Ausverkauf der Alpen
Die Grünen haben genug. Und wie es scheint, sind sie damit nicht allein. Eine Seilbahn am Rosengarten, ein Glasturm mit Aussichtsplattform, die neue Seilbahn in Tiers. Die Liste der invasiven Einschnitte in die Natur, um große Infrastrukturprojekte zu ermöglichen, wird lang und länger. Und die Kritik, die die Alpenverereine (CAI & AVS), der Dachverband für Natur und Umweltschutz und andere Stimmen aus Politik und Gesellschaft an der Zementierung der Alpen äußern, wird immer lauter. Gleichzeitig werden Ansichtskarten mit Blumenwiesen in alle Welt versandt und Nachhaltigkeit auf die Werbebroschüre einer jeden Großveranstaltung geschrieben.
"È tutto troppo. Es ist zu viel", gibt die Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa bei der heutigen Pressekonferenz der Grünen zu bedenken. Große Veranstaltungen und Infrastrukturprojekte in den Bergen stellen eine enorme Belastung für Bevölkerung und Umwelt dar, die so nicht mehr hingenommen werden könnten und die im Ausland propagierte Naturlandschaft werde zusehends zerstört: "Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht. Wir müssen von der Ausbeutung der Natur auf deren Unterstützung umstellen. Und zwar in allen Aspekten."
Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht. Wir müssen von der Ausbeutung der Natur auf deren Unterstützung umstellen.
Genau darum dreht sich die Landtagsarbeit der Grünen in den rund 26 Anfragen und Anträgen, die die Grünen dieses Jahr zum Thema gestellt haben und zu denen sich diese Woche zwei weitere Beschlussanträge gesellen: Einerseits sollen der Bau eines Speicherbeckens und andere umweltschädliche Interventionen für das Gebiet Puflatsch und ökologisch ähnliche Standorte im Naturschutzgebiet der Seiser Alm verhindert werden. Andererseits soll die Veranstaltung von Großevents - wie sie beispielsweise die Olympischen Spiele 2026 in Antholz oder die geplante Ski-WM in Gröden 2029 sind - im Vorfeld unter transparenten Bedingungen mit der Bevölkerung abgesprochen werden.
Vom Kleinen…
In Puflatsch, einem Naturschutzgebiet auf der Seiser Alm, das für seinen Artenreichtum bekannt ist, soll ein Speicherbecken mit einem Fassungsvermögen von rund 82.000 Kubikmetern entstehen. Um die Beschneiung der Skipisten zu ermöglichen, würden wichtige Kernbereiche einer europaweit einzigartigen Orchideen-Population – den bunten Puflatsch-Brunellen oder Kohlröschen – zerstört und somit einen Großteil des Brunellenbestands gefährden. Der Erstunterzeichner Hanspeter Staffler und seine Grünen Landtagskollegen wehren sich vehement gegen dieses Vorhaben: “In ganz Europa reden wir über Artenschutz und in Südtirol werden Naturschutzgebiete für ein Speicherbecken zerstört”, so Staffler. Er fordert einerseits den Nutzen dieser Speicherbecken zu überdenken und gleichzeitig - wenn denn schon ein Speicherbecken gebaut werden muss - ökologisch sensible Zonen wie Puflatsch für solche und ähnliche Vorhaben kategorisch auszuschließen. Der Beschlussantrag soll noch diese Woche in der November-Sitzung des Landtags diskutiert werden.
...zum Großen
In einem zweiten Beschlussantrag richten die Grünen das Augenmerk vom Schutz der kleinen Kohlröschen auf die Verteidigung der Bergregion; die Verteidigung vor jener Last, die Großevents für Mensch und Umwelt mit sich bringen. “Auch wenn Nachhaltigkeit mittlerweile auf jede Veranstaltung geschrieben wird, bergen Großevents immense Kosten für die Bevölkerung und die Natur, die sie umgibt”, so Foppa. Als Beispiel nennt sie die Olympischen Spiele 2026 in Antholz, bei denen anfangs - wie Landeshauptmann Arno Kompatscher 2019 erklärte - überhaupt keine infrastrukturellen Eingriffe nötig hätten sein sollen, nun aber Zufahrtsstraßen gebaut, erweitert und angepasst werden, unterirdische Verbindungswege für Athleten aufgeschürft und neue Beschneiungsanlagen errichtet werden. Ähnliche Szenarien könnten durch Grödens Kandidatur für die Ski-WM 2029 auf Südtirol zukommen.
Um zu verhindern, dass solche oder ähnliche Events und deren Folgen von oben auf die Bevölkerung “aufgedrückt” werden, so Foppa, fordern die Grünen eine transparente und vorausschauende Kommunikation und die Miteinbeziehung der lokalen Bevölkerung in die Entscheidungen rund um die Kandidaturen für Großveranstaltungen: “Die lokale Bevölkerung hat das Recht, in transparenter Art und Weise zu erfahren, was auf sie zukommt, bevor über die Austragung der Veranstaltung entschieden wird. Und zum zweiten muss in klar strukturierten Beteiligungsprozessen die Entscheidung vorbereitet, entwickelt und gestaltet und den Erwartungen und Bedingungen der lokalen Bevölkerung angepasst werden”, heißt es im Beschlussantrag der Grünen.
Gute und vorausgedachte
Gute und vorausgedachte Ansätze der Grünen; aber die Landesregierung wird mit den üblichen Ausreden auch diese Beschlussanträge versenken und hinterher von Nachhaltigkeit predigen.
Wo bleibt denn LR* Hochgruber
Wo bleibt denn LR* Hochgruber-Kuenzer? Jegliche Art von Kulturgut best möglich zu schützen und zu erhalten, gehört zur langen Liste ihrer Zuständigkeiten... Offensichtlich fehlt es an ausreichenden Kompetenzen, vor allem aber am Willen, irreversible Eingriffe in Landschaften/Ortschaften zu verhindern, und somit den geldgierigen Grössenwahn zu stoppen. Wo ein Wille, da ein Weg.
Antwort auf Wo bleibt denn LR* Hochgruber von Elisabeth Garber
Der Landeshauptmann hat sich
Der Landeshauptmann hat sich ein eigenes Ressort geschaffen. Schön! https://nachhaltigkeit.provinz.bz.it/de/das-projekt
Solange man in der Zahl der
Solange man in der Zahl der Nächtigungen, in Großprojekten und Massenveranstaltungen, in grenzenlosem Wachstum die glückliche Zukunft unseres Landes sieht, werden Umwelt- und Klimaschutz keine Zukunft haben, da mögen die verantwortlichen Herren das Wort „nachhaltig“ noch so oft in den Mund nehmen und missbrauchen. Und eine Politik, die die Mitsprache der Bevölkerung ignoriert, wirkt an der Seite der Wirtschaft eifrig am Ausverkauf der Alpen mit.