Politik | SVP
Kletterroute 8+
Foto: OberalpSalewa
Das neue Gesicht der Partei zeigt sich bereits an der Wahl der Location.
Wenn sich am kommenden Montagabend die Ortsobfrauen und Ortsobmänner, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und die Mitglieder des SVP-Parteiausschusses zur Klausur treffen, dann nicht etwa – wie bisher – im nüchternen Bürgersaal von Nals, sondern in der futuristisch anmutenden Salewa World in Bozen Süd.
Es wird der erste große Auftritt der in den vergangenen Wochen ins Leben gerufenen „Zukunftswerkstatt SVP“. Dazu haben das Duo Philipp Achammer und Stefan Premstaller einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, der einen nachhaltigen Umbau der SVP-Parteistruktur beinhaltet, sowie den strukturellen Umbau der alten Dame in eine moderne, telematisch vernetzte Partei.
„Wir übermitteln euch aus diesem Grund in stichwortartiger Form vorab – mit dem Ersuchen um Durchsicht – unsere Vorschläge, welche wir in den letzten Wochen erarbeitet und im Rahmen der gestrigen Sitzung der Parteileitung diskutiert haben“, heißt es im Einladungsschrieben zur Klausur.
Der Maßnahmenkatalog soll am Montag mehrheitlich gutgeheißen werden.
Die SVP-Newsletter
Weil die SVP – wie alle Parteien – große Probleme hat ihre Mitgliederzahlen zu halten, steht die „Aufwertung der Mitgliedschaft“ an erster Stelle des Maßnahmenkataloges. Diese Aufwertung soll zum einen durch neue direktere Kontaktmöglichkeiten der SVP-Mitglieder mit den politischen Entscheidungsträgern erfolgen, zum anderen durch die Schaffung einer neue elektronischen Kommunikationsplattform.
Demnach will das Duo Achammer/Premstaller eine schnelle und verlässliche Kontaktaufnahme mit SVP- Mandatare/innen über ein Online-Formular einführen. Zudem sollen regelmäßige Sprechstunden der Mandatare/innen in allen Bezirken verpflichtend eingeführt werden. Das hat es zwar früher auch schon gegeben, wurde in den vergangenen Jahren aber etwas vernachlässigt.
Vorgeschlagen wird auch eine Versorgung der Mitglieder mit den neuesten Informationen zu politischen Ereignissen durch Newsletters auf Orts-, Bezirks- und Landesebene.
Gleichzeitig sollen auch die SVP-Ortsgruppen aufgewertet werden. Dazu wird in der Parteizentrale ein „Dienstes für Ortsgruppen“ eingeführt werden. Dieser soll etwa eine zentrale E-Mail-Adresse ([email protected]) verwalten und die gesamte Kontaktnahme zwischen den Ortsobleuten, den Mandataren und der Partei koordinieren.
Gleichzeitig sollen auch die SVP-Ortsgruppen aufgewertet werden. Dazu wird in der Parteizentrale ein „Dienstes für Ortsgruppen“ eingeführt werden. Dieser soll etwa eine zentrale E-Mail-Adresse ([email protected]) verwalten und die gesamte Kontaktnahme zwischen den Ortsobleuten, den Mandataren und der Partei koordinieren.
Der Umbau
Der Maßnahmenkatalog sieht aber auch eine Reihe von Vorschlägen vor, die die innere Architektur der SVP deutlich verändern. Zur Umsetzung dieser Vorschläge wird man das SVP-Statut abändern müssen.
So sollen die Funktionen der Ortsobleutekonferenz deutlich ausgebaut werden. Bisher hat dieses Gremium laut Parteistatut nur beratende Funktion. Jetzt soll die Ortsobleutekonferenz beschließende Funktion kommen. Etwa bei der Kandidatenaufstellung auf Landesebene. Ebenso soll die Konferenz der SVP-Bürgermeister nicht nur beratende, sondern gegebenenfalls auch beschließende Funktionen bekommen, wenn es um gemeindepolitisch relevante Themen geht.
Auch die in einem Jahr anstehenden Gemeindewahlen werfen ihren Schatten im Maßnahmenkatalog voraus. Der Vorschlag: Ähnlich dem Verfahren zur Aufstellung von Kandidaten/innen auf Landesebene, soll den SVP-Ortsobleuten bei den Gemeindewahlen ein Nominierungsrecht für eine bestimmte Quote der Kandidaten/innen zukommen. Weiterhin muss die Liste aber vom Orts- bzw. Koordinierungsausschuss genehmigt werden.
