Umwelt | Glyphosat

"Sonst streicht eben die Förderungen"

Stopp dem Einsatz von Glyphosat und mehr Schutz für unsere Böden: Gleich zwei europäische Bürgerinitiativen wurden am Donnerstag in Bozen beworben.
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Foto: Foto: Salto.bz

Idyllischer hätte die Location in Bozen kaum gewählt werden können: Ein 2,5 Hektar großer Hof im Grieser Grünkeil, auf dem seit zwei Jahrzehnten Äpfel und Wein in biologischem Anbau kultiviert werden. „Ich kann allen Bauern-Kollegen sagen, dass man vom biologischen Anbau nicht nur ökonomisch gut leben kann, sondern es auch mehr Lebensqualität bringt, wenn man sich frei und ohne Rücksicht auf Wiedereintrittszeiten auf den Feldern bewegen kann“, erklärte Bauer Christoph Unterhofer vom Reyter-Hof. Das richtige Stichwort zum eigentlichen Anliegen einer Pressekonferenz, zu der gleiche mehrere Südtiroler Umweltorganisationen am Donnerstag luden. Dort machten der  Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der Umweltbund, der Verein Umwelt & Gesundheit und der lokale Ableger des WWF für die beiden Europäischen Bürgerinitiativen (EBI) Glyphosat Stoppen und PEOPLE4SOIL mobil, die von fast 40 NGOS in ganz Europa getragen werden.

680.000 Unterschriften wurden bislang für die Forderung gesammelt, das umstrittene Herbizid Glyphosat endlich in der Europäischen Union zu verbieten, erklärte Dachverbands-Vorsitzender Klauspeter Dissinger. Zumindest eine Million sollten es bis Februar 2018 oder noch besser September dieses Jahres werden. Denn dann läuft die 18-monatige Verlängerungsfrist aus, die in Brüssel nach den widersprüchlichen Studien zur Krebserregbarkeit des Mittels verhängt worden war.  Ausschlaggebend dafür war vor allem das Urteil der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), die den Wirkstoff für „wahrscheinlich nicht krebserregend bei Menschen“ hält. Doch wie die Umweltschützer in Bozen unterstrichen, wurde erst kürzlich in den USA einmal mehr deutlich, wie groß der Druck großer Chemiekonzern wie Monsanto auf die Forschung sei. Die New York Times berichtete Mitte März darüber, wie Monsanto in der Vergangenheit hinter den Kulissen Einfluss auf einzelne Wissenschaftler und auf die amerikanische Behörde EPA genommen haben soll.

Mit der Europäischen Bürgerinitiative soll nun dagegen von Seiten der Bevölkerung möglichst viel Druck auf die EU-Kommission gemacht werden, die Substanz diesmal tatsächlich von der Liste der in Europa zugelassenen Wirkstoffe zu streichen. Sollte dies wieder nicht gelingen, müsste das Mittel laut Dissinger zumindest in Südtirol im Sinne des politischen Anliegens, eine Modellregion zu sein, aus den Verkaufsregalen verschwinden – zugunsten von Menschen, Böden, Umwelt und auch als Markenzeichen für den Tourismus, wie der Vorsitzende des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz unterstrich. Auch wenn dem Gesetzgeber dafür im Fall einer weiteren europäischen Zulassung keine direkte Kompetenz zustehe, könnte er zum Beispiel über die Förderschiene aktiv werden, indem konventionellen Bauern Förderungen gestrichen werden, schlug Klauspeter Dissinger vor.

 

Neben einem Stopp für Glyphosat fordern BürgerInnen in ganz Europa derzeit aber auch eine EU-weite gesetzliche Regelungen zum Schutz der Böden. Diese werden in Europa durch eine Vielzahl von Aktivitäten geschädigt – vom Pestizideinsatz in der Landwirtschaft bis hin zur Bebauung und Versiegelung. „Genauso wie Luft oder Wasser muss auch der Boden in seinen 1000 Facetten verteidigt werden“, fordert Legaambiente-Vorsitzende Alessia Politi. Gemacht werden kann diese ebenfalls innerhalb September übers Internet unter Beilage einer Kopie der Identitätskarte.

Dass man als Landwirt auch ohne Belastung der eigenen Böden mit chemisch-synthetischen Substanzen gut leben kann, wird auch dem Bozner Reyter-Hof seit 20 Jahren unter Beweis gestellt. „Sicher haben wir auch immer wieder mit Problemen und auch so manchem Ausfall zu kämpfen“, räumt Christoph Unterhofer ein. Doch selbst für schadhafte Produkte würden sich Absatzmöglichkeiten wie die Saftverarbeitung finden. Und mit jeder Grenze, an die man stoße, eröffnen sich wieder neue Lösungen und ein stärkeres Bewusstsein, so der Bio-Bauer.