Kultur in Zeiten der Pandemie

Mit einem Schlag wurde aus von der Kunst leben ein mit der Kunst leben. Ein Maler und Musiker, eine Kostümbildnerin, ein Schauspieler und eine Tänzerin und Choreografin sind die Protagonist:innen des überraschend cinephil gestalten Stücks Stefano Liscis, produziert von der Cooperativa 19, welches am Mittwoch Abend im Sudwerk Bozen uraufgeführt wurde.
Die Protagonist:innen des Films sind - in der Reihenfolge in welcher sie in Erscheinung treten - Peter Burchia, Elena Beccaro, Salvatore Cutrì und Sabrina Fraternali. Der Ton und die Palette des Films ist anfangs noch nostalgisch-grüblerisch. Wir sehen Burchia auf Straßenkonzerten und bei einer Falschauer-Session, sowie gemeinsam mit Shanti Powa - mit hartem Schnitt auf das Atelier des Künstlers in einem alten, grauen Bahnhofsgebäude. Bittere Worte fallen fast nur in diesen frühen Teilen des Films. Man arrangiert sich mit den neuen Gegebenheiten. Es geht nicht um Selbstmittleid, sondern um Sichtbarkeit: verschiedene Wirklichkeiten, ein Blick auch in die Familien von Elena Becaro und Salvatore Cutrì, man erzählt unaufgeregt und in überraschend schönen Bildern, macht sich dabei auf den Weg in Richtung hoffnungsvoller Aussicht.
Während Burchia noch nach Deutschland fahren musste und Elena Beccaro beim natürlichen Färben von Stoffen gezeigt wird, das sie sich im Lockdown online beigebracht hat, wird bei Salvatore Cutrì und Sabrina Fraternali eine Perspektive des Wiederaufbruchs gegeben: Es wird eine Theateraufführung des Programms von FUORI (Salvatore Cutrì) gezeigt und ein Tanzprojekt für Kinder (Sabrina Fraternali).
Cultrí fragt sich an einem Punkt, ob irgendjemand einen „cazzo“ auf das Theater gibt. Für Friseure und Bars ging man demonstrieren, nicht aber für die Kultur. Wiederkehrendes Motiv, das Hoffnung schafft ist die (im Film selbst unausgesprochene) Frage, nach einem Ausgangspunkt der Begeisterung für das eigene Feld: Eine Schulaufführung mit Ragout und falschem Schnurrbart oder, im Fall der Tänzerin, der Moment in dem Rumpelstilzchen ums Feuer springt. Man relativiert so und die Beziehung zwischen Kamera und Darstellern bleibt stets freundschaftlich. Der Ton wird wie von selbst immer wieder leicht, wenn er droht drückend zu werden. Das Projekt sei, so der Regisseur nach der Aufführung, ohne eine bestimmte Erwartung gestartet. Vielleicht ist das eine Qualität, die dem Film zugute gekommen ist: ergebnisoffen gestaltet worden zu sein, ohne eine bestimmte Absicht.
“Vivere d’arte” erhebt mit vier Beispielen von vielen Schicksalen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, man will vielmehr authentisch und persönlich sein, vielleicht sogar einfühlsam. Das gelingt.
Stimme zu, um die Kommentare zu lesen - oder auch selbst zu kommentieren. Du kannst Deine Zustimmung jederzeit wieder zurücknehmen.