Kinderrechte - Was geht mich das an?
Mit Hilfe der Kinder und Jugendanwältin Daniela Höller und Marina Peter, Mitarbeiterin des Verbandes „netz | Offene Jugendarbeit“, versuchen wir diesen Fragen auf den Grund zu gehen.
Die Kinderrechtskonventionen wurden am 20. November 1989, vor bereits über 30 Jahren von den Vereinten Nationen verabschiedet, um allen Kindern und Jugendlichen auf der Welt, die das 18. Lebensjahr noch nicht abgeschlossen haben, Schutz und Rechte zuzusichern. Heute haben alle Mitgliedsstaaten der UNO, außer den USA, die Konventionen übernommen.
Warum braucht es aber spezielle Kinderrechte, wenn es bereits die Menschenrechte gibt, die für alle gelten? Darauf hat Daniela Höller eine klare Antwort: „Kinder sind nicht kleine Erwachsene. Sie haben das Recht darauf, Kinder zu sein.“ Kinder und Jugendliche können also nicht mit den Erwachsenen gleichgestellt werden. Sie haben andere Rechte und Interessen, die geschützt werden müssen.
Was sind die Rechte der Kinder?
Die Grundprinzipien der Kinderrechtskonvention sind die Gleichberechtigung aller Kinder, die Priorität des Wohles des Kindes, das Recht auf Entwicklung und Leben und die Achtung der Meinung des Kindes.
Umsetzung der Kinderrechtskonventionen in Europa
Mit Begeisterung erzählt Daniela Höller, dass die Europäische Union für das Jahr 2022 ein „Europäisches Jahr der Jugend“ ausgerufen hat. Das bedeutet im Konkreten, dass Personen unter 18 nun auch auf europäischer Ebene mehr Mitspracherecht bekommen sollen und, dass vermehrt Projekte für Kinder und Jugendliche organisiert werden.
Laut Jugendanwältin Höller gibt es bereits gute Gesetze, die sich für das Wohl der Minderjährigen einsetzen, aber die Umsetzung dieser liegt in den Händen der einzelnen Mitgliedsstaaten. Gesetze lassen oft einen gewissen Spielraum für Interpretationen. Das Recht zum Wohle des Kindes - das muss immer den Vorrang haben! - walten zu lassen, ist die Aufgabe der einzelnen Staaten.
Wie setzt sich Südtirol für die Kinder und Jugendlichen ein?
Neben den Kinderrechtskonventionen gibt es Gesetze und Vereine auf Regional- und auf Landesebene, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Seit 2004 gibt es beispielsweise ein Regionalgesetz, das die Partizipation der Minderjährigen auf Gemeindeebene verpflichtend verlangt - also ein Muss! Ein weiteres Beispiel ist, dass Kinder ab dem 12. Lebensjahr bei Scheidungsfällen in die Entscheidung, bei welchem Elternteil sie leben möchten, einbezogen werden.
In Südtirol gibt es neben Jugendbeiräten auch viele Organisationen - laut Expertin Höller ist hier besonders der Südtiroler Jugendring hervorzuheben und Verbände, wie etwa „netz | Offene Jugendarbeit“, die sich für die Rechte der Kinder und Jugendlichen einsetzen und die Gesellschaft auch für diese zu sensibilisieren versuchen. Jugendkoordinatorin Marina Peter weist bei anderer Gelegenheit darauf hin, dass sich der Verband für die echte Beteiligung der Jugendlichen engagiert: „Jugendzentren sind offene Strukturen für fehlerfreundliches Lernen. Hier können junge Leute nicht nur mitreden, sondern auch mitentscheiden.“ Einen besonderen Fokus legt der Verband auch auf eine kinder- und jugendgerechte Art der Darstellung und Verbreitung der Informationen zu den Kinderrechten, sowie auf die Ausbildung von Jugendarbeiter*innen in diesem Bereich.
Partizipation und Mitspracherecht sind Themen, die im Laufe der Interviews immer wieder aufkommen. Partizipation auf europäischer Ebene, auf staatlicher Ebene, in der Gemeinde, der Schule und auch daheim. „Man hört immer, Kinder und Jugendliche seien die Zukunft. Aber sie sind auch die Gegenwart!“, so die Anwältin. Doch wann hat ein Kind Mitspracherecht? Theoretisch hat ein Kind immer das Recht angehört zu werden. Wie viel Gewicht dieser Meinung gegeben wird, wird aber von Fall zu Fall, es sollte zum Wohle des Kindes sein, entschieden.
Seit 2009 gibt es in Südtirol außerdem eine „Kinder- und Jugendanwaltschaft“ der Daniela Höller seit 2019 vorsteht. Es handelt sich um eine politisch unabhängige, weisungsungebundene und kostenlose Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche. Eine solche Anwaltschaft ist theoretisch in ganz Italien vorgesehen, wird aber leider nicht in allen Regionen umgesetzt. Ein Problem, das es schnellstmöglich zu beheben gilt. Jedes Kind hat ein Anrecht darauf, unterstützt zu werden!
Kinderrechte in Südtirol vor und nach der Pandemie
Die Kinder- und Jugendanwältin ist davon überzeugt, dass Jugendliche durch die Pandemie mehr eingeschränkt sind als andere Bevölkerungsgruppen. Vor allem familiäre und finanzielle Probleme, Schwierigkeiten mit Privatsphäre und die Herausforderungen für Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung haben sich ohne Zweifel vervielfacht. Außerdem sehen sich viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund vor weiteren Hürden: es fehlen Angebote zur Inklusion und einem sprachlichen Austausch.
Zu oft sprechen wir ÜBER die Kinder und Jugendlichen, statt MIT ihnen zu sprechen!
Doch was kann die Gesellschaft machen, um das zu ändern? In welche Bereiche sollten wir junge Menschen mehr einbeziehen? Würde die Welt anders aussehen, wenn wir die Kinderrechte einhalten würden?