Zufriedenheit bringt mehr Einsatz
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Im Jahr 2021 hat die Europaregion und ihre Partnerinstitute Arbeiterkammer Tirol, AFI | Arbeitsförderungsinstitut (Südtirol) und Agenzia del lavoro eine umfassende Befragung unter 4.500 Arbeitnehmern und Selbstständigen durchgeführt. Damit wollte man einen fundierten Einblick in die Arbeitsbedingungen in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino gewinnen. Die Ergebnisse werden nun in zeitlichen Abständen regelmäßig vorgestellt. Im heute (13. November) präsentierten Ergebnisbericht wird insbesondere den Fragen nach der Vereinbarkeit in den verschiedenen Branchen in Südtirol und in den Europa-Regionen nachgegangen sowie die Frage erörtert, wie es um die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf im Lebensalter zwischen 30 und 45 bestellt ist. Gerade in dieser Phase, die mittlerweile als „Rush Hour“ des Lebens bezeichnet wird, sind nach wie vor Frauen damit konfrontiert, den besten Zeitpunkt für die Geburt ihres Kindes zu wählen. Anschließend warten noch weitere Herausforderungen, so müssen möglicherweise Kredite für Investitionen in ein Eigenheim abbezahlt werden und auch im Beruf tun sich vielleicht ungeahnte Möglichkeiten auf.
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„Unsere Umfrageergebnisse zeigen auf, dass Frauen oft ihr Arbeitspensum reduzieren oder sogar temporär aus dem Arbeitsmarkt austreten, um diese Balance zu erreichen.“
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„Unsere Umfrageergebnisse zeigen auf, dass Frauen oft ihr Arbeitspensum reduzieren oder sogar temporär aus dem Arbeitsmarkt austreten, um diese Balance zu erreichen“, erklärte AFI-Präsident Andreas Dorigoni. Grundsätzlich sei die Situation in Südtirol jedoch gut und die Unterschiede zu Tirol und dem Trentino nicht sehr groß. Im Vergleich schneide die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino besser ab als andere europäische Regionen. In der Studie nicht enthalten sind allerdings jene Personen, die aus dem Berufsleben ausgestiegen sind, weil beide Herausfordungen – Beruf und Privatleben – für die Betreffenden nicht unter einen Hut zu bringen waren.
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Wie AFI-Forscher und Arbeitspsychologe Tobias Hölbling ausführte, gestalte sich die Vereinbarkeit besonders in zwei Branchen problematisch. Während es für die Forscher keine Überraschung darstellte, dass die Beschäftigten im Gastgewerbe Schwierigkeiten haben, Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen, fragt man sich nach den Ursachen, weshalb dies auch für das Gesundheits- und Sozialwesen zutrifft – einem Sektor, in dem viele Angestelltenverhältnisse auf Teilzeitbasis anzutreffen sind. Während viele Frauen nach der Familiengründung der Gastronomie- und Hotellerie-Branche den Rücken kehren, geben 92 Prozent der Befragten, die im Bereich Unterricht und Erziehung tätig sind an, dass sie mit der Vereinbarkeit zufrieden bzw. sehr zufrieden sind. Die hohe Frauen-Beschäftigungsquote lasse darauf schließen, „dass die Politik und Wirtschaft einiges richtig macht“, so Hölbling, der auch eine interessante Schlussfolgerung bezüglich Geburtenrate und Erwerbstätigkeit der Frauen parat hatte: Wenn Frauen die Sicherheit haben, dass sie ihr eigenes Geld verdienen können und sich die öffentliche Hand ausreichend um die Kinderbetreuung kümmert, dann steigt die Bereitschaft, Kinder zu bekommen bzw. die Geburtenrate steigt mit der Quote der Frauenbeschäftigung.
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Doch wie kann die Vereinbarkeit zukünftig noch besser gelingen?
In vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung kommen flexible Arbeitszeitmodelle den Berufstätigen sehr entgegen. Diese Modelle sollten auch in die Privatwirtschaft Einzug halten. Grundsätzlich gelte, so Hölbling, dass jene Arbeitskräfte, die ein Entgegenkommen seitens der Betriebe erfahren, ihrerseits wiederum mehr Einsatz und Engagment zeigen und sich stärker mit dem Betrieb identifizieren. Wem es an seiner Arbeitsstelle gut geht, weil das Unternehmen auf seine Bedürfnisse eingeht, fühlt sich diesem mehr verbunden, fehlt weniger oft und arbeitet produktiver.