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Spiegelung der Spiegelung

Das Buch "Das zweite Gesicht" von Erika Wimmer Mazohl ist eine Hommage an den 2019 verstobenen Künstler Markus Vallazza. In Form einer lyrischen Nachzeichnung.
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Foto: Limbus

„Wir sind damals vom Brennerarchiv zu Ihm, zum Ansitz nach Lajen gefahren und haben das Trakl-Bild abgeholt“, erinnert sich die Autorin und Literaturwissenschaftlerin Erika Wimmer Mazohl, wenn sie an die Anfänge ihrer Freundschaft zum Künstler Markus Vallazza (1936-2019) angesprochen wird. Vor gut drei Jahrzehnten fertigte Vallazza für das Brennerarchiv in Innsbruck eine Radierung des Lyrikers Georg Trakl. „Seitdem bin ich ihm immer wieder begegnet,“ erzählt die Schriftstellerin, und fügt hinzu: „Zur Eröffnung der Literaturhauses am Inn beispielsweise, da gab es eine kleine Vallazza-Ausstellung. Außerdem wurden auch Auftragsarbeiten für junge Autorinnen und Autoren vergeben, zu Vallazzas Themen, wie Inferno.“ Zwei Jahre nach dem Tod des Künstlers hat Wimmer Mazohl nun ein Buch mit Gedichten veröffentlicht. Und einigen von Vallazzas Miniaturen.


Markus Vallazza war ein Dichtermaler. Er hat nicht nur gezeichnet, sondern auch sehr viel geschrieben und eine „enorme Anzahl an Briefen, Tagebüchern und Manuskripten hinterlassen“, betont die Tochter und Nachlassverwalterin Alma Vallazza.


Während Vallazza bereits vor dem Tod vereinbarte, dass seine 150 Tagebücher an das Brennerarchiv in Innsbruck gehen, machte sich die ehemalige Mitarbeiterin des Brennerarchivs vor einiger Zeit auf, sich literarisch dem Schaffenswerk des Künstlers zu nähern. „So frei und spielerisch Vallazza mit dem Profilbild von Dante in dieser Miniaturenserie umgegangen ist, so frei und spielerisch habe ich mich auf die Bilder bezogen“, umschreibt Wimmer Mazohl ihren Zugang, „manchmal hat es mich weit weg getragen und andere Male beziehe ich mich konkreter auf ein Bild, auf Vallazza selbst und auch auf Dante“. Ein Beispiel gefällig? 

inferno purgatorio paradiso [komödiantisch]
für dante alighieri

ich stand an deinem grab die kuppe schlicht
die erde schattengrün bewachsen

mein köpf verloren in komödien / die grausam
kalt diabolisch in den text gesickert / auch

in die bildet deines spätgeborenen freundes
dessen gewaltig werk die sprache übersetzte

gewichtig philosophisch liebestoll politisch
nicht frei von widerspruch zur besseren einsicht

voll schmerzen körperfolter trauer seelisch pein
ein kosmos nichts als ein erbärmliches theater

das tragisch angelegt gewissenhaft gesteigert
nichts anderes sein will als die kunst komödie

die uns erschreckt in zierlichen terzinen
in voller absicht fahrt durch höllen purgatorien

ernst wird es erst wenn diese zwei bewältigt
und die gestalt / ihr kern umschattet nicht gewiss

ins dritte schreitet das du paradies nennst
gelachter stirbt dort sagst du / liebe brennt

verbrennt die durchgenommene geseilt des
einen / oder der einen / was von ihnen übrig

zu asche / mag sie fallen / niemand weiß die
richtung / tanzt sie geradewegs in einen lichtkreis

der ortlos klar und ohne haftung boden
wie arm ist doch die sprache und wie kläglich

das bild weiß mehr / doch lange nicht genug
wo künstler dichter schweigen ist das ziel die stille


88 Gedichte beinhaltet die Neuerscheinung Das zweite Gesicht. Jedes Gedicht bezieht sich auf eine Danteminiatur (der Skizzenbücher) des Künstlers. Die Motive des 1. Canto hat Erika Wimmer Mazohl in einem kleinen Zyklus – im 2. Abschnitt im Buch – verarbeitet. Das Nachwort zum Gedichtband hat der in Bruneck aufgewachsene Kunsthistoriker und Autor Günther Oberhollenzer geschrieben. Gegenwärtig ist er als Kunstkurator in der Niederösterreichischen Landesgalerie in Krems tätig.
Die Gedichte sind „die Spiegelung der Spiegelung…“ beschreibt die Literaturkennerin Marie Dippelreiter den lyrischen Zugang zu den Bildnissen in ihrer Buchrezension für das Literaturhaus Wien.


Markus Vallazzas Hauptwerk, bestehend aus 100 Radierungen zu Dantes Divina Commedia, ist bis Anfang November in der Hofburg in Brixen zu sehen. Es entstand in den Jahren zwischen 1993 und 2000. Der Dante-Zyklus steht für eine der intensivsten Schaffensperioden im Werk Vallazzas.