei” um die Zukunft der Südtiroler Studierenden an der Pädagogischen Hochschule Tirol.
Studierender
Foto: Pixabay

Es war der 11. April. Bildungslandesrat Philipp Achammer und der neue Bildungsdirektor Gustav Tschenett sind in Wien zu Gast beim neuen österreichischen Bildungsminister. Mit Heinz Faßmann sprechen Achammer und Tschenett über zwei zentrale Themen: eine verstärkte Zusammenarbeit der Fakultät für Bildungswissenschaften der Uni Bozen mit den Pädagogischen Hochschulen in Österreich bei der Ausbildung der Grundschullehrer; und die Anerkennung von Studientitel. Jetzt, drei Monate später, erhebt die Südtiroler HochschülerInnenschaft sh.asus ihre Stimme. Von einem “Scherbenhaufen für Studierende” ist die Rede – und von “ewiger Geheimniskrämerei”.

 

Wirren in Innsbruck und Bozen

Die neue Durchführungsbestimmung zur Lehrerausbildung, die Anfang 2018 genehmigt wurde, ermöglicht es dem Land Südtirol, Kooperationen mit Universitäten und Hochschulen einzugehen. Diese Möglichkeit will man nutzen, um das Ausbildungsangebot zu stärken und auszubauen sowie den angehenden Lehrpersonen mehr Wahlfreiheit zu bieten. Vor allem mit der Pädagogischen Hochschule Tirol (PHT) in Innsbruck soll die bildungswissenschaftliche Fakultät künftig stärker zusammenarbeiten, verspricht Landesrat Achammer. Es gebe bereits Vorschläge für eine Kooperationsvereinbarung und hoffe, dass das Bildungsministerium seinen Segen gebe und “möglichst bald ein Abkommen unterzeichnet werden kann”, so Achammer. Das war im April. Drei Monate später stellt der Vize-Vorsitzende der Südtiroler HochschülerInnenschaft in Innsbruck, Matthias von Wenzl, sowohl der PHT als auch der Uni Bozen “ein Armutszeugnis” aus. Und zwar für das Vorgehen der beiden Bildungseinrichtungen in Sachen Studientitelanerkennung und für deren Informationspolitik.

“Trotz entgegengesetzter Absichtserklärungen und Versprechen herrscht seit geraumer Zeit Unklarheit, was die Zukunft der an der PHT in Innsbruck inskribierten Südtiroler Studierenden betrifft”, zeigt man beim sh.asus auf: “Es geht unter anderem darum, dass die Uni Bozen für die Ausstellung eines in Italien anerkannten akademischen Grades verlangt, 150 ECTS-Punkte – das entspricht in etwa sechs Semestern – zusätzlich zur bzw. nach der Ausbildung an der PHT zu absolvieren, da sie deren Abschlüsse weiterhin als nicht gleichwertig erachtet. Immerhin könne aber eine Berufstitelanerkennung in Aussicht gestellt werden, wenn schon keine akademische, so das Bozner Schulamt.”

“Endgültig für Verwirrung gesorgt” habe ein Informationsschreiben, das die Direktion für Studienangelegenheiten der PHT vergangenen Donnerstag (5. Juli) per Mail den Südtiroler Studierenden habe zukommen lassen. “Darin wird ihnen eindringlich nahegelegt, schon nach vier Semestern nach Brixen, also zur Uni Bozen, zu wechseln und dort die Studien fortzusetzen”, so die sh.asus. “Das sei am einfachsten”, heiße es in dem Communiqué, “aber zugleich wiederum nur eine Idee, die noch geprüft werden müsse”. Denn bis auf weiteres bleibe offen, ob Brixen alle in Innsbruck bis zum vierten Semester absolvierte Leistungen tatsächlich anerkennt”.

 

Über die Köpfe hinweg?

“Eklatant” sei der Ausschluss der Studierenden aus der Debatte, bemängelt die Südtiroler HochschülerInnenschaft: “Einer Debatte, die sich hinter verschlossener Tür zu vollziehen scheint, in der aber über die berufliche Zukunft von jungen Menschen entschieden wird. Und das ohne deren Meinung, Ansichten und Hoffnungen auch nur anzuhören. Denn bedauerlicherweise hat sich die PHT mehrfach einem klärenden Gespräch mit der sh.asus verweigert, das Unwissenheit oder Vorurteile auf allen Seiten hätte beheben, und aus dem in einem zweiten Schritt ein fruchtbarer Dialog auch mit dem Deutschen Schulamt und der Bozner Universität hätte entstehen können.”

Die Kritik der sh.asus gilt aber auch dem Schulamt, der Freien Universität Bozen und der Südtiroler Landesregierung, “die ebenso starr und unbeweglich in der Sache wirken”. “Bei solchen Vorfällen wird leider klar ersichtlich, wie wenig das schöne Gerede über grenzüberschreitende, euroregionale Zusammenarbeit der Wahrheit – und wohl handfesten Interessen – standhält. Dabei tut diese Zusammenarbeit gerade heutzutage Not”, kommentiert Julian Nikolaus Rensi, Vorstandsmitglied der sh.asus. Und Matthias von Wenzl kann nur feststellen: “Alles in allem: ein Scherbenhaufen, vor dem die Südtiroler Studierenden der PHT da stehen.”