"SVP braucht mehr Kompatscher“
salto.bz.: Herr Schiefer, warum soll Landeshauptmann Arno Kompatscher zusätzlich die Führung seiner Partei übernehmen?
Oswald Schiefer: Mein Gott, das ist eine alte Geschichte. Wir waren ja damals schon nicht alle einverstanden, als nach Silvius Magnago die Trennung zwischen Landeshauptmann und Parteiobmann vollzogen wurde. Damals argumentierte man, dass sonst die Machtkonzentration zu groß wird. Allerdings hat sich im Laufe der Jahre herausgestellt, dass es einfach besser wäre, wenn der Landeshauptmann auch Parteiobmann wäre, weil dann Entscheidungen anders getroffen würden.
In welcher Hinsicht?
Als Elmar Pichler-Rolle Parteiobmann wurde, hat auch er gemeint, wir müssen jetzt die Entscheidungen in der Brennerstraße und nicht mehr im Palais Widmann treffen. Doch stattdessen verliert die Partei beständig an Stellenwert und Schlagkraft. Man hat jetzt zwar die Landesregierungssitzung am Dienstag angesetzt statt am Montag, damit man eventuelle Entscheidungen in der Partei vorwegnehmen kann. Aber um die Südtiroler Volkspartei, vor allem die Gremien auf Orts-, Bezirks- und Landesebene aufzuwerten, wäre es hilfreicher, wenn sie vom Landeshauptmann mit seinen 80.000 Vorzugsstimmen im Rücken vertreten werden würde.
Ist Ihnen Philipp Achammer als Parteiobmann also zu schwach?
Nein, der Philipp macht seine Arbeit gut, er hat einen Riesen-Einsatz und kommt auch bei den Leuten gut an. Das ist kein neues Phänomen, die Partei hat auch schon unter Siegfried Brugger, Elmar Pichler-Rolle oder Richard Theiner an Wert verloren. Und jetzt mit dem neuen Führungsstil...
Der neue Führungsstil bringt es mit sich, dass Arno Kompatscher eine Personalunion ablehnt – weil er der Landeshauptmann aller Südtirolerinnen und Südtiroler sein will statt nur jener der SVP-Mitglieder, wie er nach Ihrem Vorschlag erneut unterstreicht.
Ja, ja, das wissen wir schon, dass ihm das nicht passt. Sonst hätte er die Obmannschaft auch damals von Theiner übernehmen können. Doch eines sind die Interessen des Landeshauptmanns, das andere die Interessen einer Partei. Und ich frage mich, ob ein Landeshauptmann Kompatscher zuschauen soll, wie seine Partei beständig an Boden verliert.
Das hat wohl andere Gründe als die fehlende Personalunion...
Natürlich hat es auch andere Gründe, doch es hängt sicher nicht nur mit einem Flughafen oder Geburtenabteilungen zusammen. Wir brauchen außerdem nur auf regionale und nationale Ebene zu schauen, da sind die Regierungschefs genauso Parteivorsitzende....
Was bei Matteo Renzi gerade innerhalb des PD vielfach sehr kritisch gesehen wird ...
Aber warum ist dann beispielsweise auch eine Angela Merkl automatisch Parteichefin oder ein Horst Seehofer? In Bayern wollte man die beiden Ämter nach der Ära Stoiber unbedingt trennen. Doch nach ein paar Jahren war die CSU im Keller und man ist wieder zurückgerudert. Wenn man eine Regierungspartei auf einem bestimmten Level halten und stärken will, ist eine solche Personalunion in jeder Hinsicht eine Überlegung wert.
Sollte sich die Volkspartei nicht viel eher mit der Überlegung abfinden, dass nun auch in Südtirol demokratischere Verhältnisse eingezogen sind – und es ein Vorteil für alle ist, wenn endlich damit aufgehört wird, das Land von der Brennerstraße aus zu regieren?
Ein solcher Standpunkt hängt davon ob, wo man politisch steht. Ich bleibe dabei: Für die Südtiroler Volkspartei wäre ein Pluspunkt, wenn sich der Landeshauptmann der eigenen Partei mehr verpflichtet fühlen würde.
Sieht das nur ein Oswald Schiefer so oder haben Sie für diese Position Verbündete?
Das hört man überall draußen in den Bezirken und Ortsausschüssen: Man würde sich einfach erwarten, dass sich Kompatscher ein wenig mehr um die Parteivertreter vor Ort kümmern würde. Das ist sicher eines der Themen und das weiß er ganz genau.
Also Sehnsucht nach der Ära Durnwalder?
Wir wissen ja, dass der Durnwalder überall präsent war, was für viele auch übertrieben war. Doch immerhin haben sich dadurch nicht nur die Gemeinden und Bürgermeister aufgewertet gefühlt, sondern auch die Parteifunktionäre. So hat er ihnen die nötige Bedeutung und zumindest scheinbar einen Einfluss verliehen. Kompatscher dagegen ist so vorsichtig und derart auf seine institutionelle Rolle bedacht, dass er sich nicht zu viel mit den Parteiexponenten auseinandersetzt.
Und das muss er, damit die Partei wieder an Stärke gewinnt?
Ja, wenn er die Personalunion nicht will, würde es auch schon reichen, wenn er der Partei helfen würde, wieder einen höheren Stellenwert zu bekommen. Sei es, indem er und der Parteiobmann in allen wichtigen Fragen mit einer Stimme sprechen; sei es, indem er sich stärker mit den Funktionären vor Ort auseinandersetzt. Wenn wir den Negativtrend der Volkspartei stoppen wollen, brauchen wir die massive Unterstützung des Landeshauptmanns. Das ist ganz einfach so. Denn die SVP steht und fällt nicht nur mit dem Parteiobmann, sondern auch mit dem Landeshauptmann.