Gesellschaft | Charme-Offensive

Mehr als Speck und Privilegien

Arrogant, überheblich, privilegiert – das Bild, das die Italiener von Südtirol haben, will das Land korrigieren. Mit der Botschaft: “Wir sind nicht besser, aber anders.”
Speck und Berge
Foto: Südtirolfoto/Helmuth Rier

Am Anfang stehen Vorurteile: Überheblich und arrogant, und vor allem privilegiert. Dieses Bild hat das restliche Italien – Trentino ausgenommen – von den Südtirolern. So eine weitläufige Meinung – die nun belegt ist. Mit einer Umfrage, die die Landesagentur für Presse und Kommunikation in Auftrag gegeben hat, wollte das Mailänder Markforschungsinstitut Astarea wissen: Wie ist es um das Bild Südtirols in Italien bestellt?
Die Umfrageergebnisse bilden die Grundlage für eine offensive Charme-Kampagne des Landes, um das Image Südtirols aufzupolieren. “Der gute Name Südtirols in Italien” oder auch “Der gute Ruf der Autonomie” nennt sich das Konzept, das der Leiter der Landesagentur, Marco Pappalardo am Donnerstag Vormittag im Landtag präsentierte.

Zuvor aber wartete Laura Cantoni, Marktforscherin bei Astarea, mit den Resultaten der Umfrage auf. Hier einige davon:

  • Wenn Italiener an Südtirol denken, fällt ihnen zunächst die atemberaubende Landschaft ein, die gesunde und erholsame Umgebung, die Ordnung und Sauberkeit.
  • 82 Prozent der Befragten – insgesamt wurden 600 Personen befragt – wissen, dass Trentino-Süditrol eine Region mit Sonderautonomie ist, aber nur ein Drittel davon weiß, was das bedeutet.
  • Ein Drittel der Befragten weiß nicht, dass zwei Provinzen die Region Trentino-Südtirol bilden bzw. welche zwei Provinzen.
  • 60 Prozent wissen nicht, dass “Alto Adige” auch “Südtirol” heißt.
  • 40 Prozent der Befragten waren noch nie hier.
  • Wer schon einmal in Südtirol war, schätzt besonders die Ruhe, die Möglichkeiten, Sport auszuüben, die Natur und das Panorama.
  • Wer noch nie hier war, begründete das unter anderem mit hohen Preisen, der Entfernung, Elitetourismus und Mangel an Alternativen zum Bergerlebnis.
  • Als unsympathisch wird an Südtirol auch die geringe Bereitschaft zum (sprachlichen) Entgegenkommen bemerkt, der Perfektionismus und die Aura von Überlegenheit, die Besuchern vermittelt werde.
  • Im Vergleich zu den Trentinern werden Südtiroler als älter, etwas weniger sympathisch, introvertierter, egoistischer, ethischer, weniger gesellig und traditioneller, strenger und weniger gastfreundlich wahrgenommen.
  • Als Tourismusdestination wird Südtirol eher als exklusiv – etwa, dass deutsche Gäste lieber gesehen werden – und selektiv, weniger serviceorientiert gesehen.
  • Das Trentino wird als deutlich günstiger erlebt und auch als Territorium, wo die Aufmerksamkeit für den Gast höher ist.
  • 62 Prozent geben an, sich in Südtirol im Ausland zu fühlen.
  • Insgesamt wird Südtirol als anders wahrgenommen, als an seiner Identität festhaltend und sehr selbstbewusst. Bemängelt wird, dass es schwierig sei, mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten.

 

Bescheiden zurechtrücken

 

“Ein wunderschönes Land mit Privilegien.” So fasst Marco Pappalardo das Image Südtirols unter den Italienern zusammen. Das Bild der überheblich und arrogant wirkenden Südtiroler würde sich in Krisenzeiten verschärfen, insbesondere in Zeiten, “in denen nicht alle Stimmen, die das Land verlassen und dieses Bild verbreiten, kontrolliert werden können” – “Neid und Missgunst steigen”, so Pappalardos Schlussfolgerung. Wie nun dieses Bild zurechtrücken? Die Strategie der Landesagentur für Presse und Kommunikation ist: Die Vielfalt Südtirols unterstreichen und mit einem gesundem Stolz verbinden.

 

“Das Bild von der schönen Landschaft, von Sauberkeit, Effizienz, Tradition und Folklore muss positiv vermittelt werden”, erklärt Pappalardo den Ansatz. Nicht als “Streber, der sich isoliert”, sondern als “Klassenbester, der andere mitnimmt” soll Südtirol den Italienern präsentiert werden.
Von heute auf morgen ist das nicht zu schaffen. Die Herausforderung sei, “das Bild mit klaren Botschaften in einem längerfristigen Prozess” zu ändern. Der Minderheiten- und Sprachschutz sei als Reichtum zu vermitteln, die Brückenfunktion und das Bild vom “kleinen Europa in Europa” immer wieder zu verbreiten. “In aller Bescheidenheit, ohne Arroganz und Überheblichkeit!”, unterstreicht Pappalardo – dem Bild vom arroganten Südtiroler müsse man jenes des solidarischen Südtirols entgegensetzen.

 

Propagandamaschine soft

 

Dabei setzt man auf zweierlei Schienen: Eine PR-Agentur wird beauftragt, “Geschichten zu erzählen”: über die Autonomie als Grundlage des Südtirols, wie es heute ist, über das Verantwortungsbewusstsein, das daraus resultiert und die Kompetenzfelder, die das Land auszeichnen. Außerdem will man “andere über uns reden” lassen: Südtiroler Persönlichkeiten und solche, die einen Bezug zum Land haben sollen die Botschaft vom “anderen, aber deshalb nicht besseren” Südtirol nach Italien tragen.

“Wir sind nicht besser, sondern anders – und diese Botschaft muss positiv besetzt werden”, betont auch Landeshauptmann Arno Kompatscher. Schließlich sei das Anders-Sein “Grundlage und Rechtfertigung für unsere Autonomie”. “Es geht nicht um Propaganda, um eine Millionenkampagne, sondern darum, positive und wahre Geschichten über dieses Land zu erzählen, positive und wahre Geschichten”, so Kompatscher. Nach dem Credo: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.