Auch das Problem der Vorwahlen will man lösen. Derzeit steht im SVP-Statut, dass bei allen Wahlen wo keine Vorzugsstimmen vergeben werden können, SVP interne Vorwahlen zur Kandidatenermittlung durchgeführt werden müssen. Nicht erst die anstehenden EU-Wahlen bei den als einziger Kandidat Herbert Dorfmann in Frage kommt, haben gezeigt, dass diese Bestimmung so nicht umsetzbar ist. Deshalb will man jetzt diesen Vorwahlen fakultativen Charakter geben.
Die entscheidende Frage wird dabei sein, wer am Ende entscheiden wird, ob es zu Vorwahlen kommt oder nicht.
Zurück in die Zukunft
Der brisanteste Satz steht im Katalog der Vorschläge aber fast ganz am Ende. Unter Punkt 2.8 heißt es:
„Stärkung der Gemeinschaft Südtiroler Volkspartei;
-
ehemalige Landeshauptleute und Parteiobleute sollen Rechtsmitglieder des Parteiausschusses werden;
-
Aufbau eines Netzwerks zu den ehemaligen Orts- und Bezirksobleuten;“
Es ist der Versuch eines amtlichen Friedenschlusses mit Luis Durnwalder & Co. Ein Schritt der durchaus nachvollziehbar ist, der aber notgedrungen zu neuen Konfliktlinien in der SVP führen wird. Vor allem wenn man die Persönlichkeitsstrukturen des amtierenden Landeshauptmannes Arno Kompatscher und seines Vorgängers Luis Durnwalder kennt. Durnwalder ziert sich dann auch schon in der Freitagausgabe der Dolomiten. Während Alt-Obmann Siegfried Brugger dankend annimmt.
Für jeden in der Brennerstraße ist aber klar, dass diese Kooptierungen einer Handvoll verdienter Spitzenpolitiker den Statuts des amtierenden Landeshauptmannes in der SVP deutlich schwächen wird.
Kennt man die Persönlichkeitsstrukturen des amtierenden Landeshauptmannes Arno Kompatscher und seine Vorgängers Luis Durnwalder, dann wird klar, dass der Vorschlag unwiederbringlich zu Konflikten führen wird.
Das dürfte bei Einigen unter Edelweiß eine angenehme und erwünschte Nebenwirkung sein. Für die Partei aber ist dieser Schritt auf jeden Fall ein Gewinn, sowohl politisch wie auch imagemäßig.
Besonders interessant ist auch der letzte Punkt des vorgeschlagenen Maßnahmenkatalogs: „Öffnung der Partei“.
Dort heißt es: „Schaffung einer Möglichkeit der Öffnung, um themen- und projektspezifisch mitarbeiten zu können – beispielsweise durch die Errichtung von Plattformen“. Dort sollen auch Nicht-Parteimitglieder aktiv mitarbeiten können. Zudem ist unter dem Titel „vorausdenken“ eine albjährliche Ideenwerkstatt unterm Edelweiß geplant, bei der auch externer Experten eingebunden werden sollen.
Es ist ambitioniertes Programm, dass man hier vorlegt. Es wird sich zeigen, wie viel man am Ende davon umsetzen kann.
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Nicht nur der Versuch,
Nicht nur der Versuch, ehemalige Parteigranden wie Durnwalder und Brugger zu reaktivieren, ist “ein Schritt zurück in Zukunft”. Es sind meiner Meinung nach vor allem zwei Punkte, mit der die SVP wieder zurück in den Parteiensumpf der 1970er und 1980er Jahre geführt werden soll:
1. Neuer Service für Mitglieder und Funktionäre: Per Mail sollen Mitglieder und Funktionäre “schnell und zuverlässig mit Fragen und Anliegen zu unseren Mandataren kommen”. Abgesehen davon, dass die Mail-Adressen aller Mandatare in Gemeinde und Land öffentlich zugänglich sind, müssten die gewählten Volksvertreter vorrangig das Allgemeininteresse vertreten und nicht nur als Sachwalter einer bestimmten Partei fungieren. Das trifft umso mehr für die Regierungsmitglieder von Land und Gemeinden zu – ein Landeshauptmann und ein Bürgermeister sollte eigentlich alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen vertreten, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, schließlich verwalten sie nicht nur die Steuergelder der SVP-Wähler. Achammer scheint das nicht so zu sehen, wenn man das von ihm formulierte Ziel für das zweite Beispiel betrachtet.
