Notbremse mit Hintertür
Die Geldsumme ist immer noch eingefroren. Die Auskunft erhält salto.bz vor wenigen Tagen. Die Rede ist von den drei Millionen Euro, die die Kronplatz Seilbahn AG für das Museum für Bergfotografie am Brunecker Hausberg vom Land erhalten sollte. “Sollte”. Denn was in den vergangenen Wochen hinter vorgehaltener Hand immer lauter gemunkelt wurde, ist nun bestätigt: Die drei Millionen Euro an öffentlichen Geldern werden nicht ausbezahlt.
Der Museumsbetreiber äußert Bedauern. Die Kritiker zeigen sich erfreut.
Doch ist die Geschichte tatsächlich zu Ende?
Private vor
Es ist der Sommer vor zwei Jahren. Im August 2017 deckt salto.bz die Vorgänge um den “Kronplatz-Paragraphen” auf. Um der Kronplatz AG öffentliche Beiträge zukommen lassen zu können, hat die Landesregierung die Förderkriterien im damals geltenden Museumsgesetz abgeändert. Als privates Unternehmen mit Gewinnabsicht hat die Seilbahnbetreibergesellschaft, die am Kronplatz ein Bergfotografie-Museum errichten will, nämlich keinen Anspruch auf öffentliche Beiträge. Dank der abgeänderten Förderkriterien können und sollen nun über die Abteilung Museen drei Millionen Euro als Investitionsbeitrag an die Gemeinde Bruneck und weiter an die Kronplatz AG fließen.
Der Aufschrei ist groß. Die Opposition im Brunecker Gemeinderat und im Landtag, aber vor allem Kunst- und Kulturschaffende steigen auf die Barrikaden. Kritik wird nicht am geplanten Museum geübt. Sondern an der Vorgangsweise der Landesregierung, die ad hoc ein Gesetz abändert, um einem privaten Investor einen Millionenbetrag für ein Privatmuseum zuschanzen zu können.
Der Deal, federführend eingefädelt vom damaligen Landtagsabgeordneten und Brunecker Ex-Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler, wird auch vom Museumslandesrat Florian Mussner und dem Landeshauptmann in der Öffentlichkeit verteidigt. Immerhin hat Arno Kompatscher höchstpersönlich dem Präsidenten der Kronplatz AG, Werner Schönhuber, die Beiträge zugesichert – schriftlich. Die Zusage findet sich auch in einem späteren Gemeinderatsbeschluss wieder.
Am Ende werden die drei Millionen Euro im Nachtragshaushalt des Landes für 2018 vorgesehen.
Heiße kalte Füße
Doch im Juni 2019 liegt das Geld immer noch beim Land.
Und das, obwohl der Abteilung Museen seit 2017 das Beitragsgesuch für das Bergfotografie-Museum von der Gemeinde Bruneck vorliegt und die drei Millionen im aktuellen Gemeindehaushalt fest eingeplant sind. Das Gesuch ist unbearbeitet, die Summe nicht ausbezahlt.
Der Grund? Es heißt, beim geht Land die Angst vor dem Rechnungshof um. Denn die Causa ist auch nach dem – vermeintlich – letzten Akt, der Genehmigung des Nachtragshaushaltes im Landtag, nicht abgekühlt.
Im Spätsommer 2018 intervenieren sechs Brunecker Gemeinderäte mit einem Schreiben beim Rechnungshof, fordern ihn auf, sich mit den Vorgängen um die Beitragsvergabe an die Kronplatz AG zu befassen. Eine der sechs Gemeinderäte ist Cornelia Brugger. Vor einigen Wochen habe sie beim Rechnungshof nachgefragt, ob er tätig geworden sei, berichtet Brugger. “Ich habe keine Auskunft erhalten.” Indes scheint man anderswo die Notbremse gezogen zu haben.
Wie der Präsident der Kronplatz AG in der Dienstags-Ausgabe der Tageszeitung bestätigt, werde man den Millionenbeitrag nicht ausbezahlt bekommen. Kein ganz freiwilliger Verzicht. “Die Sache ist offenbar zu heiß geworden”, bestätigt jemand, der die Geschichte um den “Kronplatz-Paragraphen” aufmerksam verfolgt, diese Lesart des Rückziehers. “Es kann gut sein, dass man kalte Füße bekommen hat – und vom Land nahegelegt wurde, sich zurückzuziehen”, vermutet Cornelia Brugger. Auf die Nachricht, dass die drei Millionen nun doch nicht in die Kassen der Seilbahnbetreibergesellschaft fließen, reagiert sie zufrieden: “Das bestätigt uns in unserer Vorsicht und der Annahme, dass hier nicht alles rechtens war.”
