Ciacola mit Bugno
-
Mehr als nichts hatte der „Neue“ aus Venedig doch zu erzählen bei einem Treffen, das auch Feedback seitens der Presse einholen sollte. Nachdem er im Vorjahr die laufenden Geschäfte von Helene Christanell übernommen hat, sei er nun bei der „schwierigsten Ausgabe, genau wie den zweiten Film zu machen.“ Aus Sicht des Festivalpublikums dürfte es eine spannende Ausgabe werden, man hat die heurige Ausgabe auch als Test verstanden um zu sehen, was gut funktioniert und was weniger. Das Festival solle, im Zuge der Ausarbeitung von „Audience Strategies“ (Publikumsstrategien), eine logistische Umverteilung erfahren und an zehn Tagen (12. April bis 21. April) über die Filmclub-Leinwand gehen.
Es solle dabei „etwas mehr Filme“ geben (12 im Hauptbewerb), „aber nicht zu viele“. Mehrheitlich gehe es um die Umverteilung von wenig wahrgenommenen Slots, vormittags an Werktagen auf die nunmehr zwei Festivalwochenenden (man beginnt an einem Freitag). Positiv bewertete man zudem die neu geschaffenen, „etwas weniger genutzten, aber sehr intensiven“ Masterclasses, so Bugno. Geschätzt wurde von den anwesenden Pressevertreter:innen und den teilnehmenden Personen der Umstand, dass diese Kurse in unterschiedlichste Aspekte des Kinos einführten und Sichtbarkeit für Berufsbilder hinter und abseits der Kamera generieren. Gut goutiert mit Publikumsinteresse wurden die an den Wochenenden angebotenen Matinees und das Creative Dance Lab, welches spartenübergreifend in die Welt des Tanz(films) einführen konnte.
-
Auch insgesamt sei man mit der diesjährigen Ausgabe zufrieden, die sich in Sachen Besucherzahlen wieder an das Niveau vor Covid habe annähern können. Dieses Jahr gelte es, so Bugno, diesen Wert nach Möglichkeit noch zu übertreffen. An bereits existenten Partnerschaften, etwa mit IDM (neu ist der „IDM Film Commision Award“), Zelig, der Freien Universität Bozen („piccole lingue“) und der Filmvorführungsreihe „Female Views“ gelte es festzuhalten. Neu hinzu kommt, dass statt zwei Ehrenpreisen für eine herausragende Filmkarriere (unterstützt vom Verkehrsamt) in diesem Jahr erstmals an drei Gäste diese Ehrung vergeben wird.
Neu auch der Bezug, den man zu Fragen der Nationalität beim Filmemachen aufbauen möchte. Vincenzo Bugno nannte „Adentro mio estoy bailando“ von Leandro Koch und Paloma Schachmann, eine Österreichisch-Argentinische Koproduktion rund um die jiddische Klezmertradition, sowie die Österreichisch-Italienische Zusammenarbeit „Vera“ von Tizia Covi. Für Vincenzo Bugno sind beides Beispiele einer „positiv kontaminierten Identität“, ganz im Sinne eines gelebten Europagedankens. Zu dieser passt auch die Vorjahresproduktion der Südtiroler Albolina Film „Sisters“ (im Titelbild), die gemeinsam mit der lettischen Fenixfilm realisiert wurde. Die strikte Einteilung von Filmen nach Nationalstaaten macht zusehends weniger Sinn.
Neue Spielorte außerhalb des Bozner Filmclubs wurden angedacht und in der Vergangenheit auch bereits mit mäßigem Erfolg erprobt. Man entschied sich, auch aufgrund der technischen Gegebenheiten, dem Bozner Filmclub standorttreu zu bleiben, was aber keineswegs bedeute, dass man nicht weiterhin bemüht sei, „ein Festival für die gesamte Stadt zu sein“. Konkrete Aussagen zum Budget wollte der dafür nur indirekt zuständige künstlerische Leiter keine treffen, auch da man noch nicht wisse, über welches Budget man 2024 verfügen werde. Das Budget der diesjährigen Ausgabe wird im kommenden Februar im Rahmen der Transparenz-Bestimmungen auf der Webseite des Bozner Filmclubs online gestellt werden.
Ein weiteres Novum soll in Zukunft - für die Ausgabe 2024 konnte es der künstlerische Leiter noch nicht zusichern – sein, dass das Bolzano Film Festival Bozen inklusiver wird, auch in Sachen Barrierefreiheit. „In Berlin gibt es das schon“, meinte der Wahlberliner aus Venedig, der darauf hinwies, dass im Zuge der Berlinale bereits Filmvorführungen für in Sicht oder Gehör beeinträchtigte Personen angeboten und in Anspruch genommen werden. Vielleicht mag es dann auch für andere Besucher:innen eine spannende Übung sein, sich im bequemen Kinosessel damit auseinander zu setzen, was es etwa bedeutet, einen Film zu hören.
Wovon sich der künstlerische Leiter schließlich persönlich beeindruckt und positiv überrascht zeigte, waren zum einen die Vorführungen der Reihe LiLi - Little Lights, mit mehrsprachiger Live-Erzählung zu den Filmen für rund 200 kleine und kleinste Kinogänger. Diese machen Filme aus verschiedenen Ländern und Sprachräumen für eine Publikumsgruppe zugänglich, die sonst mit Untertiteln noch ihre Schwierigkeiten hätte und die man nicht nur als „zukünftiges“ Publikum schätzt (man stockt von zwei auf drei Vorführungen auf). Auch den Einsatz der Euregio Jugendjury lobte, besonders die „Präsidentin“ der letzten. „Sie war 16, aber ist aufgetreten, als ob sie schon seit 20 Jahren auf der Bühne war.“
Die vollständige Ausschreibung mit allen Informationen und Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb „Local Heroes“ kann hier heruntergeladen werden. Gleiches gilt für den Bewerb „Kleinsprachen DOC“. Einsendeschluss ist jeweils der 31. Dezember. Eine Bewerbung für die Euregio Young Jury ist bis zum 5. Februar möglich.