Gesellschaft | Ideenwettbewerb
Neue Räume
Foto: Privat
Ohne einen ersten, zweiten und dritten Platz wollen wir für die drei Projekte „Can (We) Be Naked in the Metaverse?“, „Frail Hearts Stories“, sowie „Remember how spring“ die Reihenfolge der Präsentation des WS Call übernehmen.
Können wir im Metaversum nackt sein?
Nicht nur um den von Mark Zuckerberg imaginierten Raum geht es, er hat sich einen spätestens seit den 90ern geläufigen Begriff angeeignet, der für verschiedene virtuelle Räume Anwendung findet und wahrscheinlich vom Science Fiction Autor Neal Stephenson geprägt wurde. Was genau ein Metaversum ausmacht, ist dabei ebenso Objekt von Debatten, wie die Ausgestaltung einer solchen digitalen Parallelwelt. Corinna Canali und Giulia Faccin wollen im Projekt „Can (We) Be Naked in the Metaverse?“ den Blick auf diese neuen, im Entstehen befindlichen Räume richten und stellen die Frage, auf welche Weise diese durch ihre Entstehungsbedingungen charakterisiert werden. Beispiele dafür, dass neue Technologien alte rassistische oder sexistische Verhaltensmuster übernehmen oder verstärken gibt es genug: So sind etwa die automatischen Bremssysteme selbstfahrender Autos bei Personen mit dunklerer Hautfarbe weniger präzise, da weniger Beispiele von ihnen im Datensatz der künstlichen Existenz existieren, oder bereits bei der Eröffnung von Zuckerbergs Metaverse eine Frau „vergewaltigt“ wurde, was dazu führte, dass fortan zwei Avatare (die Darstellung der Nutzer im digitalen Raum) nicht mehr den selben Platz belegen können.
Canali und Facin geht es um die Offenlegung solcher versteckter Muster in den digitalen Systemen, welche heute noch in einiger Distanz stehen, aber den Alltag in Zukunft wohl mit prägen werden. Ausgehen soll ihre Recherche im Umfeld westlicher Gesellschaften von einem kurzen Essay, es folgen Workshops, welche sich zum einen an ein „sehr junges“, zum anderen an ein „älteres“ Publikum richten sollen. In den Folgeschritten will man sowohl auf erweiterte Realität (Augmented Reality; AR), wie auch auf virtuelle Realität (Virtual Reality; VR) zurückgreifen. Erstere soll in Form einer „immersiven“, über die Stadt verteilten Ausstellung in das Themenfeld einführen, für letztere soll eine Dokumentation des Projekts entstehen. Man kann gespannt sein, welche möglichen Wege ein Metaversum neutral zu gestalten für die beiden jungen Frauen sichtbar werden.
Geschichten zerbrechlicher Herzen
Ein fünfköpfiges Team steht hinter dem zweiten ausgewählten Projekt: Kristian Fiore Sinzar Hafner, Giuliano Landis Mancini, Damiano Folchini, Tracy Missemma Oberti und Arianna Miram Fiumefreddo. Ausgehend von Sinzar Hafners Märchen „Das schwarzen Aquarium“ soll eine Sammlung von Geschichten entstehen, in der persönliche Identität und ein sicherer Raum (oder englisch: „Safe Space“) um diese entdecken zu können, jeweils eine wichtige Rolle spielen.
Auf die Veröffentlichung des illustrierten Buches, welches sich an Jugendliche und junge Erwachsene richten soll und Oscar Wildes Erzählungen, wie auch Tausendundeine Nacht als Vorbilder hat, sollen Schreibworkshops folgen, die allen offen stehen sollen. In einem sicheren Umfeld soll am Beispiel der „Frail Hearts Stories“ in die Grundlagen des Geschichtenerzählens eingeführt werden, wie „Struktur, Figuren und Layout“ gestaltet werden können. Eine ältere Dame im Publikum meinte, dass sie fast ein wenig neidisch auf diesen kreativen Freiraum „für euch Junge“ sei… und wurde prompt dazu eingeladen, teilzunehmen, worauf hin sie zusicherte bei den ersten Anmeldungen dabei zu sein.
Erinner dich, wie Frühling war
Ebenfalls ein digitales Projekt, jedoch eines, das sich auf einen physischen Ort konzentriert, soll „Remember how spring“ werden. Das Projekt stellt sich die Frage, welche Spuren von Zivilisation nach 1000 Jahren in der Gegend um den Bozner Bahnhof noch zu finden sein werden und wie diese, ihres Kontexts beraubt, wohl gedeutet werden. Die Form welches das Dreierteam aus Angela Disanto, Nuno Escudeiro und Maria Galliani Dyrvik dem Projekt geben will steht bereits fest: Ein „Sound Walk“ soll es werden, also ein durch eine Tonspur ergänzter Spaziergang, an welchem man mittels App am Smartphone teilnehmen kann und - jeweils an vorbestimmten GPS Koordinaten - die Feldnotizen einer Archäologin zugespielt bekommt. Das Projekt solle einen „anderen, kritischen Blick“ auf die Gegend ermöglichen.
Die drei jungen „Feldforscher“ mit dokumentarischem Background wollen Ende Mai, mit einer 10 tägigen Residency in Bozen beginnen und mit Anwohner:innen und Nutzer:innen der Flächen ins Gespräch kommen. Beschließen soll diesen Aufenthalt ein Treffen im Waaghaus am Sonntag, den 28. Mai, bei welchem jederlei Feedback von Interessierten willkommen sein wird.
Bis zur Fertigstellung der einzelnen Projekte dauert es aber noch ein wenig: Haben „Remember how spring“ und „Frail Hearts Stories“ für ihre Beiträge den Herbst (Oktober) angepeilt, so ließ man sich beim Team „Can (We) Be Naked in the Metaverse?“ zaghaft auf vermutlich innerhalb des Jahres ein. Weigh Station bietet den Projektgruppen neben den oben genannten finanziellen Mitteln von insgesamt 9000 Euro zusätzliche Sichtbarkeit über Ihre Informationskanäle, eine Foto- und Video-Dokumentationsservice, sowie die Möglichkeit, die Räume des Bozner Waaghauses zu nutzen.
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Das Waaghaus ist bekanntlich
Das Waaghaus ist bekanntlich ein Vorhaben zur effektiven Geldverschleuderung. Das wird auch mit diesem Projekt sicher gut gelingen.