Gesellschaft | Charakterköpfe
Der Star im Barock
Foto: Paul Troger/Selbstporträt
„Weil sein Pinsel in ganz Europa vor anderen sonderbar in Fresko berühmt“, ließ der Fürstbischof von Brixen 1748 den neuerbauten barocken Dom von Paul Troger ausmalen.
Die von 1748 bis 1750 entstandenen Deckengemälde stellen nicht nur das glanzvollste Zeugnis dieser Epoche im südlichen Tirol dar, sie zählen auch zu den Meisterleistungen der barocken Kirchenmalerei überhaupt. Ihr Schöpfer wurde 1698 in Welsberg als Sohn armer Leute geboren. Dieses Pustertaler Dorf gehörte zum Herrschaftsgebiet der Brixner Fürstbischöfe. Als einige Hofschranzen glaubten mit dem ehemaligen „Unterthan“ um das Honorar feilschen zu können, bedeutete ihnen der Erzbischof von Wien, wo der Künstler seit 1728 lebte, „es wäre ihm Troger ganz gleichgültig, ob er zu Brixen den Dom oder in Wien oder Leibach zu malen hätte“. Tatsächlich war Paul Troger damals bereits seit langem ein großer Star. Nach Ausbildungsjahren in Venedig, Rom, Neapel und Bologna kehrte er nicht in seine Heimat Südtirol zurück, sondern ließ sich zuerst in Salzburg und dann in Wien nieder.
In der Hauptstadt des Habsburgerreiches wurde er Professor und zeitweise auch Rektor der Akademie der Bildenden Künste. Die von ihm gegründete Malerschule war die bedeutendste in Österreich und wurde von 250 Schülern besucht. Viele davon, wie sein Landsmann Martin Knoller, zählten später ebenfalls zu den großen Meistern.
Seinen Ruf als führender Barockmaler begründete Paul Troger mit seinen grandiosen Werken in den Klöstern Niederösterreichs, Tschechiens und Ungarns, so u.a. in Melk, Zwettl, Altenburg, Seitenstätten, Geras und Göttweig. In ihnen spiegelt sich der ganze Glanz einer Epoche wider, die nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und mit dem Wiederaufblühen des religiösen Lebens zu neuer Lebensfreude gefunden hatte.
In Paul Trogers großflächigen Deckengemälden schweben die Heiligen in einer himmlischen Sphäre voller Licht und Farbe. Die gezielt gesetzten Kontraste zwischen Licht und Dunkel verleihen seiner Malerei eine Steigerung ins Expressive, was noch 300 Jahre später Oskar Kokoschka beeinflusste.
Die Deckengemälde im Brixner Dom stellen die letzte große Arbeit des Künstlers dar. Danach widmete sich Paul Troger bis zu seinem 1762 in Wien eingetretenen Tod vorwiegend der Tafelmalerei. Es ist bezeichnend, dass Troger und andere namhafte Südtiroler Barockmaler, wie Martin Knoller oder Johann Evangelist Holzer, fast alle ihrer Meisterwerke außerhalb ihres Geburtslandes schufen.
In ihnen spiegelt sich der ganze Glanz einer Epoche wider, die nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und mit dem Wiederaufblühen des religiösen Lebens zu neuer Lebensfreude gefunden hatte.
Der Grund dafür ist, dass Tirol im 17. und 18. Jahrhundert eine Zeit des Niedergangs erlebte. Der einst so reiche Bergsegen war längst versiegt. Neue Handelsrouten führten zu einem starken Rückgang des Binnenhandels zwischen Deutschland und Italien, der sich früher vorwiegend über den Brenner- und Reschenpass abgespielt hatte. 1665 erlosch die Tiroler Linie der Habsburger. Seitdem wurde das Land von Wien aus regiert und verlor seine Sonderrechte. Tirol wurde zur Provinz.
Das ist der Grund, warum die Barockzeit hier abgesehen vom Brixner Dom und einigen Wallfahrtskirchen nie jene Blüte erreichte, wie in anderen Gebieten der Habsburgermonarchie und im süddeutschen Raum. Das Gute daran ist, dass dadurch die Bauten aus dem Mittelalter größtenteils erhalten blieben, welche qualitativ auf einem viel höheren Niveau stehen, als die Erzeugnisse der Barockzeit.
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