Renzi fährt die Anti
Renzi fährt die Anti-Austeritäts Schiene augenscheinlich aus populistischen innenpolitischen Gründen. Das Wirtschaftswachstum und die ersehnte Inflation, die die Staatsschuld erleichtern sollen, kommen partout nicht in Gang, die Abwicklung der 4 mittelitalienischen Krisenbanken haben ihm viel Kritik eingebracht und die 5-Stelle sitzen ihm in den Umfragen im Nacken. Auf Konfrontationskurs mit Europa zu gehen und diesem die Schuld für heimische Missstände zu geben, liegt nahe. Er ist ein Taktierer, der kurzfristig auf Sicht fährt. Eben noch gegen Tsipras, um sich den deutschen Segen für unzähligen Flexibilitäts-Klauseln zum Defizit zu sichern, dann Anti-Brüssel, wenn der Wind für Salvini und Grillo bläst und es die Italiener bei der Stange zu halten gilt.
Das mit dem Spread ist schon der übliche "vizio" der Verschwörungstheorien, die leider die Linken angreifbar machen. Der Spread ist im Zuge eines "flight to quality" in allen Peripherieländern gestiegen - in Portugal und Griechenland weit mehr als in Italien, während die Gelder in Bundesanleihen, in US-Staatsanleihen und Gold verschoben wurden und die weltweiten (!) Aktienmärkte und alles irgendwie Risikobehaftete (inkl. italienischer BTP) einbrachen. Die arabischen Staatsfonds scheren sich einen Deut darum, Renzi abzustrafen. Sie brauchen ihre Mittel, um die Haushaltslöcher zu stopfen, die ihnen der Ölpreis in Bücher reißt.
Zur Austerity: Schade, dass wir nie wissen werden, wie es Griechenland ginge, wenn Samaras sein Programm hätte weiterführen können. Der Schaden, den der Vertrauensverlust der griechischen Politik der eigenen Wirtschaft zugefügt hat, war wohl ein Vielfaches dessen, was die Sparmaßen zeitigen. Und noch etwas zur Austerität: Vielleicht kann sich jemand, der Jahrzehnte ausschließlicher Hebelung des Wirtschaftswachstums durch Staatsverschuldung und Inflation erlebt hat, nicht vorstellen, dass ein de-leveraging nötig ist, um den allerorts - aber v. a. in Italien - bestehenden Schuldenberg abzutragen und dies nicht schmerzlos vonstatten gehen kann? Dass z.B. die Mathematik in ganz Europa (à la longue wohl auch in Frankreich) verbietet, dass Menschen mehr und länger Rente beziehen, als sie im Laufe ihres Lebens eingezahlt haben?
Die EZB hat über die Geldpolitik versucht, die Last der Sparpolitik zu erleichtern und wurde prompt von den Linken dafür kritisiert. Wie also lautet der Vorschlag, um eine keynesianische Konjunkturpolitik zu finanzieren, ohne diverse Staaten in den definitiven Bankrott zu reiten? Letztendlich wohl nur, dass Deutsche, Niederländer und Co. die Südländer mit dauerhaften Transferzahlungen stützen sollen. Das ist dann entweder das Ende des Euro (weil dies von den Regierenden abgelehnt wird, um nicht abgewählt zu werden) oder jenes der Wirtschaftslokomotive, dessen Erwerbstätige irgendwann ihrer Unterhaltsfunktion überdrüssig werden dürften. Und dann war's das mit der Rolle Europas in der Welt.