Politik | Verkehr/Bauwesen

Sichere Baustellen, freie Autobahn

Lediglich mehr Bürokratie! So lautet das Urteil der Süd-Tiroler Freiheit zum Baustellenpunkteführerschein für mehr Arbeitssicherheit. Indes müsse in den Augen der Partei auch das Mautsystem der A22 überarbeitet werden.
Abgeordnete Süd-Tiroler Freiheit
Foto: Facebook: Süd-Tiroler Freiheit
  • Pünktlich zur Landtagswoche im September meldet sich die Süd-Tiroler Freiheit mit gleich zwei Begehrensanträgen zurück. Der erste der beiden betrifft das ab ersten Oktober inkrafttretende italienische Gesetz für einen Punkteführerschein auf Baustellen, mit dem mehr Arbeitssicherheit erreicht werden soll. Der Süd-Tiroler Freiheit zufolge handelt es sich bei dem Vorhaben lediglich um eine weitere bürokratische und wirtschaftliche Belastung für kleine Unternehmen. Die Partei fordert deshalb, dass die Durchsetzbarkeit der bestehenden Vorschriften und größere Anstrengungen zur Verbreitung einer Sicherheitskultur angestrebt werden.

     

    „Anstatt Unfälle im Nachhinein zu bestrafen, muss mehr auf Prävention gesetzt werden.“


    Landtagsabgeordneter Sven Knoll: „Anstatt Unfälle im Nachhinein zu bestrafen, muss mehr auf Prävention gesetzt werden.“ Der Süd-Tiroler Freiheit zufolge müssten praktische Sicherheitsvorkehrungen in den Mittelpunkt gestellt werden, wie es in Deutschland und Österreich bereits der Fall sei. Dort würden nur grobe Sicherheitsmängel unmittelbar sanktioniert werden, für alles andere würde eine Frist zur Richtigstellung festgelegt. Des Weiteren müssten Weiterbildungskurse praxisbezogener werden da die Informationen den Kursteilnehmern so mehr im Gedächtnis blieben, als bei umfangreichen und langweilendenen Theoriekursen. Knoll unterstreicht, dass auch ein Unterschied zwischen Südtirol und dem restlichen Italien beachtet werden müsse: „Hierzulande fließen die zahlreichen Unfälle in der Berglandwirtschaft in die Statistik der Arbeitsunfälle ein und verfälschen diese. Außerdem sind auch die Baustellen in Südtirol nicht mit dem restlichen Italien zu vergleichen.“ 
    Die Forderung der weiß-roten Politiker lautet deshalb, dass der Südtiroler Landtag bei den zuständigen Stellen in Rom zu intervenieren, um die Einführung des Punkteführerscheins zu verhindern, oder, in untergeordneter Hinsicht, die negativen Auswirkungen auf Kleinst- und Kleinunternehmen einzudämmen, sowie die Zuständigkeit für Arbeitssicherheit nach Südtirol zu holen.

  • Begehrensantrag: Die Süd-Tiroler Freiheit sieht im Punkteführerschein lediglich mehr Bürokratie. Foto: Süd-Tiroler Freiheit
  • Der Hintergrund

    Ab Oktober ist in Italien ein Punkteführerschein für Unternehmen und Selbstständige, die auf temporären oder mobilen Baustellen arbeiten, vorgesehen. Der Führerschein wird digital vom nationalen Arbeitsinspektorat mit einer Anfangspunktzahl von 30 Punkten ausgestellt. Es besteht die Möglichkeit, zusätzliche Punkte zu erlangen. Dabei wird nicht nur die Unternehmenshistorie anerkannt, sondern auch die von den Unternehmen in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit durchgeführten Maßnahmen und Investitionen werden berücksichtigt. Die maximale Punktezahl lautet 100 Punkte. Um auf einer Baustelle arbeiten zu dürfen, sind mindestens 15 Punkte nötig.

    Ein Unternehmen verliert Punkte, wenn gegen die Arbeitgeber, Führungskräfte und Beauftragten des Unternehmens oder die Selbstständigen endgültige Sanktionen, also rechtskräftige Urteile und Strafbefehle, verhängt werden. Zudem kann das Arbeitsinspektorat den Führerschein bis zu 12 Monate vorsorglich aussetzen, wenn auf den Baustellen Unfälle passieren, die zum Tod eines Arbeitnehmers oder zu einer dauerhaften, absoluten oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit führen. Wer die Schwelle von 15 Punkten unterschreitet, darf lediglich die Arbeiten fertigstellen, aber keine neuen Bauarbeiten mehr beginnen. Dabei müssen die bereits angefangenen Arbeiten zu mindestens 30 Prozent des Auftragswertes fertiggestellt sein.

