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Politik | Die Lega und Strache

Italiener zuerst?

Natürlich. Aber erst nach den Russen.

Italiener zuerst. Natürlich. Aber erst nach den Russen.

Im vergangenen Mai, mit dem Sturz des unbestrittenen Anführers der österreichischen extremen Rechten, zitterten die Populisten halb Europas.

Heinz-Christian Strache hatte die Position des stellvertretenden Kanzlers in der gefürchtetsten Exekutive im Herzen Mitteleuropas inne und wegen eines Videos, das von zwei deutschen Zeitungen veröffentlicht wurde, war er zum Rücktritt gezwungen worden: In diesem Video wollte er die Republik Österreich an einen russischen Oligarchen verkaufen und es wurden Pläne geschmiedet, einer der meistgelesenen Zeitungen Österreichs einen Maulkorb zu verpassen. Kurzfristig hatte das Video keine Folgen; das lange Filmmaterial, das im Vorfeld der Europawahl veröffentlicht wurde, hatte keinen Einfluss auf das Ergebnis: Die Österreicher stimmten weiterhin für die Freiheitlichen und viele Stimmen erhoben sich zur Verteidigung des guten alten Strache. "Er war betrunken", "es handelt sich um eine von der Opposition angezettelte Verschwörung", "Strache ist im Unrecht, aber die Freiheitlichen haben weiterhin Recht": Dies sind einige der Argumente, die zur Verteidigung des trotzdem in Ungnade gefallenen Politikers ins Feld geführt wurden.

Auch wenn der Rücktritt Straches nicht sofort zu einem Einbruch des Zuspruches für die FPÖ führte, ließ die sogenannte Ibiza-Affäre (das Video wurde auf Ibiza gedreht) die Extremisten halb Europas schlaflose Nächte verbringen. Auch wenn die Freiheitlichen nach dem Skandal nur 2,2% der Stimmen verloren haben (besser gesagt null), bedeutet das nicht, dass die Wählerschaft mit der Zeit nicht die Augen öffnen wird. 

In Europa sind die demokratischen Systeme durch Parteien wie die Freiheitlichen in Österreich oder die Lega in Italien bedroht. Sie greifen die Demokratie nicht von außen an, "frontal", wie es die subversiven Parteien der ersten Nachkriegszeit taten. Populistische Parteien infizieren den demokratischen Körper von innen heraus. Sie versprechen den Menschen "wahre" Demokratie, aber in Wirklichkeit zielen sie nur auf ihre eigene persönliche Macht ab. Täglich erfinden sie externe Feinde (Europa) oder interne Feinde (Immigranten), um die Wähler zur Zustimmung zu verleiten und so ihre eigene persönliche Macht zu steigern. Sie johlen den Slogan "Italiener zuerst", aber im Endeffekt verschlechtern sie die wirtschaftlichen Bedingungen von uns allen und die Position Italiens in Europa (was leider einen sehr hohen Preis mit sich bringt).

Mit anderen Worten: Indem diese neuen Politiker den Italienern die Garantie von Sicherheit und Wohlstand vortäuschen, fressen sie alles auf; und wenn sie das bisschen Torte, das uns geblieben ist, verschlungen haben, dann werden sie bereit sein, sogar ihre Wähler aufzufressen. Genau wie Kannibalen. Die Versprechen, die Strache der Enkelin des russischen Oligarchen (eigentlich eine Journalistin) gegeben hatte, sind nichts anderes: "Ich garantiere dir die Aufträge, du finanzierst meine Partei". Auf Kosten der österreichischen Unternehmer.

Wenige Tage nach dem Ausbruch der Ibiza-Affäre wurde Strache in Italien erwartet. Um was zu tun? Man braucht gar nicht zu Fragen: Er wurde erwartet, um bei einer der vielen Kundgebungen von Matteo Salvini mitzuwirken.

Die extreme Rechte mag ihre Taktik verändert haben, aber trotzdem lässt die Katze das mausen nicht. Einst verachtete sie die Demokratie und sah Russland als den Feind par excellence. Heute ist es für sie lohnender Fahnenträger der Demokratie (oder besser gesagt einer degenerierten Idee dieser) zu sein und sich mit russischen Politikern und Oligarchen zu verbünden.

Salvini war schon immer pro-russisch. Für einen Despoten zu sympathisieren hat in Italien noch nie einen Skandal ausgelöst. Die Erinnerungen an Berlusconi, Arm in Arm mit dem bestialischen Gaddafi, sind noch frisch. Eine zu enge Freundschaft mit Putin, was ist das schon im Vergleich dazu?

In diesen Zusammenhang muss das am vergangenen 10. Juli von BuzzFeed veröffentlichte Audio eingebettet werden. Im Audio sagte ein Parteigänger von Salvini, Gianluca Savoini, dass er die Beziehungen zwischen Russland und den europäischen Souveränisten, insbesondere der Lega und der Freiheitlichen (aha...!), zusätzlich stärken will. Dieses Bestreben, aus dem Blickwinkel der Ibiza-Affäre betrachtet, spricht bereits Bände. Aber wartet auf die Fortsetzung: Savoini schlägt eine Vereinbarung vor, um die Kassen der Lega mit 65 Millionen Euro mittels der Gewinnspanne durch den Verkauf von russischem Öl an Eni wieder aufzufüllen. Dies stellt eine hypothetische Straftat (internationale Korruption) dar. Es gibt viele Ähnlichkeiten mit dem österreichischen Fall, aber es gibt auch einen Unterschied: Strache verhandelte betrunken mit einer ermittelnden Journalistin, die sich als Enkelin des russischen Oligarchen ausgab; Savoini verhandelte mit Vermittlern von Putin, echten Vermittlern.

Heute haben Salvini und seine Anhänger Savoini abgesetzt. Sie kennen ihn praktisch gar nicht. Sie sagen, er sei ein Angeber. Einer, der keine Beziehungen zum großen Chef hat. Einer, der selbstständig gehandelt hat. Außerdem war er nicht erfolgreich, da die Verhandlungen fehlgeschlagen waren (wie die von Strache, der mit einer Schauspielerin verhandelt hatte…). Diese Sprüche werden von den großen Politikern der Lega, von den kleinen und sogar von den winzigen Politikern wiederholt. Aber das überdeckt nicht die Tatsache, dass Savoini gemeinsam mit Matteo Salvini in Moskau war und dass seine führende Position umfassend dokumentiert ist. Neue Schatten fallen auf die Verbindung zwischen der Lega – heute in der italienischen Regierung - und Russland. Nach dem Fall Straches sagten einige, dass dies für die Souveränisten den Anfang vom Ende bedeuten könnte.

Wird sich dies bewahrheiten?