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Handwerk 2.0

Das Trentiner Startup „Italian Stories“ verleiht traditionellem Handwerk eine Prise Zeitgeist. Auch Südtiroler Pfeifenmachern.
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Foto: Italian Stories

Es mag unbestritten sein, dass uns das digitale Zeitalter und die Globalisierung einen Haufen Probleme und Herausforderungen gebracht haben. Und doch gibt es dann wieder Geschichten wie jene des Pfeifenmachers Bertram Safferling, der von einen Tag auf den anderen tausende Facebook-Fans in China hatte. Warum? Weil das chinesische Magazin „Ellemen China“ in einem Bericht über die Web-Plattform „Italian Stories“ ein großes Porträt von ihm in seinem Atelier in der Bozner Gebergergasse abbildete. Denn der passionierten Pfeifenmacher ist einer von mittlerweile hunderten Handwerkern aus ganz Italien, die über den Marktplatz ihre Leistungen anbieten. Zum Beispiel einen 15-stündigen Kurs, in dem Interessierte in seinem Atelier sich selbst aus Wurzelholz ihre eigene Safferling-Freehand-Pfeife machen können.  

 

Es ist eine der vielen Einladungen, mit denen auf „Italian Stories“ dazu animiert wird,  vergessene, originelle und fast immer faszinierende handwerkliche Fertigkeiten zu entdecken und oft selbst auszuprobieren. Neben Führungen können die Besucher der Plattform in Werkstätten und Ateliers zwischen Sizilien und Südtirol in diversen Workshops ihre eigenen Hände benutzen und ihre Kreativität spielen lassen. Vom Tischlern eines trendigen Möbelteils bis hin zum Knüpfen von Ketten vom Weben bis zum Hütemachen, vom Meißeln bis zum Dekorieren einer traditionellen venezianischen Maske. „L’artigianato 2.0“ wird die Geschäftsidee des 2015 ins Leben gerufenen Trentiner Startups in einem der vielen Berichte benannt, die in den großen nationalen, aber auch mehreren internationalen Medien über die Plattform erschienen sind. Ende November wird sich entscheiden, ob sie noch weit mehr Sichtbarkeit erhalten. Denn in diesen Tagen sind die beiden Firmengründer, die Architekten Eleonora Odorizzi und Andrea Miserocchi für die Endrunde des Premio Cambiamenti nominiert worden, einen mit bis zu 20.000 Euro dotierten Start-up-Preis des Handwerkerverbandes CNA.

„Wie viele junge Leute in diesem Land haben wir uns gefragt: Was sollen wir inmitten dieser Krise mit unserem Leben anfangen“, erzählte die junge Architektin Eleonora Odorizzi in einem Interview. Ein Master in Relational Design in der Tasche, Erfahrung mit Sozialen Medien und der Schaffung von virtuellen Communitys – und was nun? Die Antwort, die die beiden Firmengründer fanden: Auf jene zwei Stärken zu setzen, die Italien nach wie vor hat, den Tourismus und das Handwerk. Mit „Italian Stories“ werden beide auf innovative Art verbunden – dank digitaler Medien und zeitgemäßem Design. Was in der Gastronomie oder der Weinwirtschaft auch in Südtirol schon seit längerem zieht, kann so nun auch für das Handwerk wieder neuen Wert erhalten. Authentizität, Einzigartigkeit, Tradition – all diese Werte werden in den Geschichten, die die Firmengründer über die von ihnen ausgewählten Betriebe erzählen, über Facebook, Twitter und Instagram in die Welt hinausgetragen. Für die dazugehörigen Fotos ist übrigens eine Boznerin verantwortlich: die Fotografin Claudia Corrent, die dem Projekt eine über ihre Bildsprache einen eigenen Charakter verliehen hat, wie Odorizzi unterstreicht.