Politik | Landtag

Ötzi bleibt – vorerst

Bevor das Ötzi-Museum verlegt wird, muss eine penible Analyse der Auswirkungen durchgeführt werden. Das hat der Landtag beschlossen – gegen den Willen der Mehrheit.
Schlange vor Ötzimuseum
Foto: Hannes Prousch

Überraschung im Landtag: Am Donnerstag Nachmittag wurde ein Beschlussantrag genehmigt, mit dem “keine Verschiebung des Ötzi-Museums ohne nachgewiesene gesamtwirtschaftliche Vorteile für die gesamte Stadt Bozen” gefordert wurde. Eingereicht hatte ihn das Team Köllensperger. Angenommen wurde er, weil die Opposition geschlossen dafür stimmte – und der Mehrheit die nötigen Stimmen fehlten, um ihn abzuschmettern.

 

Penible Analyse

Es sei kein Antrag gegen Benko bzw. eine mögliche Verlegung des Museums auf den Virgl, stellte Paul Köllensperger als Erstunterzeichner des Beschlussantrages eingangs klar. Vielmehr gehe es um die Stadt Bozen. Er verwies auf die vom hds in Auftrag gegebene Studie zu den Auswirkungen einer Verlegung auf den Virgl: “Die Hauptergebnisse sehen zum einen eine negative Auswirkung auf die Touristenfrequenz in der Innenstadt von bis zu 20 Prozent zugunsten der Achse Südtiroler Straße und zum anderen eine massive Abnahme der allgemeinen Frequenz rund um den Waltherplatz”, so Köllensperger. Und da Ötzi “bei weitem der wichtigste Anziehungspunkt Bozens” sei und die Besucherströme seinem Standort folgen würden, “könnte man auch überlegen, bisher benachteiligte Zonen zu berücksichtigen”. Entsprechend die Forderung des Team K: Die Landesregierung möge verpflichtet werden:

  1. die Entscheidung bezüglich einer möglichen Umsiedlung des Ötzi-Museums nur im Rahmen einer langfristigen Vision für die Stadt als Ganze vorzunehmen, und nur anhand wissenschaftlich fundierter und unabhängiger Analysen, wie z. B. einer Standortanalyse, welche Passantenströme und ökonomische Auswirkungen auf die anderen Stadtviertel bewertet, sowie urbanistischer, musealer und kultureller Kriterien;
  2. das Ötzi-Museum auf jeden Fall in seiner heutigen Umgebung zu belassen solange keine solche Studie erstellt wurde;
  3. auch nach Erstellung der Studie, das Ötzi-Museum bis auf weiteres in seiner heutigen Umgebung zu belassen falls anhand der vorliegenden Projekte kein gesamtwirtschaftlicher Vorteil für die ganze Stadt entsteht.

Im Laufe der Debatte kündigten die Vertreter sämtlicher Oppositionsparteien ihre Unterstützung an. Während die Fraktionssprecher der beiden Regierungsparteien Ablehnung signalisierten. Der Antrag folge zu sehr der Logik “für oder gegen jemanden”, meinte Carlo Vettori (Lega). Und Gert Lanz (SVP) bezeichnete den Antrag als “nicht zielführend”, da davon auszugehen sei, dass die Verantwortlichen für das Auswahlverfahren zum neuen Standort für das Ötzi-Museum die aufgelisteten Faktoren ohnehin berücksichtigen würden.

 

Die Pläne der Landesregierung

In dieselbe Kerbe schlug Arno Kompatscher in seiner Replik. Als für die Museen zuständiger Landesrat zeichnete er kurz die Vorgeschichte der Museums-Verlegung und die Vision eines Museumsquartiers für Archäologie- und Stadtmuseum nach und berichtete über die jüngste Entscheidung in der Landesregierung. Am Dienstag wurde dort beschlossen, bis Ende des Sommers eine Entscheidung zu treffen. In der Zwischenzeit sollen die über die unverbindliche Marktrecherche eingegangenen Vorschläge – jenes von René Benkos Signa-Tochter Viva Virgolo AG und jenes der Athesiagruppe, aber auch das nicht berücksichtigte von Pietro Tosolini – geprüft und bewertet werden. Ebenso wie alle sonstigen umsetzbaren Ideen und Vorschläge. Und zwar gemeinsam mit der Stadtgemeinde Bozen, Experten und externen Fachleuten. Nach der Bewertung und Entscheidung zum Standort soll ein Konzept für das Museumsquartier erstellt und anschließend ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden.

“Der Fokus bei der Auswahl liegt auf der Qualität”, so der Landeshauptmann, “und zwar hinsichtlich des vorgeschlagenen Standortes, der Erreichbarkeit, der Auswirkungen auf die Stadt, sowohl was die Verkehrsflüsse, als auch was die Besucherströmen angeht, der Belebung des historischen Zentrums sowie der Attraktivität und natürlich auch des Museumskonzepts selbst”.

Vor diesem Hintergrund sei Köllenspergers Beschlussantrag “hinfällig”. Das, was darin gefordert werde, “tun wir schon längst”, meinte Kompatscher am Donnerstag Nachmittag.

Ziel der Landesregierung bei ihrer Entscheidungsfindung bleibe “die Aufwertung der Stadt Bozen und des historischen Zentrums”. (Arno Kompatscher)

 

Überraschend knappes Ja

Er sehe da keinen Widerspruch, konterte Paul Köllensperger. Alles, was er fordere, sei “eine aufmerksame Vorgangsweise” bei der Auswahl des neuen Standortes – und, dass man sich Zeit nehme, um “die Auswirkungen auf die Stadt grundlegend zu analysieren”.

“Klargestellt sei, dass wir absolut für eine Aufwertung und Revitalisierung des Virgls sind. Die aber muss der gesamten Stadt und ihren Bewohnern einen Mehrwert bringen und nicht zum Nachteil anderer Stadtviertel sein.” (Paul Köllensperger)

Die Prämissen des Antrags wurden schließlich mit 17 Nein, 11 Ja und 3 Enthaltungen abgelehnt. Der verpflichtende Teil aber ging mit 16 Ja und 15 Nein durch. Weil nur 15 der 16 oppositionellen Landtagsabgeordneten anwesend waren – Diego Nicolini (M5S) fehlte entschuldigt –, bedeutet das, dass ein Mehrheitsvertreter für Köllenspergers Antrag gestimmt hat. Außerdem scheint eine Stimme der Mehrheit, die 17 der 32 anwesenden Abgeordneten stellte, beim Votum verloren gegangen zu sein (bei Stimmengleichheit hätte der Antrag als abgelehnt gegolten). Ausschlaggebend dafür, dass der Antrag angenommen wurde, war aber wohl, dass die Landesräte Waltraud Deeg und Philipp Achammer bei der Abstimmung fehlten. Sie waren beide entschuldigt abwesend.