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“Die Sparkasse hätte das nicht machen dürfen”

Ein Urteil des Kassationsgerichts gibt geschädigten Sparkasse-Aktionären Hoffnung. So zumindest die Interpretation von Walther Andreaus und RA Massimo Cerniglia.
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Foto: Suedtirolfoto.com/Othmar Seehauser

Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) lässt am Montag Mittag mit einer Nachricht aufhorchen, die in Südtirols Bankenwelt wohl nicht unbeachtet bleiben dürfte. Die Verbraucherschützer sprechen von einem “bahnbrechenden Urteil”, das das italienische Kassationsgericht vor Kurzem getroffen hat – und “das auch den Aktionären der Südtiroler Sparkasse zugute kommen wird”, sind sich die Verbraucherschützer sicher.

“Die Sparkasse hätte, nachdem sie den Auftrag als besonders risikobehaftet eingestuft hatte, die Aktien nicht trotzdem verkaufen dürfen, sondern hätte sogar vom Auftrag zurücktreten müssen.”
(Massimo Cerniglia und Walther Andreaus)


Sorgfältige Aufklärung...

In einer Aussendung an die Medien berichtet die VZS von einem Fall, der von Rechtsanwalt Massimo Cerniglia vertreten wurde – jenem römischen Anwalt, den die VZS hinzugezogen hat, um geschädigte Sparkasse-Aktionäre zu beraten, die aufgrund des Wertverfalls der Aktien in den vergangenen Monaten und Jahren Verluste von bis zu 74 Prozent hinnehmen mussten. In dem konkreten Fall, von dem die VZS am Montag berichtet, ging es um einen Streit zwischen einer Sparerin und der Deutschen Bank. Die Betroffene hatte in ein risikoreiches Finanzprodukt investiert ohne ausreichend informiert worden zu sein. Nun hat der oberste italienische Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt, das die Bank zur Erstattung der gesamten Summe – zuzüglich Zinsen und Geldentwertung – verurteilt hatte. “Der Kassationsgerichtshof hat dabei die Pflicht für die Finanzvermittler bestätigt, den SparerInnen die ‘Nicht-Angemessenheit’ der Operationen beim Kauf von Finanzprodukten aufzuzeigen”, berichtet die VZS. Dabei müssten sowohl Bank als auch Finanzvermittler “überaus professionell, vorsichtig und sorgfältig” verhalten, lesen die Konsumentenschützer aus dem Urteil des Kassationsgerichts. Doch das sei nicht alles.


...und Verweigerung bei Unangemessenheit

“Das Urteil ist auch deshalb bahnbrechende, weil das oberste Gericht zum ersten Mal den Grundsatz festgehalten hat, dass die Bank auch dann verantwortlich ist, wenn sie die Unangemessenheiten der Transaktion aufgezeigt hatte”, erklären Cerniglia und VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. Die Bank hätte nämlich, so die Kassation, “in ihrer professionellen Rolle die Angemessenheit der Operation in Bezug auf die vereinbarten Verwaltungsparameter bewerten müssen”. Falls diese Angemessenheit nicht festzustellen gewesen wäre, hätte die Bank dabei vom Auftrag zurücktreten können – auch wenn der Kunde oder die Kundin darauf beharrt hätte. Denn, so die Kassation weiter, die Anweisungen der KundInnen seien zwar bindend; nichtsdestotrotz gelte bei klar risikobehafteten Aufträgen das weiter gefasste Recht auf Rücktritt vom Vertrag. Sprich, falls die Bank zur Auffassung kommt, dass die Investition, die der Kunde tätigen will, nicht angemessen sei, weil “klar risikobehaftet”, sei laut Gesetz ein berechtigter Grund zum Rücktritt vonseiten der Bank gegeben.


“Sparkasse hätte Aktien nicht verkaufen dürfen”

“Diese Prinzipien können analog auf die Rechtssache mit der Südtiroler Sparkasse angewandt werden”, meinen nun Andreaus und Cerniglia, die daran erinnern, dass die Bank “an 26.000 SüdtirolerInnen Millionen von bankeigenen Aktien verkauft hat, die im Lauf der Zeit einen Großteils ihres Werts verloren haben, und die auch unverkäuflich sind, weil illiquide”.

Im Zuge der Beratungsdienstleistung habe die Bank zahlreichen KundInnen zwar empfohlen, den Kauf des Finanzprodukts zu “meiden”, erinnert die VZS, “um dann die Transaktion aufgrund eines vorgeblich von den einzelnen SparerInnen erteilten Auftrags dennoch durchzuführen”. Was sie allerdings nicht hätte tun dürfen, so die Interpretation von Andreaus und Cerniglia nach dem jüngsten Urteil des Kassationsgerichts: “Auf der Basis der von der Kassation festgelegten Prinzipien hätte die Sparkasse, nachdem sie den Auftrag als besonders risikobehaftet eingestuft hatte, die Aktien nicht trotzdem verkaufen dürfen, sondern hätte sogar – im Sinne des Gesetzes – vom Auftrag zurücktreten müssen.”

Andreaus und Cerniglia zeigen sich zuversichtlich, dass das Kassations-Urteil sich auch auf die – bereits eingereichten und zukünftigen – Klagen von Sparkassen-Aktionären haben wird. “Italiens Banken- und Finanzsystem, das sich – salopp gesagt – löchrig wie ein Sieb präsentiert, muss sich, ausgehend von Südtirol, endlich ändern”, so die Forderung.