Bedauern und Befremdung
“Es ist leider nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten”, bedauert Kronplatz-Präsident Werner Schönhuber.
Klaus Gasperi hingegen findet es “richtig, dass sie das Geld nicht kriegen” – “aus moralischer Sicht”, betont der Direktor des Stadttheaters Bruneck. Gasperi hat selbst mit einer gesalzenen Stellungnahme im Oktober 2017 gegen den “Brunecker Kultur-Bluff” gewettert. Schon damals habe er vermutet, dass sich die Kronplatz AG “von selbst zurückziehen wird”. Auch, weil ein finanzkräftiger privater Investor, der zeitgleich den Traditionsbetrieb “Hotel Post” in Bruneck kauft, wohl kaum auf die drei Millionen öffentlicher Gelder angewiesen sei, so Gasperi.
In dieselbe Kerbe schlägt Hans Heiss. Als Landtagsabgeordneter hat der Grüne die Vorgänge um den “Kronplatz-Paragraphen” stets kritisiert. Und sagt jetzt: “Dass die Kronplatz AG nun auf den Betrag locker verzichten kann, lässt tief blicken: Sie hätte den Betrag von vornherein nie benötigt.”
Der Rückzieher sei eine “gute Nachricht”, meint Heiss, die aber auch nachdenklich stimme – und zwar im Hinblick auf die Urteilsfähigkeit von Landesregierung und Abteilung Museen: “Man hätte bereits vorab wissen können, dass eine solche Operation mit erheblichen Risiken vor dem Argusauge des Rechnungshofs behaftet ist.”
Er hoffe, dass die drei Millionen Euro nun “den Privatmuseen im Lande oder der notleidenden Denkmalpflege zugehen”, sagt Heiss.
Doch ist die Geschichte nach der erneuten Wende tatsächlich zu Ende?
Tür zu, Hintertür auf?
Im Februar 2018 streicht die Landesregierung den “Kronplatz-Paragraphen” wieder. Die Gemeinde Bruneck kann also nicht noch einmal beim Land um einen Investitionsbeitrag für die Kronplatz AG bzw. das inzwischen eröffnete Bergfotografie-Museum ansuchen. Doch auf die öffentlichen Gelder scheint man nicht so einfach verzichten zu wollen. Schließlich steht nicht zuletzt das 2016 gegebene politische Versprechen des Landeshauptmannes im Raum.
Es werde die einzige öffentliche Förderung sein, die das Bergfotografie-Museum in den nächsten 20 Jahren bekommen wird, sagt Arno Kompatscher eineinhalb Jahre später, um den Investitionsbeitrag zu rechtfertigen. Doch wenn dieser nun vom Tisch ist – wird es die drei Millionen in einer anderen Form geben?
Tatsächlich verrät Werner Schönhuber im Gespräch mit der Tageszeitung, dass die bislang private Museumsstruktur in eine Stiftung umgewandelt werden soll. “Damit hoffen wir, um einen jährlichen Führungsbeitrag beim Land ansuchen zu können, so wie es viele andere Stiftungen im Land auch tun”, meint der Kronplatz-Präsident ohne Umschweife.
“Komisch” findet Klaus Gasperi das Vorhaben, über eine Stiftung zu versuchen, dennoch an öffentliche Gelder zu kommen. “Aber das läuft wohl leider Gottes so in der Politik.” Cornelia Brugger findet deutlichere Worte: “Eine Hintertür zu finden, um doch noch an öffentliches Geld zu kommen – das ist doch die Höhe!”
Heute ist Arno Kompatscher als Landesrat auch für die Museen zuständig. Und während man ihn am Kronplatz an sein politisches Wort erinnern zu wollen scheint, steht für Hans Heiss fest: Wenn nach der hinlänglich bekannten Vorgeschichte und den jüngsten Entwicklungen nun über die eine oder andere Schiene trotzdem öffentliche Gelder auf den Kronplatz fließen würden, wäre das “blanker Hohn. Das kann sich das Land absolut nicht leisten”.
"...... dass die bislang
"...... dass die bislang private Museumsstruktur in eine Stiftung umgewandelt werden soll." Diesen Vorschlag hat sicher jemand in Bozen den Parteikollegen Tschutschenthaler und Schönhuber gemacht!? Man hat nach einer machbaren Lösung gesucht.
Das ist ein gutes Beispiel, wie man auch unter Kompatscher (neuer Stiel) Gesetze at Personam ändert! Kompliment den oppositionellen Brunnecker Gemeinderäten! Oft ist die Angst vor dem Rechnungshof auch positiv!