  • Punkteführerschein: Unternehmen mit zu wenigen Punkten werden sanktioniert. Foto: Ümit Yıldırım / Unsplash
  • Die Arbeiten sind auch dann einzustellen, wenn eine entsprechende Verfügung vom Arbeitsinspektorat erlassen wird. Bei Fehlen des Führerscheins oder zu geringer Punktezahl muss das Unternehmen mit Verwaltungsstrafen in Höhe von 6.000 bis 12.000 Euro und dem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für sechs Monate rechnen. Die Ausstellung des Führerscheins ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, wie die Erfüllung der Ausbildungspflichten im Bereich Arbeitssicherheit durch die Beschäftigten, den Besitz eines gültigen Einheitsdokuments zur Beitragsregelmäßigkeit (DURC) und den Besitz eines Risikobewertungsdokuments (DVR). Die Bauherren oder der Verantwortliche der Arbeiten müssen zukünftig auch vor Beginn der Arbeiten überprüfen, ob die beauftragten Unternehmen/Selbstständigen im Besitz der erforderlichen Qualifikation sind (gültiger Punkteführerschein oder SOA-Zertifizierung). Große Unternehmen, welche bereits über ein SOA-Qualifikationszertifikat der Klasse III oder höher verfügen, sind von den Vorschriften ausgenommen.

  • Die Autobahn renaturieren

    In ihrem zweiten Antrag, eingebracht vom Landtagsabgeordneten Bernhard Zimmerhofer, spricht sich die weiß-rote Fraktion für den Rückbau der Mautstationen und die Einführung „zeitgemäßer“ Zahlensysteme aus. Die Situation an Südtirols Mautstationen, in Sterzing zum Beispiel, sei Zimmerhofer zufolge nicht mehr tragbar. Es komme regelmäßig zu langen Staus, ganz besonders in der Hochsaison und an den Wochenenden. „Nicht zu vergessen der enorme Boden- und Kulturgrundverbrauch, der von den großen Mautstellen verursacht wurde“, so Zimmerhofer. Die beim Rückbau gewonnene Fläche solle renaturiert werden.

     

    „Man kann sich das Ganze wie ein Telepass-System vorstellen.“


    Deshalb gelte es, die Rahmenbedingungen für einen flüssigen Durchzugsverkehr und für weniger Behinderungen zu schaffen. Die bestehenden Mautstationen sollten zurückgebaut und durch ein zeitgemäßes Mauteinhebungssystem (in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesland Tirol) ersetzt werden. Konkret denkt die Süd-Tiroler Freiheit an ein sogenanntes „Freeflow-System“, wie es auch in Frankreich demnächst zum Einsatz kommen soll. „Man kann sich das Ganze wie ein Telepass-System vorstellen. Bei der Einfahrt auf die Autobahn wird das Fahrzeug registriert. Beim Verlassen wird der Betrag automatisch vom Konto des Fahrers abgebucht“, erklärt Zimmerhofer. Touristen müssten sich im Voraus in das System eintragen.
    In ihrem Antrag fordert die Süd-Tiroler Freiheit vom Südtiroler Landtag, dass dieser bei den zuständigen Stellen die Übertragung der Zuständigkeit zur Mauteinhebung in Südtirol erlangt, die Autobahn AG zum Rückbau der Mautstationen auf ein unbedingt notwendiges Ausmaß auffordert und gleichzeitig sicherstellt, dass das Arbeitsverhältnis der dort Angestellten erhalten bleibt und ein neues System der Mauteinhebung wie Videomaut, Vignette oder ähnliches einführt.

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Manfred Klotz Do., 12.09.2024 - 08:27

Knoll: „Hierzulande fließen die zahlreichen Unfälle in der Berglandwirtschaft in die Statistik der Arbeitsunfälle ein und verfälschen diese." Echt jetzt? Also ist Landwirtschaft auf dem Berg keine Arbeit? Wenn es keine Arbeit ist, kann es nur Freizeitbeschäftigung sein. Weshalb fördert man diese aber dann mit öffentlichen Geldern?
Knoll ist einfach unfähig.

Do., 12.09.2024 - 08:27 Permalink