Wirtschaft | Regionales

Klimaneutrales Brot - wie geht das?

Eine gehörige Portion Idealismus und der Wunsch, Ursprünglichkeit zu bewahren, schmecken im Seiser Loabn mit. Ein Gespräch mit Bäcker Klaus Oberprantacher.

Herr Oberprantacher, wie wurde die Idee, ein Brot ganz aus einheimischen Zutaten zu backen, geboren?
Klaus Oberprantacher: Die Initiative ist 2010 von Florian Rabanser ausgegangen, der am Grübeln war, was er denn mit seinem ehemaligen Kartoffelacker machen sollte. Da reifte die Überlegung heran, den Versuch zu wagen, Bio-Weizen anzubauen und daraus Brot zu backen. Das Besondere daran sollte sein, nur Zutaten aus dem Ort, also Seis zu verwenden. Florian hat sich mit dieser Idee an mich gewandt und wir konnten auch Toni Schgaguler mit ins Boot holen, der in seiner Steinmühle die Weizenkörner zu Vollkornmehl vermahlen sollte. Nach einigen Backversuchen war dann der Seiser Loabn geboren, ein gewollt ursprünglich gebackenes Weizen-Vollkornbrot.

Schaffen Sie es, wirklich alle benötigten Zutaten nur aus der Gegend zu beziehen? Gibt es keine Engpässe?
Oberprantacher: Also Getreide produziert Florian noch genug, im Moment sogar mehr als durch den Absatz benötigt wird. Es wäre sogar noch Platz nach oben, von der Getreideproduktion her ist das Limit noch nicht erreicht. Der Überschuss entsteht daher, weil der Seiser Loabn einfach kein Massenprodukt ist, leider.

Wie ist dieses Bedauern zu verstehen?
Oberprantacher: Es fehlt an der Sensibilisierung des Kunden für das Produkt. Wir haben nicht genug  Zeit, vor allem Touristen die Idee und die Geschichte hinter dem Seiser Loabn zu erzählen. Und auch die Einheimischen, sie kennen zwar den Seiser Loabn, aber dadurch, dass er das ganze Jahr über täglich im Brotregal zu finden ist, wird er nicht mehr als das wahrgenommen, was er eigentlich sein sollte: das Produkt des Einsatzes dreier Idealisten, die Tradition, im Bäuerlichen Brot herzustellen, nicht untergehen zu lassen. Dazu kommt eine CO2-Bilanz, die sich auf beinahe Null beläuft. Die einzigen Kilometer, die anfallen, sind jene für den Transport des Getreides zur Mühle und des Mehles in die Bäckerei. Denn auch die Rohmilch, die für den Seiser Loabn benötigt wird, stammt vom Nachbarsbauern.

Dazu kommt eine CO2-Bilanz, die sich auf beinahe Null beläuft. Die einzigen Kilometer, die anfallen, sind jene für den Transport des Getreides zur Mühle und des Mehles in die Bäckerei. Denn auch die Rohmilch, die für den Seiser Loabn benötigt wird, stammt vom Nachbarsbauern.

"Bio", "Regional", "Ursprünglich", "Klimaneutral" – das hört sich ja nach exakt dem an, nach dem die Leute heutzutage verstärkt suchen und häufig auch bereit sind, einen dementsprechend höheren Preis zu zahlen …
Oberprantacher: Dadurch, dass der Seiser Loabn ein Nischenprodukt ist – im Jahr verarbeite ich ungefähr 500 bis 600 kg Mehl – fallen bei der Herstellung relativ hohe Kosten an. Die Zutaten stammen ja ausnahmslos von kleinen Produzenten, und am Beispiel der Getreideernte kann man sehen, wie aufwändig der ganze Prozess in Wirklichkeit ist: Da der Getreideacker auf unebenem Gelände liegt, muss ein spezieller Mähdrescher angemietet werden, was die Produktion schon um einiges teurer macht als jene für normales Korn.

Da der Getreideacker auf unebenem Gelände liegt, muss ein spezieller Mähdrescher angemietet werden, was die Produktion schon um einiges teurer macht als jene für normales Korn.

Welche Faktoren spielen in der Preisgestaltung noch eine Rolle?
Oberprantacher: Auch für den Transport des Weizens zur Mühle muss eigens ein LKW gemietet werden, weil das Getreide aufgrund des Gewichtes unmöglich im Privatauto verfrachtet werden kann. Außerdem wird viel an Zeit investiert, weil das ja alles Vorgänge sind, die nicht während der herkömmlichen Arbeitszeit stattfinden. Das alles erklärt den relativ höheren Preis des Seiser Loabns. Aber die Zeit zu finden, die Kunden über all das zu informieren ist unmöglich. Und schließlich bleibt die Entscheidung ganz den Endverbrauchern überlassen, wie viel sie bereit sind, für das Produkt zu zahlen.

Ähnliche Projekte gibt es sowohl unter italienischen Produzenten (hier ein Beispiel aus Sardinien), als auch im deutschsprachigen Raum - in Frickingen (Baden-Württemberg) oder in der Sächsischen Schweiz etwa.