“Die Kleinen kaputt machen”
salto.bz: Herr Plattner, was ist zwischen der SAD und dem KSM vorgefallen?
Martin Plattner: Seit Jahren gab es ein Abkommen mit der SAD. Einige Mitgliedsbetriebe fuhren als Sub-Konzessionäre Liniendienste. 3,3 Millionen Kilometer im Jahr. Als Ingemar Gatterer eingestiegen ist, wurde uns der Kilometerpreis reduziert. Da sind wir noch still geblieben. Aber dann haben wir heuer im Sommer das PPP-Projekt nicht unterstützt, das die SAD eingereicht hat. Infolgedessen hat man uns die gesamten Dienste entzogen.
Keine Aufträge mehr weil das KSM dem PPP-Projekt für die Neuvergabe der Konzessionen für die Überlandslinien im kommenden Jahr nicht zugestimmt hat?
Ja, weil wir das PPP-Projekt nicht unterstützt haben. Aber wir hätten es nie unterstützen können.
Warum?
Auf den 300 Seiten, die zum PPP-Projekt eingereicht wurden, werden die Mietwagenunternehmer in keiner einzigen Zeile erwähnt. Wir haben verlangt, dass die Klein- und Mittelbetriebe des KSM zumindest an einigen Stellen erwähnt werden und damit mit in das Projekt aufgenommen werden. Aber wenn wir nicht dabei sind, können wir es ja auch nicht unterstützen.
Wir haben mitgeholfen, dass der öffentliche Personennahverkehr funktioniert. Und jetzt stehen wir draußen im Regen.
Wurde das KSM von der SAD aufgefordert, das PPP-Projekt trotzdem zu unterstützen?
Ja. Es hat eine Menge Treffen gegeben, mit der SAD-Führung, Direktor – mit allen. Dabei haben wir betont, dass wir für das PPP-Projekt sind und wir es sehr wohl unterstützen. Aber wir sollen auch erwähnt werden. Schließlich sieht das PPP-Projekt ja vor, dass die Aufträge gegebenenfalls unter denen aufgeteilt werden, die das Projekt vorlegen. Und auf diesen 300 Seiten werden wohl drei Seiten Platz für uns sein – oder eine Seite. Aber angeblich war kein Platz. Und deshalb konnten wir es auch nicht unterstützen.
Welche Aufträge wurden den KSM-Mitgliedern von der SAD konkret entzogen?
Alle. Alle Aufträge wurden auf null gestellt.
Geht das einfach so?
Es waren Sub-Verträge, also keine Konzession. Sie haben uns schon vor mehreren Monaten gesagt: Wenn ihr uns nicht unterstützt, nehmen wir euch alle Aufträge. Das ging dann schrittweise los, Aufträge wurden teilweise entzogen. Bis uns am 9. Dezember tatsächlich alle genommen wurden.
Mit welchen Konsequenzen für die betroffenen Betriebe?
Sie werden kurz- oder mittelfristig schließen müssen.
Von wie vielen Betrieben ist die Rede?
Über 40.
Warum fahren so viele Mietwagenbetriebe Liniendienste?
Begonnen haben die Liniendienste unserer Mietwagenunternehmen zu Zeiten als noch Thomas Widmann Mobilitätslandesrat war. Durch die Einführung des Abo+ und die Vinschgerbahn haben wir viel Arbeit verloren. Denn die Schüler fahren ja alle gratis, ein eigener Schülertransport wie bei Maiausflügen wurde nicht mehr benötigt. Doch das Bedürfnis nach Mobilität wächst und die Linien wurden potenziert. Unser Vorschlag war, unsere Busse dafür zu benutzen – damit wir keine Verluste haben. Das wurde dann so gemacht. Aber jetzt haben wir sehr wohl Verluste. Schauen Sie, wir haben mitgeholfen, dass der öffentliche Personennahverkehr funktioniert. Und jetzt stehen wir draußen im Regen.
Wenn das die Qualität des Südtiroler Nahtransportes ist, dann Glückwunsch!
Werden auch die Fahrgäste die Folgen der Auftragsentziehung spüren?
Natürlich. Es sind gewichtige Linien, die nun wegfallen. Die zwei Unternehmen, die die SAD durch einen so genannten contratto di rete beauftragt hat – Dibiasi und Sonnenreisen – platzen heute schon aus allen Nähten. Fahrten werden ausgelassen, es wird Verspätungen geben und so weiter. Wenn das die Qualität des Südtiroler Nahtransportes ist, dann Glückwunsch!
Wie haben Landeshauptmann und Mobilitätslandesrat reagiert als Sie mit ihnen über die schwierige Situation der kleinen Mietwagenunternehmen gesprochen haben?
Sie werden ja nicht nur von uns bombardiert, sondern von der gesamten Bevölkerung! Weil die Dienste nicht mehr funktionieren, weil die Kinder nicht mehr nach Hause kommen… Wir werden mit unseren Schülertransporten (die KSM-Betriebe versehen Sondertransporte für Schüler, die die Schule nicht zu Fuß oder mit dem Linienbus erreichen können, Anm.d.Red.) nicht mehr auf die SAD warten wenn sie Verspätung hat! Sondern uns einfach an unseren Fahrplan halten. Denn sollen wir immer eine halbe Stunde im Regen stehen und warten bis der Bus ins Tal kommt – mit Fahrern, die allesamt von auswärts sind?
