Wirtschaft | Vollversammlung

„Veränderung ist der neue Normalzustand“

Der Raiffeisenverband schaut auf ein erfolgreiches Jahr zurück, Schwierigkeiten bereiten Fachkräftemangel und neue Auflagen. Gastrednerin Jutta Rump zeigt die Trends auf.
Raiffeisenverband
Foto: Raiffeisenverband
  • Gestern (13. Juni) hat der Raiffeisenverband in seiner ordentlichen Vollversammlung Bilanz über das Geschäftsjahr 2023 gezogen. „Das vergangene Jahr war im Schnitt normal. Allerdings hat die überbordende Regulierung der Raiffeisenkassen und des Energiesektors einige Schwierigkeiten mit sich gebracht“, erklärt der wiedergewählte Verbandsobmann Herbert von Leon. „Es kommen fast schon im Monatsrhythmus neue Bestimmungen auf uns zu. Das ist für unsere kleinen Genossenschaften sehr herausfordernd.“ 

    „Eine große Konzernbank kann diese Auflagen erfüllen, aber keine kleine Bank im Ultental.“

    Mit den neuen Regelungen auf Staats- und EU-Ebene sollen multinationale Unternehmen stärker kontrolliert werden. „Hier fehlt uns die Angemessenheit bei kleinen produzierenden Genossenschaften“, erklärt von Leon. Auch für Generaldirektor Robert Zampieri lief das Jahr zufriedenstellend. „Wir konnten ausgezeichnete Ergebnisse bei den Raiffeisenkassen erzielen, in der Landwirtschaft haben wir trotz eines schwierigen Umfelds zufriedenstellende Auszahlungspreise.“ Die Bruttowertschöpfung der gesamten Raiffeisenorganisation lag bei 876 Millionen Euro – statistisch entspreche das 3.751 Euro pro Haushalt in Südtirol. 

    Auch Zampieri betont, dass Südtirols kleine Strukturen geschützt werden müssen. „Die Kleinstrukturiertheit hat Südtirol vor allem in der Peripherie viel Wohlstand gebracht. Sie wird aber immer wieder in Frage gestellt, weil Brüssel, Frankfurt und Rom neue Auflagen im Banken- und Energiesektor vorlegen. Eine große Konzernbank kann diese Auflagen erfüllen, aber keine kleine Bank im Ultental“, so Zampieri. Der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann sowie die Abgeordneten in Rom seien hierbei wichtige Ansprechpartner. Ehrengast der Vollversammlung war außerdem die neue Soziallandesrätin Rosmarie Pamer.

  • Herbert von Leon: „Das vergangene Jahr war im Schnitt normal.“ Foto: Raiffeisenverband
  • „New Work“

    Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Was passiert, wenn ältere Angestellte nicht mehr ersetzt werden können? Mit diesen Fragen beschäftigt sich nicht nur der Raiffeisenverband, sondern auch Jutta Rump von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz. Bei der Vollversammlung erklärte sie in einem Kurzvortrag, was jetzt auf Unternehmen zukommt. 

    „Die junge Generation hat 50 Arbeitsjahre vor sich, in einer Welt, in der Veränderung ein Normalzustand ist.“

    Ob Digitalisierung, Klimawandel, gesellschaftlicher Wertewandel, wirtschaftliche Trends, Nachhaltigkeit, Arbeits- und Fachkräftemangel sowie der demografische Wandel – heute kommt auf Unternehmen viel Veränderung zu. „Diese zentralen Trends werden in den nächsten Jahren ihre volle Wirkung entfalten“, erklärt Rump. 

    „Es werden sehr viele ältere Menschen das Arbeitsleben verlassen und weniger jüngere nachkommen. In dieser Mangelsituation ist die Attraktivität des Arbeitgebers umso wichtiger. Da geht es um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, aber auch darum, wie Mitarbeitende langfristig beim Unternehmen bleiben, der sogenannte Klebeeffekt“, sagt die Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung. Ein gutes Betriebsklima, Freude sowie Sinnhaftigkeit an der Arbeit und eine Perspektive für die eigene Weiterentwicklung seien wichtige Faktoren, um Beschäftigte langfristig an ein Unternehmen zu binden. 

