Mehr Obdachlose in Südtirol
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Insgesamt 41 obdachlose Menschen aus 15 Herkunftsländern haben im vergangenen halben Jahr im Nachtquartier dormizil 2 in der Vintler Straße 9 eine würdige Unterkunft, Privatsphäre und ein offenes Ohr bei mehr als 120 Freiwilligen gefunden. Viele Gäste haben alle 181 Nächte im Haus verbracht, manche waren kurzzeitig zu Gast und haben dann Arbeit gefunden, andere sind in für sie passende Einrichtungen aufgenommen worden. Dies die nackten Daten zum dritten „dormizil-Winter“, welche aus der aktuellen Presseaussendung des Vereins hervorgehen. Darin erfährt man weiters, dass eine Zunahme an Südtiroler Gästen zu verzeichnen war. Diese Zahl hat sich im Vergleich zum vorigen Winter verdoppelt, genauso wie die Zahl der weiblichen Gäste. Einige Bewohner haben in den vergangenen Monaten Unterkunft und Arbeit gefunden, manche sind zurück auf die Straße gegangen und kommen im Herbst wieder, wenn dormizil 2 erneut geöffnet wird.
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4.400 Nächtigungen
Rund 4.400 Nächtigungen verzeichnet das dormizil in seinem dritten Winter (17. Oktober 2023 bis 14. April 2024). In dieser Zeit hat der Verein „housing first bozen EO“ in Bozens Stadtzentrum wieder auf gänzlich freiwilliger Basis ein Nachtquartier für obdachlose Menschen geführt. Es war der erste Winter im neu angemieteten Gebäude in der Vintler Straße 9 in Bozen. Dort konnten wie in den Wintern zuvor in der Rittner Straße 25 bis zu 25 Gäste schlafen. Die Vereinsmitglieder und Freiwilligen waren beeindruckt von der Zunahme an obdachlosen Gästen aus Italien und an Frauen. Diese Zahlen haben sich verdoppelt: Waren im Winter 2022/23 neun italienische Staatsbürger, vier davon mit Wohnsitz in Südtirol, zu Gast, so waren es im heurigen Winter 17 italienische Staatsbürger, davon zehn mit Wohnsitz in Südtirol. Im vorherigen dormizil-Winter bewohnten insgesamt drei Frauen das dormizil, im Winter 2023/24 waren es acht Frauen.
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Die Zahl der wohnungs- und obdachlosen Unterkunft-Suchenden in Bozen war auch im Winter 2023/24 hoch. Trotz zusätzlich geöffneter Einrichtungen mussten Menschen die kalten Nächte bei eisigen Temperaturen auf Parkbänken, in Abbruchhäusern, Hausvorsprüngen und in Hauseingängen verbringen. In den meisten Fällen führen Mietschulden gepaart mit einer wirtschaftlichen Notlage in die Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Kritische Lebensereignisse wie Trennung, Arbeitslosigkeit, Tod des Partners oder der Partnerin, Sucht oder Krankheit sind ebenfalls Ursachen dafür.
Das vierköpfige Vereinsteam Verena von Aufschnaiter, Sigrid Bracchetti, Christan Anderlan und Paul Tschigg hat die Freiwilligen koordiniert, Erstgespräche mit den Gästen geführt, Lebensmittel und Hygieneartikel besorgt und war in schwierigen Situationen rund um die Uhr für die Gäste und Freiwilligen da. Mehr als 120 Freiwillige aus ganz Südtirol haben jeweils zu zweit Nacht- und Frühstücksdienste geleistet. Die Bewohner haben sich über den Austausch mit den unterschiedlichen Freiwilligen gefreut, über deren mitgebrachte Kuchen, über das Kartenspiel, über das offene Ohr. Aus der Nachbarschaft wurden häufig Süßspeisen und Obst, Knödel und Suppen für die Gäste ins dormizil gebracht. Zwei Freiwilligengruppen haben einmal wöchentlich die Gemeinschaftsräume geputzt und die Gäste als Putzcoaches zum Reinigen ihrer Zimmer und Bäder animiert. Eine weitere Gruppe hat den zweiwöchentlich stattfindenden Wäschewechsel begleitet. Es gab auch einige herausfordernde Situationen. Öffentliche und private Einrichtungen empfehlen dem Nachtquartier dormizil immer öfter Menschen mit Mehrfachproblematiken, die manchmal schwer zu handhaben sind. Doch mit engmaschiger Begleitung der Gäste und Freiwilligen, mit viel Empathie und konsequentem Handeln ist es den Vereinsmitgliedern gelungen, alle Bewohner gut durch den Winter zu bringen. Zudem haben sie 13 ehemalige Gäste in deren Wohnungen begleitet, die sie nach dem Auszug aus dem dormizil gefunden haben.