Altoatenisierung auf dem Vormarsch?
Im Gemeinderatswahlkampf sprach Christian Kollmann nicht nur von einer deutscheren Stadt, sondern auch von deutschen Schulen mit deutschen Lehrern für deutsche Kinder. Junge MigrantInnen und Italienerinnen würden den deutschen Unterricht stören: aus einem am Beginn stehenden offensichtlich erfolgreichen Integrationsprozess wird eine Gefahr konstruiert, die für schlechtere Sprache der Eigenen verantwortlich sei und zu einer "Verelsässerung" führe.
Nicht Dialekt ist das Problem in diesen Breitengraden, sondern das Alleinstellungsmerkmal und Gleichsetzung von Abstammung, Herkunft und Nation mit Sprache. Aus mangelnder gesellschaftlicher Identifikationsmöglichkeit und versäumtem "nation building" (wie in Österreich nach dem 2.WK) kommt es teilweise (!) zu einer Überbetonung lokaler Bräuche.
Sehr empfehlen möchte ich in diesem Zusammenhang den Mitschnitt des von dieverkstatt und zigorimedia organisierten und von Markus Lobis moderierten Abends zum Thema "Heimat": https://www.youtube.com/embed/UZ0trDVmNlU
Einer Teilnehmer vergleicht diese Überbetonung mit dem Verhalten von Migrantinnen mit Integrationsschwierigkeiten. Gebräuche, die im eigenen Land überholt scheinen, werden im Einwanderungsland quasi neu entdeckt.
Diese Einschätzung deckt sich mit dem Eindruck einer Interviewpartnerin der "Zeit":
"Wenn ich da auch etwas sagen darf: Meine Eltern waren vor 30 Jahren als Touristen hier und haben mir im Iran von Deutschland erzählt, als ganz modernem Land. Als ich dann vor vier Jahren aus dem Iran nach Deutschland kam und Frauen in Burka sah, habe ich meine Mutter gefragt: "Mama, was ist hier los? Du hast mir was ganz anderes erzählt. Wo sind wir? Auf dem Dorf?" (aus: http://www.zeit.de/2016/19/integration-fluechtlinge-heimat-deutschland/s...)
So gesehen kann sogar der Versuch nach einer Beantwortung der Frage nach der Grenze von Liberalismus unternommen werden und das von einem Grünen (Efgani Dönmez - Die Grünen Österreich). Für Dönmez ist die Grenze bei archaischen Stammengesellschaften erreicht. https://www.youtube.com/watch?v=yffLKowKqIk
Für Sprachunterricht, Mediengebrauch und im Umgang mit Behörden wird in Zukunft in Südtirol besonders wichtig den öffentlichen (!) Arbeitsmarkt (Stichwort Proporz(!) und Ansässigkeitsprinzip(!)) zumindest für ÖsterreicherInnen zu öffnen, um eine hohe Qualität einer überregionalen Sprache zu erreichen. Eine Regionsbürgerschaft für MigrantInnen mit zeitlich begrenzter Bewährungszeit, aber allen Rechten auf regionaler Ebene und als 4. Gruppe des Proporzes, könnte einen Gewinn für den Erwerb von englischer Sprache darstellen. Als Mindestziel könnte man Austauschschüler für Spracherwerb Deutsch (oder auch Ladinisch oder auch Italienisch) formulieren.
Die Provinz als Hort von Rückständigeit und Inbegrff von Peripherie steht schon sehr lange in der Kritik. Neu ist, dass Regionalität verstärkt als ein Ansatz zur Lösung von Wirtschaftskrise mittels Stärkung der lokalen Kreisläufe. Viel spannender als nationalistischer Hickhack könnte die Frage sein, wie diese Kreisläufe der Zukunft aussehen?