    „Die junge Generation hat 50 Arbeitsjahre vor sich, in einer Welt, in der Veränderung ein Normalzustand ist. Die ganz entscheidende Frage für sie ist, wie sie selbst in Balance bleiben können“, sagt Rump. Psychische und körperliche Gesundheit seien deshalb wichtige Themen für jüngere Menschen, die aber auch für ältere Generationen relevant sind. „Arbeitgeber sollten Mitarbeitende nicht wie eine Zitrone auspressen, sondern verantwortungsvoll mit ihnen umgehen.“ 

  • Das Geschäftsjahr

    Robert Zampieri: „Wir konnten ausgezeichnete Ergebnisse bei den Raiffeisenkassen erzielen, in der Landwirtschaft haben wir trotz eines schwierigen Umfelds zufriedenstellende Auszahlungspreise.“ Foto: Raiffeisenverband

    Das Eigenkapital der Raiffeisen-Genossenschaften betrug am Jahresende 3,9 Millirarden Euro, die aggregierte Bilanzsumme 26,5 Milliarden Euro. Die 39 Raiffeisenkassen und die Landesbank erzielten einen Überschuss von 219 Millionen Euro, die Kundeneinlagen beliefen sich auf 14,15 Milliarden Euro und die Ausleihungen auf 11,17 Milliarden Euro. 

    Die Obstgenossenschaften hatten ein schwieriges Geschäftsjahr 2022 / 23, die Obsternte war im Jahr 2022 um 8,4 Prozent geringer und der Preis pro Kilo Obst und Gemüse sank um 0,9 Prozent auf 0,4556 Euro, ohne Mehrwertsteuer. Bei den Kellereigenossenschaften sah es besser auf, die Ernte erhöhte sich um rund 9,5 Prozent. Der Kilopreis betrug im Durchschnitt 3,17 Euro. 

    Bei den Molkereigenossenschaften zeigt sich eine gemischte Lage: Zwar erhielten die Molkereien im Jahr 2023 5,2 Prozent weniger Milch angeliefert als im Jahr zuvor. Trotzdem konnte der Kilopreis für Milch um 18,3 Prozent auf 0,692 Euro erhöht werden. 

    Die rund 75 Energiegenossenschaften von Raiffeisen haben derzeit über 25.000 Mitglieder. „Mittlerweile produzieren auch landwirtschaftliche Genossenschaften auf den Dächern ihrer Gebäude Solarenergie“, berichtet von Leon. „Bei der erneuerbaren Energie gibt es noch großes Potential, vor allem Biogas-Anlagen bräuchten hier eine Landesförderung.“ 

  • Der Verwaltungsrat des Raiffeisenverbands: (alphabetische Reihenfolge) Alois Karl Alber, Georg Baron Eyrl, Karl Hofer, Nikolaus Kerschbaumer, Andreas Kofler, Georg Kössler, Thomas Oberhofer, Eva Pramstrahler, Joachim Reinalter, Leonhard Resch, Johannes Runggaldier, Andreas Sapelza, Johann Josef Spechtenhauser, Andreas Tappeiner, Ursula Thaler, Herbert Von Leon, Harald Werth, Peter Winkler; Foto: Raiffeisenverband
  • Neuwahlen

    Gewählt wurden in den 18-köpfigen Verwaltungsrat folgende Mitglieder für die kommenden drei Jahre: Alois Karl Alber, Georg Baron Eyrl, Karl Hofer, Nikolaus Kerschbaumer, Andreas Kofler, Georg Kössler, Thomas Oberhofer, Eva Pramstrahler, Joachim Reinalter, Leonhard Resch, Johannes Runggaldier, Andreas Sapelza, Johann Josef Spechtenhauser, Andreas Tappeiner, Ursula Thaler, Herbert Von Leon, Harald Werth, Peter Winkler.

    Der Obmann des Raiffeisenverbands für die kommenden drei Jahre bleibt Herbert von Leon, erster Obmannstellvertreter ist Alois Karl Alber und zweiter Obmannstellvertreter Harald Werth. Neu gewählt wurde auch der Überwachungsrat mit folgenden Mitgliedern: Josef Auer, Andreas Josef Jud und Florian Kiem.

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Josef Fulterer So., 23.06.2024 - 16:50

... neue Auflagen + der Raiffeisenverband wird sie im voraus-eilendem Gehorsam erfüllen + die deswegen notwendigen Dienstleistungen mit den Mitgliedgenossenschaften, Sau-teuer abrechnen, "statt sich darum zu bemühen, die Bürokratie nicht überkochen zu lassen!

So., 23.06.2024 - 16:50 Permalink