Gesellschaft | Traktoren-EM

"Hopp, einsteigen, fahren!"

Mit 13 zum ersten Mal auf dem Traktor, mit 22 Europameisterin. Nadia Kritzinger aus Völs kehrt mit schwerem Gefährt von der EM in Tirol zurück.

"Meine Mama wollte immer, dass ich 'etwas gscheites' lerne". Dabei hat sich Nadia Kritzinger für das entschieden, wobei sie sich schon als Kind am Wohlsten gefühlt hat: ein Leben auf dem Bauernhof. Bereits im Volksschulalter half die heute 22-jährige Völserin am Nachbarshof mit, später dann am Hof vom Opa. Und seit zehn Jahren trifft man sie am Kompatscherhof in Völser Aicha an, wo sie nach ihrem Schulabschluss 2011 auch angestellt wurde. "Eigentlich habe ich einen Lehrgang für Tischlerei besucht, aber nachdem ich nach dem Abschluss keine Arbeit gefunden habe, habe ich in die Landwirtschaftsschule Salern gewechselt", erzählt Nadia. Mathematik und Englisch waren nicht ihr Ding, ihre Stärken lagen vielmehr im praktischen Bereich. "Ich habe mich schon immer für Traktoren interessiert. Der Bauer am Kompatscherhof hat gesehen, dass ich mich recht geschickt angestellt habe, da hat es eines Tages geheißen: 'Hopp, einsteigen, fahren!'". Damals war Nadia 13. Heute, neun Jahre später, ist sie frisch gebackene Europameisterin im Traktorfahren.

Dass sie die Finalrunde am 6. September in Kundl in Tirol gewinnen würde, damit hat die junge Völserin nicht gerechnet. Durch Zufall hatte sie erst im Urlaub – "dem ersten seit langer Zeit" – von dem Wettbewerb erfahren. "Ich habe dann bei der Südtiroler Bauernjugend angerufen und gefragt, ob ich mich noch zum Landesentscheid für die EM anmelden kann. Da ich aber bei den bereits stattgefundenen Bezirksmeisterschaften nicht teilgenommen hatte, räumte mir niemand allzu große Chancen ein", gesteht Nadia. Doch sowohl den landesweiten Wettkampf hat sie gewonnen, als auch die Quizrunde, die es heuer überraschenderweise für die beiden Erstplatzierten bei der Europameisterschaft zu bewältigen galt. "Ich hab mich gar nicht richtig über den ersten Platz gefreut, als ich erfahren hab, dass wir noch eine Fragerunde überstehen sollten."

Nadia Kritzinger mit Pokal und Hauptpreis. Foto: SBJ

Dafür freut sie sich nun umso mehr über den Hauptpreis: Einen Lintrac 90 darf sie als Europameistern für ein ganzes Jahr lang fahren, Betriebs- und Benzinkosten inklusive. "Mein Chef kann es kaum erwarten den Traktor am Hof einzusetzen", schmunzelt Nadia - das Arbeitsfahrzeug wird gebraucht. Das letzte Mähen steht noch an und auch der Mais muss noch eingebracht werden.

Wie stellt sie sich ihre Zukunft vor? "Ich möchte sehr gerne in der Landwirtschaft bleiben, aber auch abseits vom Kompatscherhof Erfahrung sammeln. Es ist jedoch schwierig, etwas zu finden. Prinzipiell", gibt die 22-Jährige zu. Doch kann sie nachvollziehen, dass sich vor allem durch die Krise viele junge Leute für die Landwirtschaft entscheiden: "Ich glaube, das wird auch in Zukunft mehr werden, dass wir uns rückbesinnen. Wir haben uns eingestehen müssen, dass es so wie bisher einfach nicht weitergehen konnte. Die Kosten für Lebensmittel steigen an und gleichzeitig wird so viel umsonst produziert und dann weggeworfen." Doch hinter dem Leben in der Landwirtschaft verbirgt sich mehr als die romantische Vorstellung vom Eins-Werden mit der Natur. "Es bringt nichts, wenn man nicht fleißig ist und kein Interesse und Freude für den Beruf mitbringt", gibt Nadia, die selbst jeden Tag um 5 Uhr früh aufsteht, zu bedenken.

Der Südtiroler Bauernbund hat erst vor kurzem die Auswertung einer Umfrage veröffentlicht, bei der nach dem Image der Bauern und Bäuerinnen gefragt wurde. Ein Ergebnis: Die jungen Leute stehen den LandwirtInnen skeptischer gegenüber als der Rest der Gesellschaft. "Also in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bin ich nie mit irgendwelchen Vorurteilen oder blöden Sprüchen konfrontiert worden. Außerdem, wie will jemand in Zukunft weiterleben, wenn er den Berufen in der Landwirtschaft gegenüber negativ eingestellt ist?", fragt sich Nadia und spielt auf die verantwortungsvolle Rolle, die die Landwirtschaft und alle in dem Bereich Tätigen etwa in der Sicherstellung der Nahrung und der Landschaftspflege einnehmen, an. Dieser Verantwortung will sich die Völserin auch zukünftig nicht entziehen: "Ein eigener Hof, das wäre wirklich schön. Aber dafür muss ich erst einmal den Richtigen finden", lacht sie.

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