2. Bürgermeister-Konferenz: Diese Konferenz der SVP-Bürgermeister soll beschließenden Charakter haben, wenn es um für die Gemeinden relevante Themen, wie z.B. eine neue Gemeindenfinanzierung geht. Achammer wörtlich laut Dolomiten vom 12.4.2019: “Wir wollen und werden immer mehr deutlich machen, dass es nicht egal ist, ob ein SVP-Bürgermeister an der Spitze einer Gemeinde steht. Andere wollen den Leuten weis machen, dass sie dieselben Kontakte hätten.” So formuliert heißt das, dass die SVP-Bürgermeister auch über die Finanzierung der Gemeinden entscheiden sollten, in denen die SVP nicht den Bürgermeister stellt und wo fast ein Drittel der Bevölkerung lebt.
Die Aussage von Parteiobmann Achammer ist aber vor allem als dringende Empfehlung (ich bin fast gewillt zu schreiben: als kaum verhüllte Drohung) an die Wählerinnen und Wähler zu verstehen, bei der nächsten Gemeinderatswahl ja einen SVP-Kandidaten zum Bürgermeister zu wählen. Denn ansonsten dürften sich die Bürgerinnen und Bürger von “abtrünnigen” Gemeinden oder Städten nicht wundern, wenn es mangels “ungenügender Kontakte” zum Landeshauptmann oder den SVP-Landesräten mit der finanziellen Ausstattung oder der Unterstützung von Gemeinde-Projekten hapern sollte.
Toni Ladurner, Gemeinderat Liste Rösch / Grüne Meran
Nicht nur der Versuch,
Nicht nur der Versuch, ehemalige Parteigranden wie Durnwalder und Brugger zu reaktivieren, ist “ein Schritt zurück in Zukunft”. Es sind meiner Meinung nach vor allem zwei Punkte, mit der die SVP wieder zurück in den Parteiensumpf der 1970er und 1980er Jahre geführt werden soll:
1. Neuer Service für Mitglieder und Funktionäre: Per Mail sollen Mitglieder und Funktionäre “schnell und zuverlässig mit Fragen und Anliegen zu unseren Mandataren kommen”. Abgesehen davon, dass die Mail-Adressen aller Mandatare in Gemeinde und Land öffentlich zugänglich sind, müssten die gewählten Volksvertreter vorrangig das Allgemeininteresse vertreten und nicht nur als Sachwalter einer bestimmten Partei fungieren. Das trifft umso mehr für die Regierungsmitglieder von Land und Gemeinden zu – ein Landeshauptmann und ein Bürgermeister sollte eigentlich alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen vertreten, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, schließlich verwalten sie nicht nur die Steuergelder der SVP-Wähler. Achammer scheint das nicht so zu sehen, wenn man das von ihm formulierte Ziel für das zweite Beispiel betrachtet.
2. Bürgermeister-Konferenz: Diese Konferenz der SVP-Bürgermeister soll beschließenden Charakter haben, wenn es um für die Gemeinden relevante Themen, wie z.B. eine neue Gemeindenfinanzierung geht. Achammer wörtlich laut Dolomiten vom 12.4.2019: “Wir wollen und werden immer mehr deutlich machen, dass es nicht egal ist, ob ein SVP-Bürgermeister an der Spitze einer Gemeinde steht. Andere wollen den Leuten weis machen, dass sie dieselben Kontakte hätten.” So formuliert heißt das, dass die SVP-Bürgermeister auch über die Finanzierung der Gemeinden entscheiden sollten, in denen die SVP nicht den Bürgermeister stellt und wo fast ein Drittel der Bevölkerung lebt.
Die Aussage von Parteiobmann Achammer ist aber vor allem als dringende Empfehlung (ich bin fast gewillt zu schreiben: als kaum verhüllte Drohung) an die Wählerinnen und Wähler zu verstehen, bei der nächsten Gemeinderatswahl ja einen SVP-Kandidaten zum Bürgermeister zu wählen. Denn ansonsten dürften sich die Bürgerinnen und Bürger von “abtrünnigen” Gemeinden oder Städten nicht wundern, wenn es mangels “ungenügender Kontakte” zum Landeshauptmann oder den SVP-Landesräten mit der finanziellen Ausstattung oder der Unterstützung von Gemeinde-Projekten hapern sollte.
Toni Ladurner, Gemeinderat Liste Rösch / Grüne Meran
Ein "albjährlicher"
Ein "albjährlicher" (interessante und passende Wortschöpfung :-)...