Ich arbeite, wenn alles steht
Wenn Bruno Bratti sich um fünf Uhr früh aufs Radl schwingt, ruht der größte Teil der Stadt noch, Bruneck schläft, Südtirol ruht, Italien steht still. Ein Tag vor Ferragosto, 14. August, ein heißer Tag im Stiefelstaates. Die Reinigungs- und Wartungsfirma Ridix, bei der Bruno angestellt ist, läuft auf Hochtouren, wenn die Produktionen der meisten Unternehmen brach liegen. „Momentan reinigen und warten wir 450 Maschinen in zwei riesigen Produktionshallen in Südtirol. Gemeinsam mit uns sind Elektriker, Maurer und Hydrauliker vor Ort. Es ist wie eine kleine Baustelle.“ Bruno ist der Vorarbeiter, plant und koordiniert mit zwei Mitarbeitern die Arbeit, die zu tun ist. Öl-, Wasser- und Waschmittelauffüllen
klingt nach wenig Arbeit, bei so vielen Maschinen aber ist Konzentration und Genauigkeit gefragt. „Um fünf Uhr fangen wir an, dann geht es durch bis um zwei.“ In Schichten wird gearbeitet, das ganze Jahr über. Bestimmte Maschinen brauchen mehr Öl, bestimmte weniger, das Kühlmittel muss kontrolliert werden, die Konzentration muss stimmen, sonst könnten Teile der Maschine beschädigt werden – „das überwachen wir in großen Firmen täglich, in den ein bis zwei Wochen jetzt geht es um eine Generalüberholung.“
Arbeit bei Bedarf
Der 47-Jährige lebt allein mit Pollo und Mucca, seinen beiden Katzen. „Ob ich jetzt arbeite oder zu Weihnachten, das macht für mich keinen Unterschied, ich hab ja sozusagen niemand der mich an diesen Tagen ganz dringend braucht.“ Urlaub nimmt Bruno lieber später, wenn es ruhiger ist, und die Kosten sinken, gerade plant er eine Reise nach Berlin zu Freunden, im September. „Für mich ist das jetzt eine normale Arbeitswoche, das hilft mir. Ich will nicht denken, jetzt hat der frei, der eine geht wandern, der eine macht dies, da ist man abgelenkt und man arbeitet nicht gut. Der Kopf muss schon bei der Sache sein.“
Die Temperatur in der Produktionshalle liegt bei 30 Grad. Trotzdem ist eine angemessene Arbeitskleidung wesentlich. Drei verschiedene Handschuhe hat der Arbeiter stets parat, Stoffhandschuhe für die normale Arbeit, Plastikhandschuhe um Becken zu reinigen und Gummihandschuhe, die bis zum Ellebogen reichen, wenn es darum geht, nicht mit ätzenden Substanzen in Kontakt zu kommen. „Die Sicherheit ist mir sehr wichtig; ich hatte vor Jahren einen Arbeitsunfall, weil ich aus Leichtsinn kurze Hosen getragen habe. Mit ein paar Eisenstecken hab ich mir am Fuß einen großen Schnitt geholt. Seitdem bin ich vorsichtiger geworden", erklärt Bruno.
Arbeitssicherheit
Seitdem ist Schutzkleidung ist für ihn ein Muss: Lange Hosen, Schutzbrillen gegen die Späne beim Eisenschneiden, weiße Kapuze wenn mit dem Hochdruckreiniger geputzt wird,Schuhe mit Stahlkappen. „Ich schau da schon sehr darauf, dass die Arbeiter, die mit uns in den Hallen putzen gut ausgerüstet und ordentlich gekleidet sind.“ Fix installiert ist Bruno und sein Team das ganze Jahr über in einer großen Firma in Bruneck, dort wird in der Ferragostowoche alles auf Vordermann gebracht. Bei kleinen Firmen mit bis zu zehn Maschinen passiert die Wartung meist durch die Arbeiter vor Ort, „das rechnet sich erst ab einer bestimmten Größe, eine Wartungsfirma zu betreuen.“ Bis wann welche Maschinen fertig geputzt sein müssen, das entscheidet die Auftragslage der Firmen selbst. „gerade putzen wir in einer Firma, die einen großen Auftrag rein gekriegt hat, da müssen wir bis 19. August alles top haben.“
Privat und Beruf
Mit seinem Chef ist Bruno auch privat befreundet, „bei der Arbeit ist er mein Vorgesetzter, privat, das ist eine andere Sache und das funktioniert auch gut, muss ich sagen. Er behandelt uns fair, trifft die richtigen Entscheidungen.“ Die viel zitierten Krise sieht der sportliche Mann in den Firmen, in denen er unterwegs ist, bislang nicht. Am eigen Leib spürt er sie jedoch, die hohen Mietpreise in Bruneck, die Mehrwertsteuer erhöht sich, die Lebensmittel werden teurer, dabei hat er keinen Führerschein, muss sich kein Auto erhalten. „Finanziell – ja...“, zögert Bruno“, es geht mir eigentlich nicht schlecht, wenn ich mich mit meinen Kollegen vergleiche. Aber es ist so: Die Löhne und die Kosten im Leben, die machen zwei verschiedene Schritte. Die Kosten machen einfach größere Schritte und die Löhne bleiben gleich. Mit einer Familie wäre es ungleich schwieriger.“ Stur ist er auch, aber besonnen. „Mit der Vodafone verhandle ich grad. Ich habe kein Fixtelefon, und trotzdem haben sie mir die Rechnung erhöht, ohne mir etwas zu sagen. Grad bin ich beim Diskutieren, denn das ist wesentlich, sagen, was einem nicht passt.“ Jetzt geht Bruno kochen, Bratkartoffeln mit Spiegelei, vier Stück, denn Arbeit, macht hungrig.