Ohne Plan?

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Zehn neue Gesundheitszentren, sogenannte Gemeinschaftshäuser, sollen in Südtirol entstehen, die in HUB- und SPOKE-Strukturen aufgeteilt sind. Ziel ist eine patientennahe Grundversorgung, wie sie der Staat in seinem Wiederaufbauplan (PNRR) und im Ministerialdekret Nr. 77/2022 vorsieht. Die Landesregierung setzt dies nun mit erheblichen Mitteln um. Der Löwenanteil der Finanzierung stammt dabei nicht aus Rom, sondern aus dem Südtiroler Landeshaushalt.
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Der Plan auf dem Papier
Laut offizieller Auskunft von Gesundheitslandesrat Hubert Messner im Rahmen einer Landtagsanfrage belaufen sich die Gesamtkosten auf über 77 Millionen Euro. Davon kommen nur rund 17 Millionen Euro aus dem staatlichen Wiederaufbauplan – mehr als 60 Millionen Euro trägt das Land selbst. Allein das Gemeinschaftshaus in Leifers verschlingt über 21 Millionen Euro, jenes in Bozen fast 19,5 Millionen. Günstiger fällt das Projekt in Innichen aus, wo mit knapp über 400.000 Euro kalkuliert wird.
In den sogenannten HUB-Zentren – etwa in Bozen, Meran oder Bruneck – ist eine ärztliche Präsenz rund um die Uhr vorgesehen. SPOKE-Zentren wie in Naturns oder Klausen sollen werktags zwölf Stunden geöffnet sein. Für jedes Zentrum ist Pflegepersonal, Allgemeinmediziner, Sozialassistenten und Verwaltungskräfte im Detail aufgelistet. Laut Plan soll so eine umfassende Grundversorgung sichergestellt werden.
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Kritik: Ohne Strategie
Der Landtagsabgeordnete Franz Ploner (Team K) kritisiert massive Schwächen in der Planung. Zwar seien die Baukosten exakt aufgelistet, doch über die laufenden Kosten – also Personal, Betrieb und Instandhaltung – gebe es keinerlei Daten. „Wenn man ein solches System aufbaut, muss das auf Grundlage eines aktuellen Landesgesundheitsplans geschehen“, so Ploner im Gespräch. Doch dieser fehle seit Jahren. Der letzte stammt aus dem Jahr 2016, ein neuer sei überfällig. Die Umsetzung ohne umfassende Strategie sei riskant, so Ploner: „Wir bauen diese Häuser, ohne zu wissen, wie wir sie langfristig betreiben und finanzieren können – oder woher wir überhaupt das nötige Personal nehmen sollen.“ Der Aufbau sei nicht an die reale Versorgungslage angepasst, beispielsweise wenn wenige hundert Meter entfernt bereits ein Krankenhaus bestehe. Für ihn stellt sich die Frage, ob hier nicht gut gemeinte PNRR-Projekte auf Kosten der Haushaltsrealität durchgezogen werden.
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Die Palliativstation in Leifers als Beispiel
Besonders kritisch sieht Ploner das Beispiel Leifers. Dort ist nicht nur ein Gemeinschaftshaus, sondern auch eine Palliativstation mit zwölf Betten geplant. Der Personalbedarf dafür sei enorm, so Ploner, der von bis zu 25 Vollzeitpflegekräften allein für diesen Bereich spricht. „Wer diese Strukturen plant, muss auch sagen, wie sie mit Leben gefüllt werden sollen – und mit welchen Mitteln“, so sein Fazit.
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Ploner hat völlig Recht…
Ploner hat völlig Recht.
Auch mein Eindruck ist, dass man hier von den PNRR-Geldern und den Projektfristen geblendet zu voreilig am Bedarf vorbei konzipiert hat.
Die drei wesentlichsten "Fehler":
1. Öffnungszeiten 24/7 sind in den ausgewählten Orten eine Doppelgleisigkeit zu den vorhandenen Strukturen und treiben unnötig Kosten und Belastung für das Personal in die Höhe.
2. Zu viel geplante Personalrotation und der Verzicht auf fixes ärztliches Personal schränkt die Versorgungsqualität a priori ein.
3. Die Verschränkung aus ambulanten und stationären Angeboten ist ineffizient.
Die Grundidee hätte extrem viel Potenzial, daher ist es wichtig frühzeitig konstruktive Kritik zu üben, hier würde ein Südtiroler Sonderweg Sinn machen, insbesondere da wir ja sehen wie schlecht das Konzept in anderen Regionen funktioniert.
Wenn mehr öffentliches Geld…
Wenn mehr öffentliches Geld in das Personal statt in die Bauten investiert würde, hätten wir in Südtirol wohl einige Krisen (z.B. bei der bürgernahen Gesundheitsversorgung, im Schulsystem...) weniger.
Hauptsache, es wird gebaut …
Hauptsache, es wird gebaut ... (?)