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Politik | Klima-u. Naturschutz

Gesunden Wald opfern für Speicherbecken

Wenn aufgrund des menschengemachten Klimawandels längere Trockenperioden zu befürchten sind und Bewässerungswasser rationiert wird, werden Obst- und Weinbauern hellwach.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Neues Speicherbecken bei Salobbi im Nonstal. Das Speicherbecken Rastenbach wird größer.
Foto: Hanna Battisti
  • Südtirol ist ein Fruchtgarten und soll es auch bleiben. Für die Optimierung der Bewässerung werden überall am Südhang der Alpen künftig neue Speicherbecken wohl unverzichtbar sein. Doch wie, wo und auf wessen Kosten sollen solche Reservoirs angelegt werden?

    In der Gemeinde Kaltern ist man beim Standort solcher neuer Speicherbecken schon fündig geworden und will rasch Fakten schaffen. Im Naherholungsgebiet Rastenbach in Altenburg sollen zwei Speicherbecken, ein weiteres im Tröpfeltal bei Matschatsch und eines im Bärental im Schutzgebiet Montiggler Wald entstehen. Das größte Becken „Rastenbach“ wird 6 Hektar mit 9 m Dammaufschüttung umfassen, das kleinere „Bärental“ 3,8 ha mit 13 m Dammaufschüttung. Zur Wasserfläche kommen noch Zufahrtswege, Rohrleitungen, Hubschrauberlandeplätze. Weil sich die Gesamtfläche auf 14 Hektar beläuft, müsste viel wertvoller Buchen- und Mischwald weichen. Ein Wandergebiet rund um den Friedensweg würde nachhaltig beeinträchtigt, eine fürs Klima wichtige CO2-Senke unwiederbringlich zerstört, und das für private Interessen.

    Speicherbecken im Südtiroler Stil sind tote Wasserflächen, mit Plastikfolie und Schotter abgedichtet, mit Maschendraht eingezäunt, weder für Mensch noch für Tier zugänglich. Es gibt dort keinen Schilf- und Pflanzgürtel wie bei einem Weiher als Rückzugsort für Vögel, Amphibien und Kleinlebewesen, kein Platz für Fische und auch keine Bademöglichkeiten und Liegewiesen für Erholungssuchende. Speicherbecken könnten zwar naturnäher gestaltet werden, doch in den für Kaltern vorgesehenen Projekten sind nur einige Alibi-Pflanzen am Ufer vorgesehen, während 14 Hektar gesunde Waldfläche gerodet werden müsste. Die vorgeschlagene Renaturierung eines bestehenden Waldstücks im Frühlingstal und der Ankauf von Wald auf Traminer Gemeindegebiet wären keine ausreichenden Ausgleichsmaßnahmen zu diesem gravierenden Eingriff in unberührten Wald.

    Warum soll so viel intakte Natur für die Produktion von Obst und Wein geopfert werden? Gibt es nicht in der Talsohle oder am Hang geeignete Agrarflächen für diesen Zweck? Ja, in Altenburg gäbe es solche Obstwiesen. Warum kauft die Gemeinde Kaltern statt bestehenden Wald auf Traminer Gebiet nicht einige Hektar dieser Wiesen für en Speicherbecken? Wasserreservoire ließen sich auch auf der Talsohle, in den Mösern, durch Erweiterung bestehender Gräben anlegen, die nur gegen Versickerung und Verdunstung geschützt werden müssten. Zudem gäbe es das große und ungenutzte Areal des Munitionsdepots beim Kalterer See, seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf. Beide Standorte könnten auch mit Etschwasser versorgt werden statt Gebirgsbäche abzuleiten. 

    Die Bauern scheinen den bequemsten und für sie billigsten Weg gehen zu wollen. Nur sie profitieren von solchen Becken, denn als Löschweiher können auch weit kleinere, dezentral angelegte Weiher dienen. Wenn sie dieses Wasser benötigen, warum nicht selbst einige Hektar Wiesen bereitstellen, ohne die Gemeinde zu zwingen, mit Steuergeld Wald in der Nachbargemeinde anzukaufen? In der Gemeinde Eppan haben Bauern mindestens so viel Grund dem Golfsport geopfert: das war nur eine Frage des Preises. Warum soll gerade in Zeiten des Klimawandels und riesiger Waldschäden durch den Borkenkäfer wertvoller Wald eines öffentlichen Erholungsgebietes Erwerbsinteressen weichen? Hier steht das Recht der Allgemeinheit auf intakte Natur auf dem Spiel. 

    Auch für den Klimaschutz sind solche Speicher kontraproduktiv. Apfel- und Weinbau absorbiert laut Studien nicht mehr CO2 als die Herstellung von Wein und Obst produziert. Wälder und Waldboden sind hingegen eine wertvolle Netto-CO2-Senke. Für konsequenten Klimaschutz muss nicht nur gesunder Wald geschont werden, sondern möglichst viel im Talboden renaturiert werden. Dieser gravierende Raubbau an öffentlichem Eigentum kann noch verhindert werden, wenn sich die Bevölkerung über Kaltern hinaus rechtzeitig und beherzt zur Wehr setzt, notfalls mithilfe direkter Demokratie.