Wegemaut 2.0
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Ein Sommerabend im Jahr 2045. Zwei Grundbesitzer treffen sich auf ihrer Alm in den Südtiroler Dolomiten, wo sie vor zwanzig Jahren die erste Wegemaut seit dem Ende der Monarchie eingehoben hatten. Das wurde zwar von den Behörden aus dem Tal umgehend beeinsprucht, doch auf lange Sicht konnten sich die beiden Tourismuspioniere durchsetzen. Mittlerweile gibt es in den Alpen kaum noch Wanderwege, die kostenlos begehbar sind. Betrug die Wegemaut ursprünglich noch 5 Euro, ist sie nun auf 100 Euro pro angefangener Stunde angestiegen.
Mautner 1 : „Hoi, wia hascht es heit?“
Mautner 2: „Geht guat. I tua lei amal schaugn, wia´s mit unserm Gästeleitsystem geat. Kannscht die no erinnern, wia mia vor zwanz´g Jahr mit dem oanfachen Drehkreiz angfangen habn? War ja nur a Atrappe. Mir habn händisch kassiert, aber ins schon damals dumm und deppert verdient“
Beide lachen laut auf.
Mautner 1: „Sel wol! Da habn´s alle gschaug. Groaßer Aufschrei im ganzen Land. Aber gegn ins getun haben sie am End´ nicht.“
Mautner 2: „Zwoa Jahr drauf hamma dann schun auf zwoaspurig ausgebaut. Die erschte Spur für die Rollatorfahrer, díe zwoate für die Wanderer.“
Kurze Pause
Mautner 1: „Die beschte Idee warn die Mulitfunktionsstationen. Alle 500 Meter. Der Tourismusberater hat ausg´rechnet, dass die Wanderer im Durchschnitt bei jeda zwoaten Station stehenbleiben. Die oanen trinken a Schnapserl, die anderen tuan ihr Handy bei der kostenpflichtigen Stromtankstelle aufladen. Außerdem hamma jetz bei jeder Station einen Servicetechniker, der die Wanderstöck´ auf die richtige Läng´ einstellt. Kostet 10 Euro pro Stock.“
Pause
Mautner 1: „Du, bald hamma Grundeigentümerversammlung. Du kommscht eh und tuascht mein Vorschlag für die Erweiterung unterstützen, gell? Wir brauchen die dritte Spur für die Mountainbiker. Grad gestern hat an Rollatorfahrer an anderen überholt und isch dabei von an Mountainbiker von hinten abg´schossen worden. Im Bozener Krankenhaus wolln sie unsere Gäst´ scho nimma versorgen, weil sie gar immer so letz eingliefert werdn.“
Mautner 2: „Jaja, des mach ma. Dafür unterstützt du die Lawinengalerie, damit mia endlich an Ganzjahresbetrieb mit regelmäßigen Einnahmen hab´n, gell?“
Beide sitzen noch eine Zeitlang selig neben dem alten Drehkreuz, Baujahr 2025. Nach einer Weile gehen sie ab.