Gibt es mit diesen Fahrern Probleme?
Die Fahrer, die für die SAD bzw. über die contratti di rete für die beiden erwähnten Unternehmen fahren, sind meist Fahrer aus Albanien, Kroatien oder Rumänien. Viele sprechen nicht einmal italienisch, vom Deutschen reden wir erst gar nicht. Und kennen weder Straßen noch Haltestellen. In den Bussen selbst gibt es keinen Haltestellenabruf, die Kinder müssen bei den Haltestellen, an denen sie aussteigen müssen, laut schreien – und werden 100 Meter nach der Haltestelle rausgelassen, auf offener Straße.
Die Betriebe werden kurz- oder mittelfristig schließen müssen.
Das Land bzw. der Landeshauptmann betont immer wieder, dass man keine direkte Interventionsmöglichkeit habe, da die SAD inzwischen ein zu 100 Prozent privates Unternehmen ist. Haben Sie dennoch eine Forderung an die Politik?
Wer zahlt denn den Transportdienst? Das Land! Und für das, was es zahlt, hat das Land das Recht, einen guten, qualitativen Dienst zurückzubekommen. Aber wenn das Land keine Maßnahmen ergreift, werden wir eben weiter gehen. Das wird uns sicherlich eine Stange Geld kosten und die Betriebe werden trotzdem schließen müssen – denn eine unmittelbare Lösung gibt es für sie nicht. Doch wir werden nicht still bleiben.
Als KSM sind auch Sie für den Abschluss eines Landeszusatzabkommens im Personentransport…
Natürlich sind wir dafür! Unsere Chauffeure bezahlen wir bereits heute über den Tarifen der SAD und jenen des Staates. Weil wir wollen, dass unsere Fahrer gut ausgebildet sind und dass den Kunden ein guter Dienst geboten wird.
Ein territorialer Kollektivvertrag wäre also eine zusätzliche Garantie für die Qualität des öffentlichen Personennahverkehrs?
Sowieso. Wir sind absolut dafür. Das gebührt den Mitarbeitern, die schließlich auch viel Verantwortung tragen.
Sie haben uns schon vor mehreren Monaten gesagt: Wenn ihr uns nicht unterstützt, nehmen wir euch alle Aufträge.
Nur müssten für den Abschluss eines solches Abkommens alle Dienstleister im Personentransport in einem Boot sitzen...
Mit dem PPP-Projekt hätte das funktioniert. Zwei Player sind dort ja schon dabei – LiBUS und SAD. Man hätte nur das KSM mitnehmen müssen! Es wäre eine Lappalie gewesen!
Wie erklären Sie sich, dass das KSM im PPP-Projekt nicht vorkommt? Sind die kleinen Mietwagenunternehmen einfach vergessen worden?
Nein, wir wurden nicht vergessen. Das wurde bewusst gemacht, um die Kleinen auszuschalten, damit sie nicht zu groß werden. Die Kleinen kaputt machen, damit sie morgen nicht mehr auf dem Markt sind und danach hat man Narrenfreiheit. Das ist das Motto des PPP-Projekts, das abgegeben wurde. Wenn die Qualität dann nicht stimmt, hat das Land keine Alternative.
Der Landeshauptmann hat mehrmals angekündigt, die Neuvergabe der Überlandslinien so gestalten zu wollen, dass “das öffentliche und nicht das Interesse eines einzelnen privaten Unternehmens” gewahrt wird. “Eine Monopolisierung im öffentlichen Nahverkehr muss vermieden werden”, sagt Arno Kompatscher.
Ich hoffe es. Ich hoffe, dass man aus diesem Schlamassel eine Lehre gezogen hat.
Ja was nun ???Herr
Ja was nun ???Herr Kompatscherr,wenn das Land angeblich nichts tun kann??? Warum habt ihr es überhaupt so weit kommen lassen???? Ist das modernes Management???? Und trotzdem muss das Land zahlen für diese obgenannten Dienste???? Seid ihr eigentlich noch bei TROST?????
Normalerweise werden in einem
Normalerweise werden in einem Vertrag eine Pönale, oder andere Maßnahmen vorgesehen, die bei Nichterfüllung der vereinbarten Leistungen greifen. Im Grunde erfüllt die SAD die vorgesehenen Leistungen, nämlich einen verlässlichen Nahtransport zu gewährleisten, schon seit Längerem nicht mehr. Die neue Betriebsführung hat durch ihren rabiaten und zynischen Umgang mit ihren MitarbeiterInnen schon zahlose Streiks und konkreten Schaden für die Nutzer verursacht. Und das in Südtirol, wo es bis zu einem Streik der Arbeitnehmer wirklich sehr viel braucht! Darüber hinaus wird auf diese Weise das Image des öffentlichen Verkehrs beschädigt und dies ist ein Schaden, der nicht so schnell wieder gut zu machen ist.
Wie lange brauchen die Verantwortlichen im Land denn noch dazu, hier mal für Ordnung zu sorgen? Wenn ein Mitarbeiter des Landes seine Lunchkarte nutzt und darüberhinaus noch die Mensa frequentiert, also einen Schaden von wenigen Euro verursacht, dann wird schnell und äußerst energisch vorgegangen, wie mir aus vergangenen Jahren noch in Erinnerung ist. Aber hier gilt wohl auch der Spruch von Senator Zeller im Zusammenhang mit den Pensionen der Politiker und denen für die BürgerInnen "man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen".