Umwelt | zoom #14

„Gold der Meere“ in den Dolomiten

Das fossile Baumharz Bernstein fasziniert Menschen schon lange. Für Paläobotaniker liefert es aber auch interessante Aufschlüsse über die Pflanzenwelt vor Jahrmillionen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Dolomitbernstein
Foto: Naturmuseum Südtirol

Bereits in der Antike war Bernstein - der streng genommen kein Stein, sondern uraltes, hart gewordenes Baumharz ist - wegen seiner goldgelben Farbe und seiner besonderen Lichtwirkung begehrt. Für Forscher und Wissenschaftler wie Evelyn Kustatscher vom Naturmuseum Bozen hingegen, hat Bernstein noch eine ganz andere Faszination. Weil die Harztropfen Einschlüsse von Pflanzen und Tieren über Jahrmillionen erhalten, ermöglichen sie Rückschlüsse auf die Ökosysteme vergangener Zeiten. Und die Dolomiten bieten hier einmal mehr interessante Aufschlüsse.

 

Eines der ältesten Harzfossilien der Welt

Entstanden vor mehr als 230 Millionen Jahren gilt der Dolomit-Bernstein als eines der ältesten Harzfossilien der Welt. Entdeckt wurde er erstmals 1913 bei Heiligkreuz im Gadertal. Fast 100 Jahre lang war er in Vergessenheit geraten, bis Forscher der Universität Padua Ende der 1990er Jahre bei Cortina einen größeren Bernsteinfund machten und auf ein interessantes Detail stießen. Nicht nur in Südtirol, auch in den USA, in Deutschland, Australien und China konnten Wissenschaftler Bernsteinfunde in eben diese Zeit datieren. Und das ist kein Zufall.

 

Wie der Dolomit-Bernstein entstand

Vor 230 Millionen Jahren waren die heutigen Dolomiten noch eine weite Meereslandschaft. Die Bäume in der Küstengegend verschlossen ihre Verletzungen mit Harz. Die klebrige, gelbe Masse schloss kleine Pflanzen und Tiere in ihre Tropfen ein, die erhärteten und schließlich im Meer landeten, wo sie ins Sediment eingebettet wurden. Sediment, Druck und Wasser ließ über Jahrmillionen daraus Bernstein entstehen. Was ist aber genau vor 230 Millionen Jahren geschehen? Und wie erklären sich die weltweit auffallend großen Bernsteinfunde aus jener Zeit? „Es ist auf einen Klimawandel zurückzuführen“, erklärt Evelyn Kustatscher: „Das Carnian Pluvial Event war ein globales Klimaereignis, geprägt von Erderwärmung und einer stärkeren Niederschlagstätigkeit. Deshalb produzierten Bäume und Pflanzen in dieser Zeit – wohl stressbedingt – besonders viel Harz. Große Mengen an Harz lassen auch größere Mengen an Bernstein entstehen. Und das können wir für die Zeit der Trias weltweit feststellen. Im Rückschluss bedeutet das: Jede einschneidende klimatische Veränderung hat mehr Bernstein im Sediment zur Folge.“

 

Sammlung ermöglicht neue Forschungsfragen

Als Paläobotanikerin, die sich mit fossilen Pflanzen beschäftigt, hat Evelyn Kustatscher diese Forschungsergebnisse der Universität Padua wissenschaftlich begleitet und sich, basierend auf der umfassenden Sammlung des Südtiroler Naturmuseums, auf die Suche nach weiteren klimabedingten Bernstein-Vorkommen in den Dolomiten gemacht. Hunderte Gesteinsproben aus den Pragser Dolomiten wurden mikroskopisch untersucht und tatsächlich konnte im Bereich des Piz da Peres Bernstein gefunden werden. Weil Bernstein eingeschlossene Pflanzen, Pollen, Sporen, Insekten oder Einzeller, die sich fossil nie erhalten hätten, hervorragend konserviert, ist er wegweisend für viele Forschungsfelder. Man darf gespannt sein, welche Erkenntnisse sich aus den Bernstein-Funden aus den Dolomiten noch schließen lassen.