“Wichtig, dass Dinge ans Licht kommen”
“Nachdem tagelang über uns geredet wurde, reden jetzt wir.” Mit dieser Ankündigung wandte sich die Redaktion des Alto Adige am Sonntag an ihre Leserschaft. Viel war berichtet, viel kommentiert worden nachdem am Mittwoch vergangener Woche bekannt wurde, dass das größte Verlagshaus des Landes (Athesia) die Mehrheitsanteile an der größten italienischsprachigen Tageszeitung des Landes (Alto Adige) übernimmt. In seinem Leitartikel äußert sich der Direktor des Alto Adige, Alberto Faustini, zum ersten Mal öffentlich über “Noi, gli Ebner, e un giornale libero e forte”.
Bei allen Beschwichtigungsversuchen – “La famiglia Ebner (…) conosce bene il mondo dei giornali. Conosce bene anche la storia dell’Alto Adige e del Trentino, una storia che non può che continuare, arricchendosi – ne sono certo – di nuovi ed entusiasmanti capitoli”, schreibt Faustini unter anderem –, die kritischen Stimmen wollen nicht verstummen. Vor allem die Oppositionspolitiker sehen der Übernahme des Alto Adige durch die Athesia mit Besorgnis entgegen. Aus unternehmerischer Sicht erntet der Ebner-Konzern durchaus Anerkennung aus den Oppositionsreihen. Vor einer “Machtkonzentration im Mediensektor” aber warnen sowohl Grüne als auch Freiheitliche, Süd-Tiroler Freiheit, Movimento 5 Stelle und Alto Adige nel Cuore. Der mit Abstand lauteste Kritiker aber ist Andreas Pöder von der Bürgerunion. Pöder war selbst viele Jahre journalistisch tätig und kritisiert vor allem die zögerliche Haltung der Südtiroler Volkspartei in der Sache. Die Tageszeitung hatte vergangene Woche mehrere Stimmen aus der SVP-Landtagsfraktion eingefangen – offene Kritik oder Bedenken kamen dabei nicht zum Vorschein. Vielmehr schien man sich in der SVP einig zu sein, dass es sich bei der Übernahme um “ganz normale Vorgänge in einem demokratischen Land mit einem weitestgehend liberalen Wirtschaftssystem” handle, wie es SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger ausdrückte. Oswald Schiefer sprach sogar von einem “richtigen Schritt” aus autonomiepolitischer Sicht und davon, dass die SVP aus dem Ganzen gestärkt hervorgehen könnte. Unverständnis bei Andreas Pöder, der der SVP vorwirft, so zu tun “als würde sie das alles nichts angehen”. “Was im Sinne der freien Marktwirtschaft logisch ist, nämlich dass ein größerer Betrieb einen anderen aufkauft, ist im Bereich der Medien nicht immer im Sinne der freien Mediengesellschaft und der Medienvielfalt”, ist der Landtagsabgeordnete überzeugt. Seine Vermutung für die Zurückhaltung der SVP-Landepolitiker: “Sie haben Angst davor, von einem Medium abgestraft werden, wenn sie öffentlich Kritik üben.” Dabei brodle es hinter den Kulissen, berichtet Pöder. “Hinter vorgehaltener Hand und wenn sonst niemand zuhört schimpfen manche SVP-ler wie die Rohrspatzen über Athesia”, schreibt er in einer Aussendung.
In Südtirol gibt es zwei große Medienblöcke: Athesia und Rai, und deshalb ist es wichtig, dass es auch genügend andere, außerhalb dieser Blöcke liegende Medien gibt. Das schadet auch den Großen nicht, letztlich entscheiden Leser, Hörer und Seher, welches Medienangebot sie “konsumieren”.
(Andreas Pöder)
Pöder selbst will jedenfalls nicht untätig bleiben, sondern sich im Landtag dafür einsetzen, dass das Medienförderungsgesetz, das erst 2015 überarbeitet wurde, zu erneuern. Und zwar dahingehend, die Medienvielfalt noch stärker zu unterstützen. Bereits bei der Genehmigung des Medienförderungsgesetzes vor einem Jahr hatte der Bürgerunion-Politiker bemängelt, dass das von Landeshauptmann Arno Kompatscher eingebrachte Gesetz noch zu wenig die Kleinen und damit die Vielfalt unterstütze – ein Einwand, der Pöder nun, nach der bevorstehenden Übernahme des Alto Adige durch die Athesia, aktueller denn je scheint: “Dass Medien nie perfekt objektiv sind liegt in der Natur der Sache und ist auch nicht unbedingt notwendig. In allen Redaktionen arbeiten Menschen mit Meinungen und keine Roboter. Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass es eine Vielfalt an Medien und Medienhäusern gibt, damit Leser, Seher und Hörer immer mehrere mediale Glocken läuten hören und dass sie sicher sein können, dass nichts verschwiegen sondern im einen oder anderen Medienorgan die Dinge ans Licht kommen.”