Gesellschaft | Leben und Tod

Sterbehilfe für Kinder erstmals in Belgien

Können Kinder entscheiden, ob sie sterben wollen? Das belgische Parlament hat sich dafür ausgesprochen. Kinder könnten demnach Sterbehilfe erhalten, sofern sie todkrank sind, und ihre Eltern als auch sie selbst zustimmen.
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Foto: pixabay, Hallmackenreuther

Eine gefühlsgeladene Debatte war das im belgischen Parlament, sagte die Nachrichtensprecherin im Morgenjournal von Ö1, schließlich ging es bei der Abstimmung um ein sensibles und hochemotionales Thema. Dürfen Kinder selbst entscheiden, ob sie sterben wollen? Soll man nun auch minderjährigen Todkranken das Recht zugestehen, aktiv aus dem Leben zu scheiden? Ja, sagte das belgische Parlament als weltweit erstes nationales Gremium und trat eine umstrittene Debatte los.

Der offizielle Text zur belgischen Sterbehilfe, dem "Loi relatif à l'euthanasie" lautet:

Voraussetzung für die Erlaubnis des Tötens auf Verlangens ist, dass der Patient volljährig oder, falls minderjährig, mit hinsichtlich dieser Frage vergleichbarem Rechtsstatus ausgestattet ist ("mineur émancipé"), im Moment seines Verlangens zurechnungsfähig ist und sein Wunsch freiwillig, überlegt und ohne äußeren Druck formuliert wurde. Der Patient muss sich in einer medizinisch ausweglosen Situation befinden, in der ein anhaltendes, unerträgliches physisches oder psychisches Leid besteht, das durch einen Unfall oder eine schwere und unheilbare Krankheit verursacht ist und nicht gelindert werden kann.

Das Leiden kenne keine Altersgrenze, sagte Hans Bonte von den belgischen Sozialisten, die gemeinsam mit Grünen und Liberalen für das Gesetz gestimmt hatten, in der ARD-Tagesschau. Er ist überzeugt davon, "dass man auch in dieser schwierigen Situation zugestehen muss, dass junge Menschen das Recht haben, zusammen mit den Ärzten, zusammen mit den Eltern, in einer ausweglosen Lage, Abschied nehmen zu können vom Leben."

Kinderärzte und Bioethiker warnen vor einer allzu einfachen Auslegung des kindlichen Rechts auf Sterbehilfe und die deutsche Palliativstiftung meint: „Der Wunsch nach Sterbehilfe rührt oft aus Verzweiflung und Nicht-Wissen über die palliative Versorgung her, aber alle belastenden Symptome schwerstkranker Kinder und Erwachsener können gelindert werden.“ Eine gute Palliativversorgung mache Sterbehilfe überflüssig. 

Der belgische Senat hatte bereits Ende vergangenen Jahres dem Vorhaben zugestimmt. Nun muss Belgiens König Philippe das Gesetz noch unterzeichnen, was allgemein erwartet wird. Dann könnten die neuen Regeln in einigen Wochen oder Monaten in Kraft treten. Aktive Sterbehilfe ist derzeit in der EU nur in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden erlaubt. In Italien ist die Tötung auf Verlangen und die Beihilfe zum Suizid verboten.