Politik | Flughafen Bozen

Die richtige Entscheidung

Betont sachlich und in der Defensive: Landeshauptmann Arno Kompatscher tritt nach Bekanntwerden des Volksbefragungsergebnisses vor die Medien.

Der Landeshauptmann kommt nicht gleich zur Sache. Noch bevor er den haushohen Sieg der Nein-Stimmen bei der Volksbefragung zum Flughafen Bozen kommentiert, noch bevor er sich zur Wahlbeteiligung äußert, bedankt er sich erst einmal bei der Landesverwaltung für die „hervorragende Abwicklung“ anlässlich dieses Urnengangs. Die Wahlzentrale habe so gut gearbeitet, dass das Ergebnis deutlich früher vorlag als erwartet. „Diese Pressekonferenz haben wir eigentlich zu spät angesetzt“, sagt Arno Kompatscher vor laufenden Kameras im dichtgedrängten Pressesaal der Landesregierung. Ist es ein Versuch, die Stimmung aufzulockern?

Eine persönliche Niederlage?

Es ist elf Uhr vormittags am Tag nach der Volksbefragung. Der Landeshauptmann hat für das Ja geworben, für ein „stimmiges Konzept“, das den Regionalflughafen unter öffentlicher Führung belassen sollte. Mehr als 70 Prozent der Wähler haben am Sonntag das Nein an- und die Flughafen-Pläne der Landesregierung durchkreuzt. Eine persönliche Niederlage für Arno Kompatscher? Flankiert von den Landesräten Richard Theiner und Florian Mussner bemüht sich der Landeshauptmann um einen sachlichen Ton, trotzdem ist die Defensivhaltung unübersehbar. Gezielt auf das Ergebnis in seiner Heimatgemeinde Völs angesprochen, wo ebenfalls die Nein-Stimmen überwiegen, sagt er: „Es wurde ja nicht über meine Person abgestimmt, sondern über mein Flughafen-Konzept.“ Die konkrete Frage, ob dieses Wahlergebnis seine Beliebtheit Abbruch tue, will der Landeshauptmann nicht beantworten. Diese Bewertung überlasse er den Journalisten, sagt er. Im Übrigen werde die nächste Landtagswahl weisen, ob der Landeshauptmann auf dem falschen Dampfer sitze.

Ernste Miene beim Interview: der Landeshauptmann am Tag nach der Volksbefragung

Richtige Entscheidung

Die „doch hohe Wahlbeteiligung“ von 46,7 Prozent zeige, sagt Kompatscher, „dass die Entscheidung, die Bevölkerung zu fragen, richtig war. Die Südtiroler wollen in puncto Flughafen mitbestimmen.“ „Aus meiner Sicht“, fügt er hinzu, „hat sich die Entscheidung für die Volksbefragung auch angesichts des deutlichen Ergebnisses bestätigt.“ Nun hat er ihn also angesprochen, den überwältigenden Sieg der Flughafen-Gegner. Während Kompatscher seine Erklärung abgibt, ertönt draußen ein Hupkonzert, das seine Worte fast unhörbar macht. Es sind Flughafen-Gegner, die ihre Runden um den Palais Widmann drehen und ihrer Freude über das Ergebnis der Volksbefragung Ausdruck geben. Über das beharrliche Gehupe hinweg führt der Landshauptmann mehrmals an, dass die Volksbefragung nicht nur von ihm, sondern von seiner Partei und von der Landesregierung gewollt war. Denn nach der Mediation zum Flughafen sei man an einem Scheideweg gestanden: „Entweder wir bringen den Flughafen durch den Ausbau zum Funktionieren, oder wir ziehen uns zurück.“ Die Politik habe nun von den Südtirolerinnen und Südtirolern einen „klaren Auftrag“ erhalten.

Keine Verlängerung, kein UVP-Verfahren

Die bereits genehmigte Verlängerung der Start- und Landebahn um 130 Meter wird das Land nun nicht umsetzen. Da der Auftrag bereits vergeben wurde, wird eine Pönale-Zahlung an die entsprechende Firma in der Größenordnung von 300.000 bis 400.000 Euro fällig. „Es war von vorne herein klar, dass diese Ausgabe auf uns zukommt, wenn wir uns aus dem Flughafen zurückziehen“, betont Kompatscher und kündigt an: Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die zusätzliche Verlängerung um weitere 30 Meter wird die Flughafenbetreibergesellschaft ABD nun nicht mehr vorantreiben.

Im dichtgedrängten Pressesaal im Palais Widmann war heute kaum mehr ein Sitzplatz frei

Konzession und Kompetenzen

Die Flughafen-Konzession wird international ausgeschrieben. Sollte sich kein Interessent finden, erklärt Kompatscher, wird die ABD liquidiert, und die Konzession geht an die Luftfahrtbehörde ENAC zurück. Natürlich bleibe das Land für alle Bereiche zuständig, die per Landesgesetz geregelt sind, unterstreicht der Landeshauptmann. Er will jedenfalls mit dem Staat weiter über die Übernahme neuer Kompetenzen verhandeln, was den Flughafenbetrieb angeht, denn das habe er als überzeugter Verfechter der Vollautonomie „gewissermaßen im Blut“. Der Staat stehe auf dem Standpunkt, das hierfür das Autonomiestatut abgeändert oder neue Durchführungsbestimmungen verabschiedet werden müssten.

Vorerst kein Köpferollen bei ABD

Das Schicksal der Flughafengesellschaft, deren alleiniger Eigentümer das Land ist, steht vorerst in den Sternen. Viel hänge davon ab, wir die internationale Ausschreibung verlaufe, heißt es auf der Pressekonferenz, an der auch ABD-Präsident Othmar Michaeler teilnimmt. Auf die Frage, ob Michaeler zurücktreten wird, antwortet nicht der Angesprochene, sondern der Landeshauptmann: Er hoffe schon, dass der ABD-Verwaltungsrat im Amt bleibe, denn es kämen jetzt viele Aufgaben auf die Gesellschaft zu, beeilt sich Kompatscher zu sagen. Konkret kann oder will aber niemand prognostizieren, wie es mit der ABD weiter geht. Es sei jedenfalls „sehr schade“, dass sich Südtirol gegen den Flughafen ausgesprochen hat, sagt Michaeler. „Wir haben mit offene Karten gespielt und die Bevölkerung vernünftig informiert, aber der Ausgang der Volksbefragung ist klar.“ Einen Plan B für den Fall, dass das Nein gewinnt, gebe es jedenfalls nicht. Anders gesagt: Gespräche mit privaten Unternehmern über eine Übernahme des Flughafens seien nicht geführt worden. Nächste Woche wird der ABD-Verwaltungsrat zusammentreten und über das weitere Vorgehen beraten. Die Vorbereitung der öffentlichen Ausschreibung wird nach Einschätzung Kompatschers Monate dauern.

Wie es im Landtag weiter geht

Das weitere Schicksal des Gesetzentwurfs zum Flughafen ist ebenfalls unklar. Laut Kompatscher gibt es zwei Möglichkeiten: „Entweder der Landtag stimmt über den Entwurf gar nicht mehr ab, oder der Vorschlag wird bei der Abstimmung zu Fall gebracht.“ Die Entscheidung, wie mit dem Gesetzentwurf weiter zu verfahren sei, liege bei den Landtagsfraktionen. Eines steht für den Landeshauptmann jedoch bereits jetzt fest: „Wir (die Mehrheit, Anm. d. Red.) werden nicht mehr für dieses Gesetz stimmen.“