Wirtschaft | Bozen

Wer spricht bei Ötzi-Verlegung mit?

Der Landeshauptmann bremst nach der Entscheidung zur Verlegung des Ötzi-Museums. Grüne und Team Köllensperger fordern, bei der Entscheidungsfindung breiter vorzugehen.
Seilbahn mit Museumsquartier
Foto: snohetta

Während Landeshauptmann Arno Kompatscher bremst – “das Ergebnis ist nicht bindend” –, bricht man anderswo bereits in Siegesgeheul aus. Und wieder andere fragen sich: Dürfen wir eigentlich ein Wörtchen mitreden?
Es geht um die Verlegung des Ötzi-Museums. Am Montag Vormittag hat die vom Land eingesetzte Expertenkommission ihre Entscheidung bekannt gegeben: Von den drei über eine Marktanalyse eingelangten Vorschlägen hat das Angebot der Viva Virgolo AG 100 von 100 möglichen Punkten erhalten. Die SIGNA-Tochtergesellschaft des österreichischen Investors René Benko geht damit als eindeutiger Sieger hervor (das Athesia-Projekt hat 57,04 Punkte erhalten, jenes von Pietro Tosolini war ausgeschlossen worden).

“Wir haben uns bemüht, ein wirklich schönes Projekt zu entwickeln, das für Bozen und Südtirol maßgeschneidert ist und zugleich der Bedeutung des Ötzi als archäologische Weltsensation gerecht wird”, kommentiert Benko-Statthalter Heinz Peter Hager die Botschaft. Nicht nur Ötzi, auch das Stadtmuseum will die SIGNA auf den Virgl verfrachten. Kostenpunkt: 49 Millionen Euro. “Nun werden wir ein Public-Private-Partnership-Modell ausarbeiten, das dazu beitragen soll, die Kosten für die öffentliche Hand in Grenzen zu halten”, kündigt Hager an.

Einen Moment, bitte, wirft Landeshauptmann Kompatscher ein. Das Ergebnis der Marktanalyse sei nämlich keineswegs bindend. “Dabei hat es sich um eine völlig unverbindliche Markrecherche gehandelt, die zum Ziel hatte, zu erheben, ob es Flächen bzw. Gebäude gibt, die von Privaten freiwillig für ein neues Ötzi-Museum zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet nicht, dass eines der beiden bewerteten Angebote angenommen werden muss”, betont der Landeshauptmann. “Möglich sind immer noch die Weiterführung des bestehenden Standortes oder die Ausweisung einer nochmals anderen Fläche im Bauleitplan mit der Möglichkeit der Enteignung.” Derzeit seien auf jeden Fall noch gar keine Mittel im Landeshaushalt für einen Grunderwerb oder Museumsneubau vorgesehen. “Die Landesregierung wird sich das Ergebnis der Marktrecherche im Detail ansehen und anschließend entscheiden, in welche Richtung weitergearbeitet werden soll”, erklärt Kompatscher in einer Stellungnahme.

Trotz der Präzisierung des Landeshauptmannes – am Ende werden Landesregierung und Gemeinde Bozen über eine mögliche Verlegung des Ötzi-Museums entscheiden –, sind die Grünen bereits in Habachtstellung. Für die kommende Landtagssitzung Anfang April hat die Grüne Landtagsfraktion bereits eine Anfrage für die Aktuelle Fragestunde angefertigt. Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hanspeter Staffler wollen wissen, ob die Bürger zur Verlegung des Ötzi auf den Virgl befragt werden. “Da es sich um ein Projekt von kultureller, wirtschaftlicher und urbanistischer Wichtigkeit handelt, wäre es wünschenswert, dass die Landesregierung nicht alleine entscheidet, sondern am Ende eines partizipativen Prozesses, der die Bürger in die Entscheidung mit einbindet”, finden die Grünen Landtagsabgeordneten.

Auch das Team Köllensperger will im Landtag aktiv werden. “Ein Umzug von Ötzi kann einen Teil der Stadt veröden lassen und einem anderen eine neue Blüte bescheren”, befürchtet die größte Oppositionspartei. “Bei Ötzi auf dem Virgl besteht das Risiko, den Handel auf der Achse Lauben/Museumstraße in Schwierigkeiten zu bringen und in der Freiheitsstraße den Garaus zu machen”, heißt es in einer Aussendung. Weiter schreibt das Team Köllensperger: “Die von der Landesregierung gewählte Methode, der tausendjährigen Mumie zu einem neuen ‘Zuhause’ zu verhelfen, ist nicht der richtige Weg”. Vielmehr bedürfe es “einer breiten wissenschaftlich untermauerten Untersuchung durch unabhängige Experten, die die Auswirkungen bewerten und Szenarien zeichnen über den zu erwartenden Verlauf der Verkehrs- und Bewegungsströme seitens der Stadtbevölkerung und der Touristen. Anhand vor allem dieser und anderer Daten können verlässlich Aussagen über die Geschäftsentwicklung der Gewerbetreibenden getroffen werden, die über die weitere Zukunft dieser Betriebe entscheiden. Eine von KPMG im Auftrag vom hds durchgeführte Studie hat diese Befürchtungen mit beeindruckenden Daten bekräftigt. Unter anderem sind negative Auswirkungen auf die Touristenfrequenz in der Innenstadt zu befürchten (einschließlich des ursprünglichen Standortes des Ötzimuseums) mit einem Rückgang bis 20 Prozent im Vergleich zu heute und des Weiteren droht ein massiver Rückgang der Gesamtbesucherfrequenz rund um den Waltherplatz.”

Durch einen Beschlussantrag will das Team Köllensperger das Thema in den Landtag bringen – unter dem Motto “zuerst das Wohl der Stadt und dann die Privatinteressen” und “gerade um zu vermeiden, dass eine Entscheidung derartiger Tragweite ohne seriöse und vertiefte Untersuchung über die Gesamtfolgen und Auswirkungen getroffen werden kann”.