Gesellschaft | Sanität

Zweiter Anlauf

Der Sanitätsbetrieb muss in den nächsten Monaten einen neuen Verwaltungs- und einen neuen Sanitätsdirektor ernennen. Es sind Nachbesetzungen mit Hindernissen.
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Foto: Street View
Es ist jetzt zweieinhalb Jahre her.
Damals war Enrico Wegher auf dem Papier das, was er demnächst werden soll: Verwaltungsdirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes. 
Die Landesregierung hatte kurz vor Weihnachten 2016 die Nominierung der neuen Sanitätsspitze abgesegnet. Auf Vorschlag des damaligen Generaldirektors Thomas Schael sollten Thomas Lanthaler als Sanitätsdirektor, Marianne Siller als neue Pflegedirektorin sowie Enrico Wegher als neuer Verwaltungsdirektor eingesetzt werden.
Thomas Lanthaler und Marianne Siller wurden wenig später per Dekret ernannt. Enrico Weghers geplante Ernennung fiel hingegen ins Wasser.
Der Grund: Der damalige M5S-Landtagsabgeordente Paul Köllensperger hatte eine klare Unvereinbarkeit ausgegraben, die es – laut geltendem Gesetz – nicht erlaubt Wegher zum Verwaltungsdirektor zu machen.
 

Zwei Jahre Warten

 
Zum Jahreswechsel 2016/2017 ist Enrico Wegher Verwaltungsratspräsident der Informatikgesellschaft „SAIM GmbH“, die zu 51 Prozent dem Sanitätsbetrieb gehört. Laut dem staatlichen Legislativdekret vom 8. April 2013. Nr. 39 ist diese Funktion mit dem Amt des Verwaltungsdirektors nicht vereinbar.
Der Plan ist es deshalb, dass Wegher als SAIM-Präsident nach der Bilanzgenehmigung 2017 zurücktritt und danach seinen neuen Job als Verwaltungsdirektor annimmt. So wurde es offiziell auch vom Sanitätsbetrieb kommuniziert. 
 
 
Doch die hochbezahlten Rechtsexperten hatten die gesetzlichen Bestimmungen anscheinend nicht genau gelesen. Denn im entsprechenden Dekret sind nicht nur die Unvereinbarkeiten (incompatibilità) von Aufträgen in öffentlichen Körperschaften festgeschrieben, sondern auch deren Nichterteilbarkeit (inconferibilità).
Gestützt auf diese Bestimmung mahnt Paul Köllensperger an, dass man Enrico Wegher demnach zwei Jahre lang nicht zum Verwaltungsdirektor ernennen könne. Im Sanitätsbetrieb und im Landtag wiegelt man ab. Bis man aus Rom eines Besseren belehrt wurde.
Am 1. März 2017 stellte der Direktor des Rechtsamtes des Südtiroler Sanitätsbetriebes Marco Cappello eine offizielle Anfrage zum Fall Wegher an die staatliche Antikorruptionsbehörde (ANAC).
Dreieinhalb Monate später trudelt die Antwort aus Rom ein. Köllenspergers Einwände waren mehr als nur stichhaltig. Enrico Wegher fällt sowohl in die Klausel der Unvereinbarkeiten, wie auch der Nichterteilbarkeiten.
Man muss sich damit einen anderen Verwaltungsdirektor suchen.
 

Neuer Anlauf

 
Enrico Wegher ist im April 2017 als Verwaltungsratspräsident der SAIM zurückgetreten. Damit ist die zweijährige Quarantäne im April 2019 vorbei. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Anfang des Jahres verließ Andreas Zeppa überraschend seinen Job als Verwaltungsdirektor im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Man muss jetzt einen Nachfolger ernennen.
 
Und hier kommt Enrico Wegher wieder ins Spiel. Der amtierende Verwaltungskoordinator des Gesundheitsbetriebes Bozen ist in das Landesverzeichnis der Führungskräfte im Sanitätsbereich eingetragen. Was eine Grundvoraussetzung für die Ernennung ist.
Nach Informationen von salto.bz will Generaldirektor Florian Zerzer deshalb Enrico Wegher in den nächsten Wochen zum neuen Verwaltungsdirektor ernennen. Bisher fehlt nur noch das Plazet von Sanitätslandesrat Thomas Widmann.
Die Personalie soll aber bereits am kommenden Dienstag in der Landesregierung behandelt werden. 
Geben Widmann und die Landsregierung grünes Licht, könnte es für Wegher im zweiten Anlauf klappen.
 

Der Sanitätsdirektor

 
Gleichzeitig hat der Sanitätsbetrieb aber auch auf einer anderen Front ein größeres Problem.
Der amtierende Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler scheidet im September freiwillig aus dem Amt. Lanthaler geht als Hausarzt in den Sanitätsbezirks Brixen.
Auch hier ist die Nachbesetzung alles andere als einfach. Im geltenden Landesverzeichnis für Sanitätsdirektoren gibt es derzeit nur einen Eintrag: Thomas Lanthaler.
Demnach muss das Land für das neue Landesverzeichnis eine Interessenbekundung ausschreiben und eine Kommission einberufen, die die Eignung der Kandidatinnen und Kandidaten überprüft. Erst dann kann eine Ernennung erfolgen. Dieser Marschplan dürfte aber kaum mehr vor Ende des Jahres durchführbar sein.
 
 
Deshalb wird inzwischen angedacht, dass Roland Döcker derzeit Sanitätskoordinator im Gesundheitsbezirk Bozen, geschäftsführend die Aufgaben des Sanitätsdirektors übernehmen soll.
Damit aber stellt sich eine doppelte juristische Streitfrage.
Kann jemand, der nicht in das Landesverzeichnis eingeschrieben ist, zum geschäftsführenden Sanitätsdirektor ernannt werden?
Vor allem aber besteht auch bei Roland Döcker eine gesetzlich vorgeschriebene Karenzzeit. Mit den Führungspositionen in der Sanität sind nicht nur politische Ämter unvereinbar, auch Kandidaturen bei Wahlen sind ein Grund für einen zeitlich begrenzten Ausschluss. Das Gesetz besagt, dass jemand, der bei Wahlen kandidiert, danach fünf Jahre lang keine solche Spitzenposition bekleiden darf.
Roland Döcker hat am 10. Mai 2015 bei den Gemeinderatswahlen in Bozen auf der Liste „Nuova Cittá/ Neues Stadt“ von Dado Duzzi kandidiert. Demnach darf er bis zum 10. Mai 2020 keine Spitzenposition im Sanitätsbetrieb bekleiden. Döcker kann bis dahin auch dann nicht Sanitätsdirektor werden, wenn er die Eintragung ins Landesverzeichnis schafft.
Thomas Lanthaler zu ersetzen wird damit weit schwieriger werden als erhofft.