Wirtschaft | Liberalisierung

Am Feiertag auf Shoppingtour?

An Ferragosto waren in Brixen mehr Geschäfte offen als je zuvor. Freude bei Tourismus, Handel und Konsumenten. In Meran blieben viele Läden zu – und die Kritik nicht aus.

Für viele ist es eine Glaubensfrage: Sollen die Geschäfte auch an Sonntagen geöffnet bleiben? Und wie sieht es mit kirchlichen und sonstigen Feiertagen aus? Die Meinungen darüber scheiden sich, nach wie vor. Befürworter der außerordentlichen Öffnungszeiten argumentieren damit, dass Wochenenden und Feiertage für zahlreiche Personen und Familien die einzigen Möglichkeiten böten, um sich dem Genuss des Shoppings hingeben zu können. Die Gegner kontern, dass sich sowohl die Angestellten als auch die konsumgetriebene Gesellschaft insgesamt wohl zumindest einen Tag in der Woche eine Auszeit vom Kaufrausch verdient hätte.

Die Liberalisierung der Sonntagsöffnungszeiten hat bewirkt, dass der Sonntag seine Bedeutung als Tag des Herrn, als Tag der Ruhe und Tag für die Familie fast verloren hat. Die Sonntagsöffnung bietet keinen gesamtgesellschaftlichen Mehrwert. (KVW-Frauenvorsitzende Helga Mutschlechner)

Doch was, wenn die Wetterprognosen Kälte und Regen voraussagen? Was will man den unzähligen Ferragosto-Touristen im Land bieten? Denn sind es nicht die Gäste selbst, die gerne konsumieren und ihr Geld im Land lassen würden? In Brixen stand für die Handeltreibenden fest: Sie wollen auch am 15. und 16. August ihre Geschäfte offen halten. “Wir haben im Vorfeld eine kleine Umfrage unter den Kaufleuten des Zentrums gemacht”, berichtet Kurt Jakomet vom Stadtmarketing Brixen. “Aus dieser ging hervor, dass über sechzig Prozent der Geschäfte zu Ferragosto geöffnet bleiben sollten – so viele wie noch nie.” Die Kaufleute seien sich inzwischen bewusst, so Jakomet, dass sie von den zahllosen Touristen, die Mitte August ins Land und in die Stadt strömen profitieren können. Und umgekehrt: “Die Besucher wollen nicht nur die Schönheiten der Altstadt bestaunen, sie müssen auch essen. Darüber hinaus wollen viele auch hie und da etwas einkaufen.”

Sicherlich haben die großen Flächen in Folge der Liberalisierung einen gewissen Vorteil. Das sehen wir vor allem an den Sonntagen, die dort Super-Einkaufstage sind. Wir erzielen am Sonntag je nach Woche entweder den zweitstärksten oder sonst den besten Umsatz der Woche. (Robert Hillebrand)

Dasselbe Credo galt am vergangenen Wochenende nicht nur in Brixen. Auch in Bozen waren viele Geschäfte im Zentrum offen, die Stadt zum Bersten mit Touristen gefüllt. Identische Szenen in vielen kleineren Tourismus-Zentren im ganzen Land. Das Regenwetter spülte tausende Besucher in Städte und Dörfer, und mit ihnen wohl eine Menge Geld in die Kassen jener, die den Feiertag opferten und ihren Laden offen hielten.

Die völlige Liberalisierung im Bezug auf die Öffnungszeiten und den Handel in den Gewerbegebieten geht eindeutig zu Lasten der überwiegend kleinen, familiengeführten Betriebe. Es ist zudem bewiesen, dass die Sonntagsöffnungszeiten die Kosten erhöht, nicht jedoch den Umsatz. (hds-Bezirkspräsident Meran/Burggrafenamt)

Weniger einfach machte man es sich hingegen in Meran. Dort blieben im Gegensatz zu Bozen und Brixen in den meisten Geschäften in der Altstadt am Hochunserfrauentag die Lichter aus. Mit Ausnahme der großen Handelshäuser und einiger weniger anderer Geschäfte. Was bei bei den zahlreichen – vor allem italienischen – Touristen, die an dem verregneten Wochenende in die Passerstadt gepilgert waren, Kopfschütteln und Unverständnis hervorrief. “Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, um Besorgungen zu machen”, verrät ein Besucher aus Mailand der Tageszeitung Alto Adige, “aber wir wurden nicht zufrieden gestellt.” “Wir sind angewidert”, so die harten Worte des Gastes, “diese schöne Stadt verdient ein solches Verhalten nicht. Am Samstag Nachmittag waren wir jedenfalls gezwungen, nach Bozen zu fahren, wo es möglich war, zu shoppen.”

Ich kenne kaum mehr eine Familie, die zu Hause sitzt und gemeinsam Karten spielt. Und zusammen ein Einkaufszentrum zu besuchen ist eben oft der kleinste gemeinsame Nenner in einem Familienverband. (Robert Hillebrand)

ich frage mich wann dann die Familien der Handelsangestellten gemeinsam shoppen gehen, am Schluss arbeitet jede und jeder 7 Tage die Woche von früh bis spät abends, voraussichtlich bei sinkendem Gehalt - somit habe ich weniger Kaufkraft verteilt auf mehr Stunden .... wie sinnvoll ist das alles ? Eine Ausnahme bildet die zusätzliche Kaufkraft durch Touristen, da machen (geregelte) Ausnahmen durchaus Sinn.

Mo., 17.08.2015 - 09:44 Permalink

Sie haben wenig Ahnung vom Handel. Kein Mensch arbeitet 7 tage. Die Stunden sind geregelt und wenn er am
Sonntag abeitet kriegt er einen anderen Tag frei, so wie im Gastgewerbe und anderen Branchen. Die Sonntagsarbeit
muss auch doppelt bezahlt werden, und bei diesen Zeiten ist das für manche ein interessantes Einkommen.
Kein Kaufmann wird wird den Laden öffnen wenn es nichts bringt. Und Konzerne wie Aspiag werden ja nicht von
Idioten verwaltet, die Geld beim Fenster hinauswerfen.

Di., 18.08.2015 - 09:37 Permalink

Interessant wie Sie zu der Meinung über meine Ahnungen / Wissen kommen. Muss Ihnen aber sagen, dass sie da leider falsch liegen. Was Sie schreiben weiß ich. Die Sache wird ja durchaus auch unter den Kaufleuten kontrovers diskutiert. Nachzulesen in zahllosen Artikel auf Wirtschaftsseiten, in Fachzeitschriften oder schlicht im Gespräch mit Handeltreibenden und -angestellten erfahrbar.

Di., 18.08.2015 - 11:44 Permalink